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Der schwarze Freitag (German Edition)

Der schwarze Freitag (German Edition)

Titel: Der schwarze Freitag (German Edition)
Autoren: Gerhard Damm
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auf einmal so traurig?“,
fragte sie. Ich erzählte ihr, dass ich eine Präsentation
versaut hatte und ohne den Auftrag wieder nach Hause
fahren würde. Außerdem wäre es schade, dass die kurze,
aber nette Bekanntschaft mit ihr heute zu Ende gehen
würde.
    „ Na, vielleicht sieht man sich ja mal wieder …“ Sie hauchte
mir zum Abschied einen Kuss auf die Wange und war kurz
danach aus der Bar verschwunden. Ich hatte das Tuch mit
der Visitenkarte schon auf der Rückfahrt zum Hotel in das
Mittelfach ihres Autos gelegt. Ich wusste nicht, ob sie es
bemerkt hatte, und auch nicht, ob sie sich darüber freuen
würde.
* **
    M eine Heimfahrt auf der A1 war genau wie der Hinweg:
ein Stau von 70 km Länge. Das Radio brachte die
Staumeldung und einen Sonderbericht über den Crash an
den Börsen. Der Name Meyer fiel mehrfach im
Zusammenhang mit Aktienschwindel und Betrug. Falsche
Aktien, Fälschungen, und das im großen Stil, machten
mich neugierig. Ich rief Jürgen an, hier im Stau hatte ich
gerade auch nichts Besseres zu tun. Vorsichtig fragte ich
ihn, wo die Aktien waren und ob ich diese sehen durfte.
    „ Die kannst du geschenkt bekommen“, sagte er, „ist nur
wertloses Papier.“
E s folgte wieder eine Stunde Jammern wegen des
verlorenen Geldes. Von Eva erzählte ich ihm nichts.
    N ach fünf Stunden Autobahnstau kam ich genervt wieder
in meiner Wohnung an. Sie war kalt und leer. Keiner war
da, der „ Hallo Schatz“ sagte, wenn ich nach Hause kam.
Seit fünf Jahren war ich wegen des nicht vorhandenen
dicken Kontos geschieden, aber das wusste Heike
eigentlich auch schon vor der Hochzeit. Erst nach 15
Jahren war ihr dann eingefallen, dass sie mit ihrem
Aussehen sicher auch noch etwas Besseres finden würde
‒ vor allem mit Geld auf dem Konto, sodass sie nicht mehr
arbeiten gehen musste. Mir ging es nach der Scheidung
besser, schließlich brauchte ich Heikes heimliche Einkäufe
über das Internet nicht mehr zu bezahlen. Ich versuchte,
meine Ersparnisse anzulegen, tat dies aber nicht, wie
Jürgen, in Aktien. Ich wollte mich in drei Jahren aus
Deutschland verabschieden und nach Spanien gehen, dort
mein Leben auf Papier bringen und einfach nur noch Mensch sein. Eine kleine Wohnung mit Blick von der
Dachterrasse auf den Strand und das Meer nannte ich
dort schon mein Eigen, die kleine Jacht würde auch noch
irgendwann kommen. Nur noch ungezwungen in der
Sonne leben, das wünschte ich mir ‒ nicht wie im kalten,
hektischen Deutschland. Hier wollte ich alle Brücken
abbrechen. Ich dachte an den gestrigen Abend und an
diese wunderschöne Frau. So wie sie in mein Leben
gestolpert war in der Hotel-Bar, war sie dort auch wieder
aus meinem Leben gegangen.
* **
    A m frühen Nachmittag des nächsten Tages überreichte
mir der Postbote einen braunen Umschlag: die wertlosen
Aktien von Jürgen. Schon beim ersten Anschauen wurde
mir schlecht. Dass er als Druckermeister das nicht
gesehen haben wollte, verstand ich nicht. Das waren
einfache gefälschte und abgescannte Papiere, in die Text
und Beschriftung nachträglich eingedruckt waren. Für
einen Laien war das vielleicht nicht zu erkennen, aber er
hätte es auf jeden Fall bemerken müssen.
„ Wo hast du diese Aktien gekauft?“, fragte ich Jürgen am
Telefon.
     
„ Alle bei diesem Peter Meyer aus Hamburg.“
     
„ Wenn ich dir helfe, dein Geld wiederzubekommen, was
wäre dir das wert?“
    J ürgen wurde still.
„ Was, wie, wo?“, fragte er mich.
I ch sagte erst einmal gar nichts und wollte eine Antwort.
„ 20 % der wieder beschafften Summe“, sagte Jürgen dann
schließlich.
     
„ Gut, wir werden sehen. Kennst du noch mehr Anleger,
die von diesem Ganoven abgezockt wurden?“
     
„ Ja, einige, und diese kennen dann bestimmt auch wieder
andere.“
    „ Jürgen, ich brauche Listen über jede einzelne Einzahlung
‒ von welchem Konto und Bank mit Namen, Adresse,
Datum und Telefonnummer. Die Leute hören dann von
meinem Anwalt.“
I ch rief meinen Anwalt an und bat ihn, einen Vertrag
wegen der 20 % aufzusetzen und sich auf Arbeit gefasst zu
machen. Er bekam eine kurze Erklärung und hatte
verstanden, was ich versuchen wollte. Dann suchte ich die
Visitenkarte von Eva und wählte ihre Nummer. Über
mehrere Stunden bekam ich sie nicht an die Strippe.
S cheiße , dachte ich und trank den dritten Whisky pur. Warum erreicht man Frauen nie, wenn man sie braucht ?
    M itten in der Nacht rief sie mich dann zurück.
„ Hallo, Jan, woher hast du meine Nummer?“
V on deiner Visitenkarte,
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