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Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe

Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe

Titel: Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe
Autoren: Karl May
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Jim, Tim, Ben und Bob und spricht nicht alle Silben aus, wenn eine einzige genügt. Mein Vater sagte stets Has’ oder vielmehr Has anstatt Hasael, und ich habe mich daran gewöhnt. Mach du es ebenso!«
    »Has? Hm! Dann müßtest du zu mir auch Kas’ oder vielmehr Kas sagen anstatt Kasimir!«
    »Warum nicht?«
    »Klingt das nicht sehr dumm?«
    »Dumm? Unsinn! Es klingt, sage ich dir; mir gefällt es, und wie es andern klingen mag, das ist mir gleichgültig. Also nochmals prosit, lieber Kas!«
    »Prosit, lieber Has! Aufs Wohl von Kas und Has, den neuesten Erben Timpes!«
    Sie stießen still begeistert und nur leise ihre Gläser zusammen, um nicht die Aufmerksamkeit der andern Zecher auf sich zu ziehen. Dann meinte der dunkelköpfige Has:
    »Also auf nach Santa Fé! Aber das ist nicht so leicht und schnell ausgeführt, denn wir werden zu einem weiten Umwege gezwungen sein.«
    »Warum?« fragte der semmelblonde Kas.
    »Weil wir durch das Gebiet der Komantschen müßten, wenn wir den kürzesten Weg einschlagen wollten.«
    »Ich hörte doch nicht, daß diese Roten jetzt das Kriegsbeil ausgegraben haben!«
    »Ich auch nicht; aber die Canaillen sind selbst im tiefsten Frieden treulos und stets den Bleichgesichtern feind. Zudem traf ich gestern mit einem Pedlar 4 zusammen, der von ihnen kam. Du weißt, daß die Indsmen einem Pedlar niemals etwas Böses thun, weil sie ihn notwendig brauchen. Der sagte mir, daß der große Kriegshäuptling Tokvi-Kava 5 jetzt nicht bei seinem Stamme sei, sondern sich mit einigen seiner besten Krieger entfernt habe, ohne zu sagen, wohin.«
    »Tokvi-Kava, der ›schwarze Mustang‹ der Jägerschinder? Mit den besten Kriegern? Und ohne zu sagen, wohin? Das läßt allerdings sehr stark vermuten, daß er wieder auf eine seiner Grausamkeiten sinnt. Ich fürchte mich wahrlich vor keinem Roten, aber sei man noch so mutig, besser ist es immer, einem solchen Burschen gar nicht zu begegnen. Ich schlage also vor, lieber den Umweg zu machen und eine Woche später in Santa Fé anzukommen. Unser Nahum Samuel wird uns wohl nicht grad’ jetzt zum zweitenmal davonlaufen.«
    »Und wenn er lief, wir haben seine Spur und würden ihn nun ganz gewiß erwischen, denn –«
    Er wurde unterbrochen, denn der Engineer kam zurück und brachte noch zwei Männer mit. Kas und Has hatten im Eifer ihres Gespräches das wiederholte Pfeifen einer Lokomotive überhört. Der Arbeitszug war angekommen; der Engineer hatte ihn expediert und wurde nun bei der Rückkehr von seinem Aufseher und dem Magazinverwalter begleitet. Er nickte den beiden Westmännern grüßend zu, und dann setzten sich die drei zu dem Mestizen an den für die »Beamten und höheren Gentlemen« bestimmten Tisch. Sie ließen sich auch Grog geben, und dann erkundigte sich der Mischling:
    »Nun, Sir, sind Zeitungen angekommen?«
    »Nein,« antwortete der Engineer, »die werden morgen erst eintreffen; aber Nachrichten habe ich erhalten.«
    »Gute?«
    »Leider nicht. Wir werden von jetzt an sehr wachsam sein müssen.«
    »Warum?«
    »Es sind in der Nähe der Rückstation Spuren von Indianern gesehen worden.«
    Es war, als ob die halb unter den Lidern verborgenen Augen des Mischlings für einen Moment zornig aufleuchteten, doch klang seine Stimme ganz gelassen, als er sagte:
    »Das ist doch kein Grund, ungewöhnlich wachsam zu sein!«
    »Ich denke doch!«
    »
Pshaw!
Kein Stamm hat jetzt den Tomahawk des Krieges ausgegraben, und wenn es wäre, so darf man von einigen Fußstapfen nicht gleich auf Feinde schließen.«
    »Freunde lassen sich sehen. Wer sich versteckt hält, der hat keine guten Absichten; das kann ich mir sagen, obgleich ich kein Scout und Westmann bin.«
    »Eben weil Ihr keiner seid, sagt Ihr es Euch. Der erfahrene Westmann würde der Ansicht sein, daß die Roten an der Station vorübergegangen seien, weil sie keine Zeit hatten, sich zu zeigen.«
    »Keine Zeit? Die Roten haben stets und immer Zeit, bei den Weißen herumzulungern und sie anzubetteln. Wenn sie sich verstecken, ist ihre Absicht sicher keine gute. Du bist ein tüchtiger Pfadfinder und in dieser Gegend bekannt; ich habe dich engagiert, daß du von morgen an die Umgebung scharf durchstreifst.«
    Durch die geschmeidige Gestalt und über das Gesicht des Mestizen ging ein leises Zucken, als ob er zornig auffahren wollte, doch beherrschte er sich wieder und antwortete in ruhigem Tone:
    »Ich werde es thun, Sir, obgleich ich weiß, daß es nicht nötig ist. Indianerspuren haben nur zur Kriegszeit
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