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Der Seuche entstiegen: Wie schwarz und wie tot war der Schwarze Tod? (German Edition)

Der Seuche entstiegen: Wie schwarz und wie tot war der Schwarze Tod? (German Edition)

Titel: Der Seuche entstiegen: Wie schwarz und wie tot war der Schwarze Tod? (German Edition)
Autoren: Karl Heinz Wesemann
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festgenommen und gekerkert.
Gerade erst war er von einem dritten Streifzug über die Dörfer zurückgekehrt. Etwas, zu dem ich ihn gedrängt hatte, entgegen des Usus nur an zwei aufeinander folgenden Tagen auszureiten, um genug Kraft und Aufmerksamkeit zu besitzen, um gegen die Wandelnden zu bestehen.
Er wurde verletzt bei diesem letzten Ausritt, aber er verschwieg es mir und uns allen.
Aus welchem Grunde war mir nicht klar, und ist es auch heute noch nicht.
    Kuntz war seit der Nacht in bester Laune, und ich hätte ihm die Zähne aus dem Gesicht prügeln mögen dafür, aber ich war gebunden durch mein Kreuz und mein Gelübde.
Nie zuvor verspürte ich solch einen Hass gegen einen unseres Standes wie ihn. Und auch nie wieder.
Er erfreute sich am Leiden unseres Führers und Retters.
    Ich besuchte Leon in seiner Zelle unter dem Wohnturm, in der er schon zwei Tage vor sich hin darben musste.
Sein Gesicht war fahl, was nicht nur am schlechten Licht darin lag.
Er sah krank aus, und er war es auch. Ich wusste es.
Als ich ihn sah, wusste ich es.
Ich war es, der ihn krank gemacht hatte. Auch das wusste ich. Und es trieb mich fast in den Wahnsinn.
    ‚Leon, der Freiherr will dich sehen.‘, sprach ich ihn an.
‚Wie es scheint, soll ein Urteil gefällt werden über dich und auch Jacobus – der Herr sei seiner Seele gnädig.‘
    ‚Wie er es wünscht. Er bekommt doch immer seinen Willen. Alle, bekommen ihn, die so hoch geboren sind, wie er.
Jacobus auch? Nun, den wird es kaum mehr stören, da wo er nun ist.
Du siehst mich schwach. Mir soll es gleich sein, was er urteilt.
Das Fieber frisst mich auf und das einzige, was ich fürchte ist, dass ich wiederkehre und zu einem dieser Monster werde, die ich zu so vielen erschlug.
    Vater, du versprichst es mir, nicht wahr? Bei meiner Mutter!‘
    Er sah den entsetzten Blick in meinem Gesicht und schloss das Richtige daraus.
    ‚Ich weiß, wie sehr du sie mochtest. Und sie auch dich, Pfaff von hinter den Bergen.‘
    Seine Augen waren rot vor Hitze, und er zitterte am ganzen Körper.
Ich kannte diese Zeichen nur zu gut, und das was mit ihm passieren würde, stimmte mich nicht besser gelaunt, als ich ohnehin schon war.
Wenn das Urteil seines Herrn vermutlich auch streng ausfallen würde, so war das, was in ihm loderte damit nicht zu vergleichen.
Ich habe zu viele sterben sehen. An Wundbrand, Fäulnis oder Ignis Sacer 68 . Aber die, die an den Bissen der Wiederkehrer starben, verreckten elendiglich. Schlimmer noch als solche, die am Antoniusfeuer litten.
    ‚Du bist verletzt worden, mein Sohn, nicht wahr?‘
    ‚Ja, Vater. Aber du, versprich es mir. Sorge dafür, dass ich nicht zurückkehre und irgendwem ein Leid zufüge. Versprich es mir, bei deiner unsterblichen Seele.‘
    Ich konnte diese so fordernd und flehend, aber dennoch bestimmt vorgebrachte Bitte nicht abschlagen.
Natürlich nicht.
Nicht, nach all dem, was wir erlebt hatten.
Und so nickte ich ihm zu, und erleichterte sein Gewissen.
    Die Beichte, die ich ihm anbot, lehnte er jedoch ab.
Seine Meine verfinsterte sich, als ich ihn danach fragte, und er warf mir entgegen, dass ich ihm gestohlen bleiben könne, mit meinem Gott.
In mir nagten wieder diese Zweifel. Solche die zwischenzeitlich längst Gewissheit geworden waren wurden ersetzt durch andere, die sich mehr auf den Grundsatz meines Glaubens stürzten.
Zu tief saßen die Erlebnisse in der Heide vor Wanda. Zu tief das Gesehene in Eschmar und auf der Reise nach Truhtesdorf.
Ich hatte zu viele Menschen sterben sehen, die zerrissen wurden von den Zähnen und Händen der Wiederkehrer.
Ich hatte zu oft sehen müssen, wie gekratzte oder gebissene Menschen sterben mussten, nur um dann wieder aufzuerstehen.
Ich hatte zu oft darüber nachdenken müssen, ob dies das gepriesene Paradies sein würde, was wir lehrten und gelehrt bekamen. Gerade in der Zeit, in der ich durch die Krankheit niederlag.
Und auch diese Zweifel wurden im Angesicht des sterbenden Mannes zur Gewissheit.
    Gott musste uns aufgegeben haben.
Wenn er uns die Seuche aus dem Morgenlande sandte, so mochte das wohl eine Strafe sein für unser frevelhaftes Dasein. Für unser sündiges Leben oder Verfehlungen welcher Art auch immer.
Welche Sünden kleine Kinder oder gar Säuglinge begangen haben mochten, die dahingerafft wurden, hat sich mir nie erschlossen, aber sei es darum. Gott mag auch mit uns spielen bisweilen.
Aber diese, der Seuche entstiegenen Wesen, die sich nach nichts mehr sehnten, als dem Fleisch der Lebenden?
Die uns
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