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Der Seelenleser

Der Seelenleser

Titel: Der Seelenleser
Autoren: Harper Paul
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vom Pazifik im Westen bis hinüber nach Oakland im Osten. In dieser Gegend wohnten die reichsten und prominentesten Einwohner der Stadt, und an den ruhigen, von Bäumen gesäumten Straßen standen viele prachtvolle Häuser verschiedenster Architekturrichtungen: von Viktorianisch über Mission Revival Style und Beaux-Arts-Architektur bis zur Bewegung Neues Bauen. Manche der alten Häuser waren zu Konsulaten und zu Privatschulen umgewandelt worden, und nur das gelegentliche Läuten von Kirchenglocken störte die in dieser Gegend so geschätzte Ruhe.
    Neben dem spektakulären Ausblick bot Pacific Heights auch unberechenbares Wetter: Jeden Tag konnte man Segelboote in der Bucht sehen, die auf einem Teppich aus gleißendem, flüssigem Sonnenlicht hin- und herschaukelten, doch schon wenige Stunden später konnte der Nebel sich in gespenstischer Schönheit durch das Golden Gate wälzen und die ganze Gegend in einen Schleier aus kühlem Grau hüllen. Es war ein eindrucksvolles und immer wechselndes Panorama, und Fane hatte es sich in den letzten Jahren zur Gewohnheit gemacht, das Betrachten der Wetter-Aufführung in sein tägliches Ritual einzubinden. Er war jeden Morgen auf eine Überraschung gefasst und schaute abends noch einmal nach, bevor er ins Bett ging.
    Sein Haus gehörte nicht zu den herrschaftlichsten des Viertels, aber es war groß und gediegen, und obwohl er erst seit drei Jahren hier lebte, steckte es bereits voller intensiver Erinnerungen für ihn. Erinnerungen an den zu kurzen Teil seines Lebens, den er hier mit Dana verbracht hatte.
    Es war nicht sein Geld gewesen, sondern das von Dana. Fane hatte ungefähr zum gleichen Zeitpunkt damit aufgehört, sich darüber Gedanken zu machen, was Leute aus gewissen Kreisen zu diesem Thema sagten, als er auch aufgehört hatte, sich über die Gerüchte zu ärgern, er hätte etwas mit dem Mord an Jack Blanda zu tun gehabt. Schließlich hatte Jack es ganz alleine fertig gebracht, getötet zu werden, aber falls manche Leute darauf bestehen wollten, etwas anderes zu glauben, konnte Marten Fane sie nicht daran hindern. Und es war die Wahrheit, dass Jack damals Dana nicht wegen ihres Geldes geheiratet hatte. Marten hatte das Glück gehabt, sich wirklich in sie zu verlieben.
    Er bog von der Straße auf den gepflasterten Parkplatz ein, der hinter einer mit Ranken überwucherten Mauer versteckt war. Er parkte und ging durch das schmiedeeiserne Tor in den kleinen Vorhof, von dem aus ein von Palmen gesäumter Weg aus Kalkstein zur Haustür führte. Das Haus selbst war eine Mischung verschiedener Stilrichtungen: roter Backstein mit Verkleidungen und Stürzen aus Kalkstein, dazu ein Schieferdach. Im Laufe der Zeit hatte es mehrere größere Umbauten über sich ergehen lassen müssen, sodass es nun ein ganz einzigartiges Gebäude war, das sich keinem Typ zuordnen ließ. Fane mochte es.
    Nachdem er seinen Regenmantel in der Eingangshalle aufgehängt hatte, betrat er durch den breiten Hausflur das Wohnzimmer. Dort knipste er erst einige Lampen an, bevor er in die Küche weiterging.
    Er ließ eine Handvoll Eiswürfel in ein Glas fallen, goss einen Schluck Glenfiddich darüber und ging ins Wohnzimmer zurück. Einen Moment lang blieb er in der Zimmermitte stehen, nippte an seinem Scotch und sammelte seine Gedanken. Er war eher aus Gewohnheit denn aus Absicht ins Wohnzimmer zurückgegangen. Er blickte sich um.
    Überall auf dem Boden und dem Sofa lagen Bücher über Fotografie verstreut, manche noch aufgeschlagen. Marten Fane war seit jeher von einer rastlosen Neugier besessen, und er vertiefte sich häufig in eine Vielzahl verschiedenster Dinge, sah oft eine Verbindung, wo andere keine entdecken konnten.
    Zwar interessierte er sich schon seit seiner Zeit in Berkeley für Fotografie, aber in den letzten fünf Jahren waren Porträts zu einem seiner Interessengebiete geworden. Es hatte begonnen, als er noch fürs SID gearbeitet hatte und in einer Ermittlung steckte, in der es mehrere Informanten gab, die sicher untergebracht waren– einer von ihnen in einem Bungalow im Tal von Russian River. Als der Informant zu einem verabredeten Treffen nicht erschien, war Fane zu dem abgelegenen Unterschlupf gefahren und hatte den Mann dort tot aufgefunden. Er lag auf dem Boden des Hauptraums seines Häuschens, als ob er schlafen würde, umgeben von siebenundvierzig Fotografien, alles Porträts: von Jungen im Kindesalter, von Heranwachsenden und von jungen Männern.
    Der Mann hatte sich mit Pillen und
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