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Der Sensenmann

Der Sensenmann

Titel: Der Sensenmann
Autoren: Jason Dark
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werden.
    »Sarah?« fragte sie mit leiser Stimme, in der die Spannung bebte.
    Sie bekam keine Antwort.
    Dafür wurde die Tür geschlossen, was deutlicher zu hören war als das Öffnen. Es fiel ihr wie Schuppen von den Augen. Das ist nicht Sarah, dachte Maria. Nein, das kann sie nicht sein. Sie hätte sich anders bewegt und auch längst gesprochen.
    Ein schrecklicher Verdacht keimte in ihr hoch. Sie wollte aufstehen und hatte schon die Hände auf die Lehnen gestemmt. Es war ihr nicht möglich, über die Schulter zu schauen, weil die Lehne hinter ihr einfach zu hoch war.
    Dann nahm sie den Geruch wahr…
    Maria kannte ihn. Sie hatte ihn am Fenster stehend wahrgenommen, und er war vom Sensenmann ausgeströmt. Nun nahm sie ihn im Zimmer wahr. Da gab es nur eine Erklärung.
    Sie wollte hoch, sie wollte schreien, und sie wollte eigentlich so vieles, doch das ließ der andere nicht zu. Sie sah ihn nicht, aber von der rechten Seite her näherte sich ein Schatten, der sich einen Moment später an ihrer Kehle festsetzte. Sie spürte das glatte Metall der Sense und die frostige Kälte, die davon ausging.
    Starr blieb Maria Much sitzen…
    Dann hörte sie das Geräusch. Es war ein leises lachen oder so etwas Ähnliches in dieser Richtung. Es wehte in ihre Ohren hinein wie eine böse Drohung, während die Klinge der Sense weiterhin ihren Hals berührte.
    Die Haut dort war schlaffer als bei einer jüngeren Person. Den Schnitt hatte sie kaum mitbekommen, aber sie spürte, daß ein warmer Tropfen an ihrem Hals entlang rann.
    Ihr Blut…
    Hinter ihr schmatzte ein Mund. Dann das Kichern. Danach ein drohendes Grollen.
    Maria riß den Mund auf.
    Für einen Schrei war es zu spät. Der hinter ihr Stehende mußte es bemerkt haben. Entschlossen drückte er die scharfe Seite der Sense gegen den Hals der Frau.
    Maria Much starb im Sessel sitzend…
    ***
    Sarah Goldwyn hatte die Tür hinter sich geschlossen und den angebotenen Platz angenommen. Sie saß auf einem gepolsterten Stuhl, während Eberle seinen Platz hinter dem Schreibtisch nicht verlassen hatte. Er hielt die Hände gefaltet, hatte sie auf die Schreibtischplatte gelegt und schaute an seinem PC vorbei in das Gesicht der Horror-Oma.
    Sarah hatte noch nicht gesprochen und sich Bobby Eberle zunächst genauer angeschaut. Vor ihr saß ein Mann mit grauen, perfekt gescheitelten Haaren, der sie an einen gewissen Carrington aus der TV-Serie Denver Clan erinnerte. Graue Augen, schmale Lippen, die zu einem abwartenden Lächeln verzogen waren. Eberle trug ein helles Hemd und darüber eine dunkelblaue Strickjacke.
    »Besuch zu ungewöhnlicher Stunde«, sagte er. »Normalerweise erhöht sich mein Blutdruck, wenn ich um diese Zeit Besuch bekomme. Aber Sie sehen nicht aus, als wären sie krank oder hätten akute Gesundheitsprobleme. Außerdem sind sie eine Besucherin aus London. Die hatten wir noch nie bei uns.«
    »Ich fühle mich auch nicht krank, Herr Eberle, aber ein Problem habe ich trotzdem.«
    Der Mann breitete die Arme aus. Auch das Lächeln wurde breiter, und er fragte: »Womit kann ich Ihnen behilflich sein?«
    »Es geht um eine Entdeckung, die Frau Much und ich vor ungefähr einer Viertelstunde gemacht haben.«
    »Ich bin gespannt.«
    Bobby Eberle rechnete nicht mit dem Schlimmsten, doch seine Lockerheit verschwand plötzlich, als er hörte, was und wen die beiden Frauen auf dem Burghof gesehen hatten. Die Worte erregten ihn innerlich, und sein Gesicht rötete sich. Er wollte immer etwas sagen, aber Sarah ließ sich nicht unterbrechen. Erst als sie ihren Bericht beendet hatte, sagte sie: »So, jetzt sind Sie an der Reihe.«
    »Ich bin geschockt.«
    »Das kann ich mir denken.«
    Er winkte ab. »Nicht über das, was Sie wohl gesehen haben, sondern über ihren Bericht selbst. Sie… Sie… reden ja noch schneller als meine Frau.«
    »So etwas soll Vorkommen. Es gibt noch immer eine Steigerung.«
    »Ja, natürlich.«
    »Sie glauben mir nicht?«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Dann hätten Sie anders reagiert und wären zumindest leicht entsetzt gewesen.«
    »Da haben Sie recht.«
    »Sie waren es nicht.«
    Bobby Eberle ließ sich auf seinem Stuhl zurücksinken. »Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, meine Liebe, aber daran kann ich nicht glauben. Was Sie mir da beschrieben haben, kann es nicht geben, es sei denn, in einer Geschichte von E.T.A. Hoffmann. Wie Sie vielleicht wissen, hat er an leichten Wahnvorstellungen gelitten und…«
    »Ich bin kein Dichter. Ich habe mir nichts eingebildet,
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