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Der siebente Sohn

Der siebente Sohn

Titel: Der siebente Sohn
Autoren: Orson Scott Card
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Schwierigkeiten, den Wagen gegen die inzwischen sehr viel schwächere Strömung herauszuziehen. Als der Wagen auf dem Weg stand, brach sogar die Sonne wieder hervor.
    »Sieh mal an«, sagte der Hufschmied. »Wenn euch das Wetter hier jemals nicht gefallen sollte, vollführt ihr einfach einen Zauber, dann ändert es sich natürlich.«
    »Diesmal nicht«, sagte Alvin. »Dieser Sturm hat eigens auf uns gewartet.«
    Der Hufschmied legte den Arm um Alvins Schulter und sprach beinahe sanft mit ihm. »Das soll keine Beleidigung sein, Mister, nur verrücktes Gerede.«
    Alvin schüttelte ihn ab. »Dieser Sturm und dieser Fluß wollten uns haben.«
    »Papa«, sagte David, »du bist müde und traurig. Das beste ist, wenn du ruhig bleibst, bis wir zum Gasthaus gekommen sind und nach Mama gesehen haben.«
    »Mein Kind ist ein Junge«, erwiderte Papa. »Ihr werdet schon sehen. Es wäre der siebente Sohn eines siebenten Sohns geworden.«
    Das erregte sofort die Aufmerksamkeit des Hufschmieds und der anderen Männer. Jeder wußte, daß ein siebenter Sohn bestimmte Fähigkeiten besaß, aber der siebente Sohn eines siebenten Sohnes war so ziemlich die außergewöhnlichste Geburt, die es geben konnte.
    »Das macht natürlich einen Unterschied«, meinte der Hufschmied. »Sicherlich wäre er als Rutengänger geboren worden, und so etwas haßt das Wasser.«
    Die anderen nickten wissend.
    »Das Wasser hat seinen Willen bekommen«, sagte Alvin. »Hat seinen Willen bekommen und alles zunichte gemacht. Wenn es gekonnt hätte, hätte es Faith und das Kind getötet. Aber da es das nicht konnte, nun, so hat es eben meinen jungen Vigor umgebracht. Und jetzt, wenn das Kind kommt, wird er der sechste Sohn sein, denn nun habe ich nur noch fünf, die am Leben sind.«
    »Manche meinen, daß es keinen Unterschied macht, ob die ersten sechs noch am Leben sind oder nicht«, warf ein Farmer ein.
    Alvin erwiderte nichts, doch er wußte sehr wohl, daß es einen Unterschied machte. Er hatte geglaubt, daß dieser Säugling ein Wunderkind werden würde, doch das hatte der Fluß schon vereitelt. Wenn das Wasser jemanden nicht auf die eine Weise aufhalten konnte, tat es dies eben auf eine andere. Er hätte nicht auf ein Wunderkind hoffen dürfen. Der Preis war zu hoch. Alles, was er vor seinen Augen noch sah, den ganzen Weg zum Gasthof hinüber, war Vigor, der verfangen im Geäst durch den Strom trieb wie ein Blatt, das von einer Windhose gepackt worden war, mit Blut, das aus seinem Mund hervorsickerte, um den mörderischen Durst des Hatrack zu stillen.

5. Nachgeburt

    Kleinpeggy stand am Fenster und sah hinaus ins Gewitter. Sie konnte alle diese Herzensfeuer sehen, besonders eines, das beinahe so hell war wie die Sonne. Doch um die vielen Feuer herum war Schwärze, nein, nicht richtige Schwärze, sondern ein Nichts, wie ein Teil des Universums, den Gott nicht zu Ende erschaffen hatte, und dieses Nichts umschwirrte die Lichter, als wollte es sie voneinander fortreißen, sie davonwehen und sie verschlingen. Kleinpeggy wußte, was das für ein Nichts war. Wenn ihre Augen die heißen, gelben Herzensfeuer erblickten, sahen sie noch drei weitere Farben: das üppige Dunkelorange der Erde, die dünne Graufarbe der Luft und die tiefschwarze Leere des Wassers. Es war das Wasser, das an ihnen riß; der Fluß, nur daß sie ihn noch nie so schwarz erblickt hatte, so stark, so entsetzlich. Die Herzensfeuer wirkten so winzig in der Nacht.
    »Was siehst du, Kind?« fragte Altpapi.
    »Der Fluß wird sie davonschwemmen«, sagte Kleinpeggy.
    »Ich hoffe nicht.«
    Kleinpeggy begann zu weinen.
    »Ach, Kind«, sagte Altpapi. »Es ist nicht immer so gut, so weit sehen zu können, nicht wahr?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Aber vielleicht kommt es doch nicht so schlimm, wie du glaubst.«
    In diesem Augenblick sah sie, wie eines der Herzensfeuer sich von den anderen löste und in die Dunkelheit hinaustrudelte. »Oh!« rief sie und griff mit der Hand danach, als könnte sie das Licht packen und zurückhalten. Doch das konnte sie natürlich nicht.
    »Sind sie verloren?« fragte Altpapi.
    »Eins«, flüsterte Kleinpeggy.
    »Sind Makepeace und die anderen noch nicht dort?«
    »Gerade eben gekommen«, sagte sie. »Das Seil hat gehalten. Jetzt sind sie in Sicherheit.«
    Altpapi fragte sie nicht, woher sie das wußte oder was sie sah. Er klopfte ihr nur auf die Schulter. »Weil du es ihnen gesagt hast. Vergiß das nicht, Margaret. Einer ist verlorengegangen, aber wenn du es nicht gesehen
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