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Der schwarze Dom

Der schwarze Dom

Titel: Der schwarze Dom
Autoren: Christopher Pike
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miteinander; er war sich nicht im klaren darüber, was eigentlich passiert war. Allerdings hatte er nach wie vor eine Schwäche für sie. Sie hatte so eine begeisterte Art, die irgendwie ansteckend wirkte. Jedenfalls hatte sie diese Art gehabt. Die letzten paar Male, als sie miteinander gesprochen hatten, war sie eher ruhig gewesen. Er war anscheinend nicht der einzige, der harte Zeiten durchmachte. Auf jeden Fall mußte er sich damit ranhalten, sie ins Kino oder zum Essen einzuladen – vorausgesetzt, sie wollte das auch. Er hatte gehört, daß sie ein Stipendium an einem College im Norden bekommen hatte. Express war eben nicht die Stadt, die ihre jungen Leute hielt.
    Es war zu klein und zu heiß.
    Bald würde Tracie sich in höheren Kreisen bewegen als in denen, die er gewohnt war.
    Heute war aber nicht der Tag, um etwas mit Tracie zu unternehmen. Die Paula, die in der Nachricht erwähnt wurde, war Tracies beste Freundin, Paula Morrow, und war auch – welch unglücklicher Zufall! – die Freundin von Joe Travers gewesen. Nachdem Joe tot war, konnte Paula Carl nicht mehr ausstehen. Er ging ihr aus dem Weg, wann immer das möglich war. Sicher war er sich dessen nicht, aber er ging davon aus, daß Paula ihn für den Tod von Joe verantwortlich machte. Verstehen konnte man das – immerhin war der Trip in die Wüste seine, Carls, Idee gewesen. Andererseits hatte er Joe nun auch nicht gerade mitschleifen müssen. Wahrscheinlich brauchte jeder jemanden, dem er die Schuld für etwas zuschieben konnte.
    Wie auch immer, er konnte Tracies Angebot nicht annehmen, wenn er schon in Cessys Gruppe war. Also schön, in Tracie war er mal verschossen gewesen, aber für das, was er für Cecilia Stepford empfand, fehlten die Worte. Liebe oder Lust drückte es nicht aus. Er wollte sie einfach, und er wollte sie unbedingt!
    Tracie mußte angerufen haben, nachdem er gestern zu Bett gegangen war. Er entschloß sich, sie nicht zurückzurufen. Er würde sie in der Schule treffen und ihr sagen, daß er schon belegt war. Er stellte die Cracker weg, ging nach draußen und stieg in seinen Lieferwagen.
    Express war völlig tote Hose.
    Die Stadt hatte Straßen und Gebäude und eine Bevölkerung von zwanzigtausend, aber wenn Carl die Straßen entlangfuhr, kamen ihm stets die Millionen von Städten in den Sinn, die auf der Landkarte der Vereinigten Staaten zu finden waren – all diese bedeutungslosen Namen und Orte, die sich in einen verschwommenen Fleck verwandelten, wenn man die Karte ein Stück von sich weghielt.
    Daß er sein Leben lang in Express gelebt hatte, spielte keine Rolle, ein Zuhause war es für ihn trotzdem nicht. Manchmal fragte er sich, ob er wohl jemals einen Ort finden würde, an dem er sich zu Hause fühlte.
    Express lag achtzig Meilen landeinwärts von San Diego, vierzig Meilen nördlich der mexikanischen Grenze. Außer glühender Hitze hatte Express noch Smog zu bieten. Gott allein wußte, wo der herkam. Von Mai bis September rührten sich Stadt und Einwohner kaum.
    Mister Partridges Clubmitglieder mußten ihre Phantasie arg strapaziert haben, als sie die versprochene Schnitzeljagd durch die nahezu verlassenen Straßen von Express geplant hatten. Carl stellte sich vor, wie sie in der Drogerie nach sauren Drops und im Haushaltsgeschäft nach Dreiviertelzoll-Schrauben Ausschau hielten. Mehr als das konnte er sich nicht vorstellen. Er wußte noch nicht einmal, was es als Hauptgewinn gab.
    Cessy wohnte in einem Stadtteil, der ›die Berge‹ genannt wurde, ein phantasievoller Name für einen Stadtteil, in dem sich die Erde vielleicht dreißig Meter auftürmte und in dem es ein Häuflein Eukalyptusbäume gab. Es war der Ort, wo die Wohlhabenden residierten. Während Carl sich vorstellte, wie Cessy nackt in ihrem Pool schwamm, ließ er seinen Lieferwagen auf eine rote Ampel zurollen, die einfach nicht die Güte hatte, auf Grün zu springen. Dabei überfuhr er fast Paula Morrows jüngeren Bruder, den hochgeschätzten Richard Morrow.
    »Hey!« schrie Rick und bremste seinen Rollstuhl ab. Carl hätte ihn nicht wirklich überfahren. Rick reagierte übertrieben, und Carl regte sich nicht darüber auf. Rick war erst fünfzehn und schon dabei, die Reifeprüfung abzulegen, drei Jahre früher und an der Spitze der Klasse, die auch Carl besuchte. Der trat auf die Kupplung und zog die Handbremse.
    Außer ihnen beiden war niemand auf der Kreuzung. Rick rollte an Carls Fenster heran. Er atmete schwer. Er litt an Muskeldystrophie und war seit
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