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Der Sensenmann

Der Sensenmann

Titel: Der Sensenmann
Autoren: Jason Dark
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denn was ich sah, das habe ich gesehen, und meüie Zeugin heißt Maria Much.«
    Eberle zuckte die Achseln. Er suchte nach Worten. »Ich bin kein Psychologe, doch ich habe Erfahrung mit älteren Menschen sammeln können. Himmel, ich werde in einem Jahr Sechzig und ich bin hier beinahe der Jüngste, vom Personal abgesehen, aber ich habe genug mit älteren Leuten zu tun, und ich höre mir auch immer an, was sie zu sagen haben. Da ist der Wahrheitsgehalt oft nicht hundert Prozent.«
    »Mit anderen Worten, Herr Eberle, Sie glauben mir nicht.« Er wiegte den Kopf.
    »Sie halten mich für eine alte, überzogene Spinnerin.«
    »Nein, das habe ich nicht…«
    »Aber gemeint, Herr Eberle. Ich sage Ihnen noch einmal, es hat diesen Sensenmann gegeben.«
    »Ja… ähm… wer sollte sich denn da verkleidet haben? Fasching ist vorbei.«
    »Es war keine Verkleidung. Der Mann oder die Gestalt war echt. Begreifen Sie das?«
    »Nur schwer«, murmelte er.
    »Sie müssen doch auch von den ungewöhnlichen Morden gehört haben, die in Bamberg geschehen sind. Zwei Menschen sind da ums Leben gekommen.«
    »Woher wissen Sie denn davon?«
    »So etwas spricht sich schnell herum.«
    »Ja, ich weiß, die Frauen haben auch sonst nichts anderes zu bereden. Da können Sie Ihre Vermutungen mal zur Seite lassen. Das hat doch nichts mit Ihrer Entdeckung zu tun.«
    Lady Sarah hob die Augenbrauen an. »Weiß man es? Warum wird ein so großes Geheimnis um die Toten gemacht?«
    »Das weiß ich auch nicht.«
    »Ich nehme an, daß sie auf einem sehr ungewöhnlichen Weg ins Jenseits befördert worden sind. Die örtliche Polizei kommt damit nicht zurecht. Zwei Tote kurz hintereinander, und das in einer Stadt wie Bamberg, das kann es nicht geben.«
    »Jedenfalls glaube ich nicht, daß die beiden Toten etwas mit Ihrem Sensenmann zu tun haben, den Sie gesehen haben wollen.«
    »Ich habe ihn gesehen!«
    »Dann müßte er noch da sein.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Ha, warum nicht?«
    Lady Sarah hob den rechten Zeigefinger und wirkte wie eine pensionierte Lehrerin. »Erinnern Sie sich, was ich Ihnen gesagt habe, Herr Eberle? Ich sprach davon, daß er in diesem Haus hier verschwunden ist. So kam es mir jedenfalls vor. Er tauchte in den Schatten des Eingangs ein, und ich denke mir, daß er die Tür geöffnet hat, die ja nicht abgeschlossen war.«
    »Ich habe keinen gesehen!« widersprach Eberle, dessen Stimme die Verbindlichkeit verloren hatte. Der Ärger war ihm jetzt auch anzusehen.
    »Sie saßen auch in Ihrem Büro.«
    Bobby Eberle holte tief Luft. Er sah aus, als wollte er mit einer Hand sein sorgfältig gescheiteltes Haar zerraufen, doch er überlegte es sich und strich mit der Handfläche nur über die größere Scheitelseite hinweg. Dann hüstelte er und sagte: »Gut, Frau Goldwyn. Sie sind hier eine Besucherin. Ich kommen aus London. Sie wollen etwas gesehen haben, das ich nicht akzeptieren kann. Meiner Ansicht nach sollte ich die Dinge zurechtrücken, und ich will Sie dabei auch nicht brüskieren. Deshalb werde ich mich jetzt erheben, zum Fenster gehen, in den Hof schauen und Ihnen dann sagen, was ich sehe. Sollte ich diesen, na ja, Sensenmann entdecken, dann ist alles in Ordnung.«
    »Er wird nicht mehr da sein.«
    Eberle stand auf. »Wo ist er dann?«
    »Hier im Haus.«
    Der Heimleiter schaute Sarah an, als wäre er bereit, sie auf der Stelle in eine psychiatrische Klinik einweisen zu lassen. Er sagte aber nichts, stand von seinem Schreibtischstuhl auf und ging auf das Fenster des Büros zu, ohne Lady Sarah noch mit einem einzigen Blick zu würdigen.
    Sie drehte den Kopf und schaute ihm nach. Vor dem Fenster blieb Bobby Eberle stehen. Er öffnete es sogar, um eine bessere Sicht zu haben. Sarah erwartete in den nächsten Sekunden seinen abwertenden Kommentar und wunderte sich darüber, daß der Heimleiter kein einziges Wort verlor. Er blieb auf der Stelle stehen und hatte sich sogar noch nach draußen gebeugt, um so einen besseren Überblick zu bekommen.
    Sarah Goldwyn erhob sich ebenfalls. Sie wollte wieder zurück zu Maria Much gehen, es hatte keinen Sinn, mit Eberle zu reden. Es kam anders, denn der Heimleiter sah aus, als hätte er tatsächlich ein Gespenst gesehen oder seine tote Schwiegermutter, die ihm mit einer Pfanne als Schlagwaffe in der Hand plötzlich erschienen war, um ihn zu ermahnen, daß er ihre Tochter anständig behandeln sollte.
    »Stimmt etwas nicht, Herr Eberle?«
    »Ähm… nun ja – ich…«
    »Was denn nun?«
    Er grinste und
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