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Der schwarze Dom

Der schwarze Dom

Titel: Der schwarze Dom
Autoren: Christopher Pike
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schwarzem Hemd bündelte, erschien es Carl, als hätte er sich direkt an die heißeste Stelle am Pool gesetzt. Und damit nicht genug, Tom trug keine getönten Gläser und starrte mitten in die Helligkeit. Er kniff noch nicht einmal die Augen zusammen.
    Auch Toms Blick war nicht auf Cessy gerichtet, was vielleicht ein Zeichen seines Hirnschadens sein konnte, aber Carl hatte dieses Problem ja nicht.
    Cessy war am anderen Ende des Pools, im tiefen Wasser, und ob sie nun einen Badeanzug trug oder nicht, war wegen des schwarzen Bodens schwer zu erkennen. Diese Ungewißheit ließ Carls Herz schneller schlagen. Er fand es toll, daß die Natur ein wildes Mädchen in den Körper einer reifen Frau gesteckt hatte.
    »Hallo, Kids«, sagte er lässig.
    »Hallo«, gab Tom zurück und hob dabei kaum die Brauen. Tom hatte ein breites, stumpfes Gesicht und zeigte selbst unter besten Voraussetzungen wenig Gefühl. Heute schien keiner seiner guten Tage zu sein. Vor ein paar Monaten hatte Carl im Fernsehen eine Verfilmung von Ray Bradburys Mars-Chroniken gesehen, und die Bronzemasken der Marsmenschen erinnerten ihn an Toms maskenartiges Gesicht. Das machte ihn traurig. Vor seinem Football-Unfall hatte Tom vor Leben gesprüht.
    »Hi Carl!« rief Cessy herüber. Ihre schwarzen Locken waren klatschnaß, und das Wasser tropfte ihr in die Augen. Sie schob sich die Haare beiseite und strahlte ihn an. »Wülste mal ‘n bißchen naß werden?«
    Carl überlegte einen Moment lang. War das alles hier vielleicht nur ein Traum? Cessy am Beckenrand, nicht weit vom Sprungbrett entfernt, beim Wassertreten – nackt wie Gott sie geschaffen hatte. Bestimmt ging sie ständig im Evakostüm schwimmen. Er wünschte, sie würde nicht so sehr mit Wasser um sich spritzen, damit er sehen könnte…
    Ich bin wirklich ein Schwein!
    »Ich hab’ keine Badehose mit«, sagte er und lief trotz seines Entschlusses, völlig cool zu bleiben, rot an. Cessy drehte den Kopf in Toms Richtung.
    »Er hat keine Badehose mit«, rief sie. »Ja, was machen wir denn da?«
    »Weiß ich auch nicht«, meinte Tom.
    Aber Cessy wußte es. »Wenn du nicht zu mir reinkannst, komme ich wohl besser raus«, bemerkte sie und schwamm auf Carl zu. Als sie den Rand erreicht hatte, hielt sie ihm den Arm entgegen. Der obere Teil ihrer Brust ragte aus dem Wasser heraus. Cessy war super gebaut. Und jetzt lenkte sie ihn nicht nur ab, sondern hielt ihn auch noch zum Narren. Kaum hatte er nämlich ihre nasse Hand ergriffen, zog sie fest an, und er fiel kopfüber ins Wasser.
    »O Carl, einfach klasse von dir, zu mir reinzukommen«, sagte Cessy, als er wieder auftauchte. Sie ließ ihm gar keine Chance, sauer zu werden. Mit einem koketten Blinzeln bedeutete sie ihm, ihr zu folgen, und stürzte sich in Richtung des seichten Wassers. Und wie er ihr folgte, mit seinen eingeweichten Hosen und vollgelaufenen Turnschuhen, die ihm den Schwung aus seinen Schwimmzügen nahmen. Oder nahm er die Klamotten nur als Vorwand dafür, daß er sie nicht erwischte?
    Eine Niete war er nun nicht gerade im Wasser, aber sie war eine unglaubliche Schwimmerin. Bevor er den flachen Bereich erreicht hatte, hatte sie schon gewendet, sich von der Seite abgestoßen und war wie eine Nixe auf einem Torpedo an ihm vorbeigeschossen.
    »Macht’s dir Spaß?« fragte Tom.
    Carl holte tief Luft, um sich eine Pause zu gönnen. »Wie spät ist es?«
    Tom schaute auf seine Uhr. »Spät.«
    Carl zog an seinem nassen Shirt. »Ich werde wohl besonders spät dran sein.«
    »Du kannst meine Sachen anziehen. Ich habe Sportsachen unter der Hose. Ich wollte darin schwimmen.«
    »Sicher?«
    Tom zuckte mit den Schultern. »Es ist mir egal, was ich in der Schule anhabe.«
    »Na, Jungs?« rief Cessy. »Wie spät ist es denn?«
    Als Carl sich umdrehte, kassierte er eine der größten Enttäuschungen seines Lebens. Cessy war nämlich schon aus dem Pool geklettert und steckte im Bademantel. Er konnte sein schlechtes Timing nicht fassen und auch nicht, daß Tom, der doch den vollständigen Übergang vom Wasser zum Bademantel verfolgt haben mußte, nicht den leisesten Ausdruck von Interesse bekundet hatte.
    »Es ist schon spät«, rief Carl zurück und kletterte langsam die Stufen des Pools empor.
    Es wurde noch später, bevor sie sich zur Schule aufmachten. Cessy hatte noch nicht gefrühstückt und sie beteuerte, sie müsse unbedingt noch etwas essen. Sie verschwand für ein paar Minuten drinnen, und als sie wieder zurückkam, balancierte sie mühelos ein
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