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Der Sergeant

Der Sergeant

Titel: Der Sergeant
Autoren: G.F. Unger
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    Ich war tatsächlich eingeschlafen. Doch zuvor hatte mir Caroline mit einem nassen Fetzen ihrer einstigen Bluse die angeschwollene Seite meines Kopfes gekühlt.
    Als ich erwachte, war die Hitze des Tages vorüber. Mein Kopf benahm sich jetzt recht manierlich. Gewiss, ich spürte noch Schmerzen, doch die waren nichts im Vergleich zu jenen, die ich noch Stunden zuvor hatte ertragen müssen.
    Als ich den Kopf drehte, sah ich Caroline neben mir liegen. Sie schlief noch.
    Colorado Juan stand einen Schritt von unseren Füßen entfernt und betrachtete uns gewiss schon eine Weile. Dies allein hatte mein Unterbewusstsein in Tätigkeit treten lassen und mich geweckt.
    Ich setzte mich langsam auf.
    Einen Moment lang wurden die Kopfschmerzen schlimmer, aber schon nach einigen Atemzügen verringerten sie sich wieder.
    »Reiten wir«, sagte Colorado Juan. Und dann deutete er auf Caroline. »Was ist an ihr so kostbar, dass du uns dafür das Gold geben und Hunderte von anderen Weißen damit zum Tode verurteilen willst?«
    »Wenn du das jetzt nicht weißt«, erwiderte ich, »würde ich es dir auch mit vielen Worten nicht begreiflich machen können.«
    Er nickte.
    »Liebe«, sagte er. »Auch wir Apachen lieben unsere Frauen, unsere Kinder, unsere Mütter und Väter. Auch wir wissen, was Liebe ist. Und dennoch würden wir die eigene Liebe unserem Volk opfern. Du bist ein harter Mann, Sergeant. Du fürchtest dich nicht vor dem Tod. Also tust du alles ihr zuliebe. Na schön, wecke sie. Denn wir reiten.«
    Er ging.
    Und ich weckte Caroline. Sie schlief fest und tief. Es war fast wie eine Bewusstlosigkeit.
    Aber als sie die Augen aufschlug und mich erkannte, da sah ich in ihren Augen, wie ihre Freude, mich zu sehen, sich in Angst und Sorge verwandelte. Denn erst beim zweiten Atemzug kam ihr die Erinnerung, und sie begriff wieder, in welcher Klemme wir uns befanden.
    »Wir müssen reiten, mein Engel«, sagte ich.
    Sie nickte stumm und erhob sich sofort. Die Apachen brachten uns die Pferde. Wir saßen auf und reihten uns ein.
    Vor uns ritt Colorado Juan. Wir ritten auf unserer eigenen Fährte zurück. Das war eigentlich unvorsichtig. Apachen reiten nie auf ihren eigenen Fährten zurück. Aber vielleicht fühlte sich Colorado Juan sehr sicher. Vielleicht hatte er auf seiner Fährte Krieger zurückgelassen. Und vielleicht wollte er auf dem kürzesten Weg zum Gold.
     
    * * *
     
    Noch bevor es Nacht wurde, kamen wir an jener Stelle vorbei, bei der wir gestern auf einem der elefantengroßen Felsen den armen Ken Buchanan zurückgelassen hatten.
    Wir hielten nur so lange an, um unsere Tiere saufen zu lassen, auch selbst zu trinken und die Wasserflaschen zu füllen.
    Ich sah mit keinem Blick auf den Felsen, auf dem Ken Buchanan immer noch liegen musste.
    Doch vielleicht hatten sie ihn auf dem Herritt schon gefunden und getötet. Doch das glaubte ich nach einer Weile nicht mehr. Colorado Juan hätte es mir gewiss voll Triumph erzählt.
    Und da Ken Buchanan gewiss nicht von allein dort weggekommen sein konnte, war er noch oben.
    Hoffentlich verriet er sich nicht.
    Ich gönnte ihm ein langes Leben. Hoffentlich kam er durch. Er konnte uns gewiss nicht helfen und wir ihm ebenso gewiss nicht.
    Irgendwie war es ein Abschiednehmen voneinander. Ich spürte richtig, wie sich seine Gedanken und Wünsche mit uns beschäftigten. Ich sah ihn vor meinen geschlossenen Augen im Geiste, wie er sich dort oben auf den Felsen presste, sich nicht rührte, kaum zu atmen wagte und darauf wartete, dass die Apachen mit uns wieder abziehen würden.
    Überdies hatte Colorado Juan einen Fehler gemacht. Irgendwie hatte er sich verzählt. Oder er hatte Jed Slaters Grab für ein Doppelgrab gehalten. Denn sonst hätte er sich fragen müssen, wo Ken Buchanan geblieben war.
    Seit unserem Ausbruch aus San Xavier City war er wohl nicht mehr über unsere Kopfzahl richtig informiert.
    Und das war Ken Buchanans Glück. Sonst hätten die Apachen nach ihm geforscht.
    Erst als wir fortritten und schon fast hundert Schritte entfernt waren, da wandte ich mich zurück.
    Die Sonne sank im Westen. Sie war schon fast hinter den Bergen verschwunden. Der Himmel verfärbte sich bereits.
    Ich sah auf den Felsen zurück. Dort musste Ken Buchanan liegen, dort zwischen den Büschen und dem Gestrüpp, das auf dem Felsen wuchs.
    Nur ich sah nach Westen. Die Apachen blickten nach Osten der nahenden Dämmerung entgegen.
    Und da sah ich Ken Buchanans Arm einen Moment winken, nur eine kurze
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