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Der Sergeant

Der Sergeant

Titel: Der Sergeant
Autoren: G.F. Unger
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auch entlassen. Wenn Sie etwas Glück haben, sind Sie in vierzehn Tagen dort.«
    Sein Lächeln war hart und seine Stimme pulvertrocken.
    Ich sah ihn an und wusste, dass ich jetzt noch zum Schluss in dieser verdammten Armee den verdammtesten Job bekommen hatte.
    »Mit drei Mann und einem Fahrer, Sir…«, begann ich.
    »Sie schaffen das schon«, unterbrach er mich. »Ich kann und werde hier wegen dieser Gefangenen nicht einen einzigen Mann mehr mitgeben. Ich müsste hundertzwanzig Mann hier haben. Das ist von der Armee ausgerechnet und festgelegt worden. Aber ich habe jetzt noch siebenundfünfzig einsatzfähige Reiter. Soll ich Ihnen einen längeren Vortrag halten, Sergeant, warum es mir egal ist, ob Sie mit einer Fuhre voll Schuften heil ankommen oder nicht?«
    Ich sah ihn an und verstand ihn gut. Er brauchte hier wahrhaftig jeden Mann, um seinen Auftrag zu erfüllen.
    Ihm war es wahrhaftig gleichgültig, ob wir durchkamen oder nicht.
    Auch ich, der nicht mehr bei der Armee sein wollte, war ihm gleichgültig geworden. Er konnte nicht mehr auf mich zählen. Also schob er mich ab mit allem Ballast.
    Ich salutierte.
    »Ja, Sir«, sagte ich, wie ich es gelernt hatte.
    Ich hätte ihm gern sein Gesicht mit meiner Faust poliert.
    Aber er war mein Captain.
    Ich ging.
     
    * * *
     
    Am nächsten Morgen sah ich zu, wie man die Gefangenen aus dem Steinbau brachte und im Arrestwagen an die Eisenstange schloss. Es war ein einfacher Bagagewagen der Armee, in dem man eine durchgehende, zollstarke Eisenstange befestigt hatte.
    Die sechs Gefangenen wurden mit den Handschellen angekettet. Rechts und links.
    Ich kannte sie genau, nicht nur ihre Namen. Irgendwann und irgendwo war ich schon in den vergangenen Jahren mit ihnen bei der Armee zusammen gewesen oder hatte zumindest von ihnen gehört.
    Das da waren keine kleinen Sünder, die man mit ein paar Tagen oder Wochen Arrest bestrafen würde.
    Auf diese Pferdesoldaten wartete der Henker.
    Die Armee kannte keine Gnade. Sie war hart zu Deserteuren, Verrätern, Mördern, Renegaten. Denn in diesem Land herrschte das Kriegsrecht.
    Diese sechs Gefangenen waren in den letzten Monaten und Wochen von unseren und den Patrouillen der anderen Grenzcamps aufgebracht worden. Man hatte sie dann unseren Patrouillen übergeben.
    Und nun wollte der Captain diesen Haufen loswerden.
    Sie kamen aus dem Arresthaus und sahen mich. Sie schielten mich aus schmalen Augen an.
    Oh, sie kannten mich alle!
    Wer kannte Master Sergeant Jim Cane nicht bei der Armee in diesem Land? Sie wussten, wie hart ich war.
    Als sie im Wagen saßen, sah ich noch einmal meine Männer an, die mich begleiten würden.
    Alle waren Soldaten, die jetzt kurz vor der Entlassung standen wie ich. Corporal Will Banner war rothaarig und bullig. Early Skynner war als Sanitäter ausgebildet. Und Pinky Perrit war ein stets blass und müde wirkender Frosch, der es schon zweimal bis zum Corporal gebracht hatte, doch stets wieder degradiert werden musste.
    Der Fahrer Ken Buchanan war Zivilist. Doch da er bei der Armee dienstverpflichtet war wie zum Beispiel auch ein Zivilscout, stand er gleichfalls unter Befehl und Kriegsrecht.
    Ken Buchanan hatte einen schottischen Vater gehabt, aber seine Mom war gewiss eine Asiatin gewesen.
    Ich kannte keinen Mann in diesem Land, der mit Armee-Maultieren so gut umgehen und damit durch die Arizona-Wüste und die Berge fahren konnte wie Ken Buchanan. Und die verborgenen Wasserstellen, die sonst nur einigen Scouts und den Apachen bekannt waren, kannte er auch.
    Er sah mich schrägäugig an. Und ich nickte ihm nur zu, ließ aufsitzen und stieg selbst auf meinen narbigen Braunen.
    Dann meldete ich mich beim Captain ab. Die Patrouillentasche mit dem dazugehörigen Papier- und Formularkram hatte ich schon vorher bekommen.
    Der Captain nickte mir zu, trat dann näher und legte seine Hand auf die Nase meines Pferdes.
    »Sie hätten Offizier werden können, Sergeant Cane«, sagte er.
    Ich grinste nur und sagte: »Ich weiß, dass es auf dieser Erde immer wieder Dummköpfe geben muss, die für die Allgemeinheit die heißen Kartoffeln anfassen und sich die Finger verbrennen müssen. Aber selbst als Captain bliebe ich nicht länger in diesem Land bei dieser Armee – selbst als Captain nicht, Sir!«
    »Hauen Sie ab«, sagte er dann. Ich grüßte. Und das war mein Abschied von einem Offizier, für den ich mehr als nur die rechte Hand gewesen war.
    Ich ritt vor das Wagengespann und machte nur eine Handbewegung.
    Der Wagen
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