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Der Seuche entstiegen: Wie schwarz und wie tot war der Schwarze Tod? (German Edition)

Der Seuche entstiegen: Wie schwarz und wie tot war der Schwarze Tod? (German Edition)

Titel: Der Seuche entstiegen: Wie schwarz und wie tot war der Schwarze Tod? (German Edition)
Autoren: Karl Heinz Wesemann
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Augen eines Wiederkehrers.
Er stöhnte leise, als ich ihm den ewigen Frieden schenkte.
    Der Gnadengeber 69 durchstieß sein Gehirn, und er sankt leblos in meine Arme zurück.
    Tränen rannen über mein Gesicht.
    Tränen der Scham und Tränen der Trauer.
    Tränen des Leids und Verlustes.
    Tränen eines Vaters, der sein Kind zu Grabe würde tragen müssen.“
    Ellie senkte den Blick voller Erkenntnis und nahm das letzte Blatt in ihre Hände.
Das Pergament war nicht mehr gänzlich beschrieben und die Schrift war zittrig.
    Nicht so kontrolliert und genau wie auf all den vielen Seiten zuvor.
    Und es war nicht mehr auf Latein geschrieben, sondern in alter deutscher Sprache, dem Mittelhochdeutschen.
    Der Sprache des Volkes.
    Eine Schrift, in der man so niederschrieb, wie man es sprach.
    Einfach und direkt. Und so wie es Ellie erschein war es ihm ein Bedürfnis, genau so zu schreiben in seinen letzten Stunden oder Tagen.
Einfach und direkt.
    „Leon wurde dem Feuer übergeben, wie so viele, die die Krankheit in sich trugen und starben.
Überall in den Dörfern und Weilern, Städten und Rotten brannten die Scheiterhaufen.
Die Menschen gruben die Toten wieder aus dem Boden und warfen sie in die reinigenden Flammen.
Das war eines der Vermächtnisse meines Sohnes.
Dass wir die Leichen, die an dieser Krankheit starben, nicht mehr in heiligem Grund vergruben, sondern als Rauch gen Himmel schickten.
So auch ihn.
    Heinrich von Revelen verfügte, dass meines Sohnes Name nicht mehr gesprochen oder gar geschrieben werden dürfe.
Sein Name wurde getilgt aus dem Gedächtnis der Menschen in Wanda, Zudendorp und all den Dörfern umher.
Getilgt aus den Schriften, die in priesen als Retter und als Geschenk Gottes gegen die Wesen, die der Seuche entstiegen waren.
    Aber nicht aus meinem Gedächtnis. Und nun, da Heinrich von Revelen verschieden ist, und ich mich nicht mehr an mein Wort gebunden fühlen muss, Stillschweigen zu bewahren, ist es meine väterliche Pflicht, das Andenken an Leonhardt am Leben zu erhalten.
    Die Tochter von Revelens Schwester, meine Base Katterein, wurde vermählt und gebar drei gesunde Kinder, von denen nicht eines erkrankte an der Seuche.
Und auch das älteste sah meinem Sohn nicht ähnlich.“
    Die letzten Zeilen, die Elvira las sahen anders aus.
Fast edel im Schwung waren die Buchstaben der Schrift, die nun wieder lateinisch war.
Sorgfältig, als wenn Amadeus sich ein letztes Mal konzentriert hätte.
    „Ich bin einer derer von Zudendorp.
Gotthilf II. von Zudendorp. Geboren anno MCCCI als vierter Sohn des Gerhard van Zudendorp genannt Fischenich und seiner Gemahlin Brida.
Bruder Amadeus von Blaubach seit dem Jahre des Herrn MCCCXXII.
Vater des Leonhardt aus Zudendorp, der Geißel der Pestilenz.
Ich bin des Schweigens überdrüssig und des Lebens müde.
Ich überlasse es dem Finder, dieser meiner letzten Worte, was zu tun er für richtig empfindet.
Aber solange die Sonne um unsere Mutter Erde kreist, will ich auch aus dem Jenseits über die Ehre meines Sohnes wachen.
Er war kein Ketzer, der die Glaubensgrundsätze unserer Kirche anfocht!
Ein Häretiker sehr wohl, denn was er sah, was wir alle sahen, war etwas, was wir nicht erklären konnten mit der heiligen Schrift. Niemand konnte dies.
Er sprach es laut aus, was im zum Fehler gereichte und er musste der Ehre einer Frau folgend sterben, die er niemals berührt hatte.
Er war fehl am Platze, vielleicht auch fehl in unserer rechtschaffenen Zeit, die Recht schafft in dem sie Recht behauptet.
Aber er war und ist mein Sohn.
    Ich ende nun das Schreiben. Meine Hände sind nicht mehr willens, mir zu gehorchen und ich spüre, dass mein Ende naht.
    Lebe wohl mein geliebtes Zudendorp.
    Lebe wohl mein Rheinland.
    Adieu Welt!“
    Entsetzt blickte die Archäologin auf, und starrte den Leichnam an.
Deshalb hatte er all das verfasst.
Weil er das Ansehen und die Macht eines Lehensherren in Frage gestellt hatte.
Und es wurden ihm Ketzerei, sowie das Anfassen einer Freiherrentochter vorgeworfen.
Etwas so simples, wurde ihm zum Verhängnis.
Obwohl er ohnehin gestorben wäre, da er, wie Amadeus schrieb, verletzt wurde.
Aber so wäre sein Andenken bewahrt worden, und nicht getilgt, aus den Schriften der Zeit.
Und es konnte nicht wahr sein, was nicht wahr sein durfte. Das war Elvira auch klar. Deswegen wurden wohl die Wiederkehrer gleich mit aus den Annalen geschrieben.
Er wollte ihm danken dafür, dass er so vielen Menschen das Leben gerettet hatte.
Inklusive derer, die ihn letztlich in
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