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Der Schwur des Piraten

Der Schwur des Piraten

Titel: Der Schwur des Piraten
Autoren: Matteo Mazzuca
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und brauchten keine Angst mehr zu haben, von diesem Teufel abgeschlachtet zu werden.
    Am Tag der Hinrichtung schlossen die Handwerker ihre Werkstätten und die Wirte ihre Schenken. Keiner wollte das Spektakel verpassen. Alle strömten auf den Platz und versammelten sich um den Galgen. Sie wollten den Piraten hängen sehen.

    Die schicksalsträchtige Stunde nahte. Der Platz war brechend voll, überall wimmelte es von Schaulustigen. In der Mitte erhob sich das Schafott drohend über die Köpfe der Zuschauer. Es war zwölf Uhr Mittag und die Sonne brannte heiß vom wolkenfreien Himmel. Der Tag hatte wie ein lauer Frühlingstag begonnen, jetzt jedoch war es drückend schwül.
    Die Leute auf dem Platz begannen schon unruhig zu werden, da erscholl aus einer Gasse der Hufschlag von Pferden. Eingehüllt in eine Staubwolke und von pechschwarzen Rappen gezogen, rollte der Gefangenenwagen auf den Platz zu. Die Menge teilte sich und ließ den Vierspänner passieren. Als der Wagen vor dem Schafott zum Stehen kam, wagte niemand sich zu rühren. Jeder hielt gespannt den Atem an. Es war mucksmäuschenstill.
    Die Tür des Wagens öffnete sich knarrend und ein Offizier stieg aus. Dann streckte Corsaired den Kopf aus der Wagentür und die Menge begann zu toben.
    Corsaired wirkte geschwächt, seine Haltung und sein fester Blick jedoch verrieten ungebrochenen Stolz. Er war barfuß. Seine dünnen braunen Beine steckten in ausgebeulten, von der Sonne gebleichten Hosen und das abgetragene Hemd war blutverschmiert. Das Gesicht war geschwollen.
    Unerschrocken schaute der Pirat in die Menge. Es war der Blick eines Mannes, der gewohnt war zu befehlen und der keine Angst kannte. Nur wenige hielten seinem Blick stand.
    Ohne Zögern stieg Corsaired hinter dem Offizier die Stufen zum Schafott hinauf, und auch als ihm der Henker die Schlinge um den Hals legte, verrieten seine Gesichtszüge keine Angst.
    Eine Todesstille legte sich über den Galgenplatz. Dann öffnete der Henker die Falltür und der Strick um den Hals des Piraten zog sich zusammen. Corsaireds Leib begann wie unter Krämpfen zu zucken.
    Kurz darauf war alles vorbei. Der Pirat war tot. Jetzt würden die Meere wieder sicher sein. Ein erleichtertes Murmeln ging durch die Reihen.
    Da fuhr auf einmal wieder Leben in Corsaireds Glieder. Sie zuckten viel stärker als zuvor. Er riss die Augen auf. Sie waren blutunterlaufen und hasserfüll t – die Augen eines Wahnsinnigen. Der Pirat packte den Strick um seinen Hals und befreite seinen Kopf aus der Schlinge. Dann zog er sich am Seil hinauf und schwang sich auf den oberen Balken des Galgens. Seiner Kehle entfuhr ein furchtbarer Schrei, so markerschütternd, als würde er in der Hölle braten. Sein Leib hatte sich auf grauenhafte Weise verwandelt. Die Augen traten aus den Höhlen und seine Haut hatte die graue Farbe der Verwesung. Er wand sich unter tierischem Knurren und Jaulen.
    Die Menschen auf dem Platz waren starr vor Schreck.
    Corsaired verdrehte die Augen, bis nur noch die weißen Augäpfel zu sehen waren, und fing an, wie in Trance zu sprechen. »Die Sanduhr wird uns gehören! Seid bereit, eurem neuen Herrn zu dienen! Dem Schwarzen!«
    Kaum hatte Corsaired ausgesprochen, löste sich sein halb verwester Leib auf. Für einen Augenblick sah man noch einen geisterhaften Schatten des Piraten, bewaffnet mit einem goldenen Degen. Dann verschwand auch dieses Bild. Übrig blieb nur ein Häufchen grauer Asche.

    Rummy Drinker überquerte den nun menschenleeren Platz. Zufrieden grinsend ging er direkt auf den Galgen zu. Dort angekommen schaute er sich vorsichtig um und vergewisserte sich, dass ihn niemand beobachtete. Dann stieg er die Stufen zum Schafott hinauf und zog sein Säckchen aus Menschenhaut hervor. Mit dem kleinen Platinlöffel sammelte er die Asche des Piraten ein und füllte sie behutsam in den Beute l – wie er es damals im Wirtshaus gemacht hatte. Endlich war es so weit, das hatte ihm sein Herr versprochen. Nichts würde je wieder sein wie früher.

Der Wirbelsturm

    Montmorency streunte durch die Trümmer und Schutthügel des zerstörten Dorfes. Er hielt seine Schnauze dicht am Boden und schnupperte angestrengt in der Hoffnung, auf irgendein Zeichen von Leben zu stoßen.
    Er war immer gern mit Spinn zusammen gewesen und vermisste ihn sehr, vor allem jetzt, da er an diesem gottverlassenen Ort allein zurückgeblieben war. Nicht einmal Ratten gab es hier noch.
    Als ein eisiger Wind aufkam, suchte Montmorency unter einem wackeligen
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