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Der schwarze Ballon

Der schwarze Ballon

Titel: Der schwarze Ballon
Autoren: Valerie Frankel
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verlogenen, betrügerischen Mistkerle dieser Scheißstadt anzieht wie das Licht die Motten. Du bist eine Unke. Und du erinnerst mich zu sehr daran, wie wenig gute Männer es noch gibt. Ich glaube, ich habe genug Enttäuschungen mit dir gehabt. Ich glaube, es ist Zeit, daß wir mit all dem aufhören.«
    »Du schmeißt mich also raus, weil ich gute Arbeit mache.«
    »Wenn du es so sehen willst.« Sie war total kalt geworden. Businesslike.
    Ich sagte: »Du mußt diesen Typ ja unheimlich mögen.«
    »Das hat nichts mit unserer Situation zu tun.«
    »Du läßt dir von deinen Hormonen diktieren, mit wem du deine Zeit verbringen willst.«
    »Wir können uns ja immer noch treffen. Ich werde dich nur nicht mehr bezahlen.«
    »Dann läßt du dir also von deinen Hormonen diktieren, wer auf deiner Gehaltsliste steht. Und versuch’ mir jetzt bloß nicht weiszumachen, daß du Johann kein Geld gibst.« Sie knallte mir eine. Fest. Ich hatte fast das Gefühl, es verdient zu haben. Sie rannte raus in den Gastraum.
    Ich jagte hinter ihr her. Ich sagte: »Es tut mir leid, Belle. Ich tu’ bloß meinen Job.«
    Sie keifte giftig: »Deine Dienste sind nicht mehr gefragt. Du wirst dir eine andere reiche Frau suchen müssen, die dich finanziert.« Die blauen Anzüge am Nebentisch verzogen keine Miene. Sal kam herüber, um zu helfen. Belle warf ihm einen Fünfziger ins Gesicht und sagte: »Ich kann mir was Besseres zum Vögeln kaufen als einen Kellner wie dich.« Keiner im Restaurant verzog eine Miene.
    Belle stob zur Tür hinaus wie eine Furie, und mir blieb nichts anderes zu tun, als Mama zu streicheln. Ich begann mir klarzumachen, daß ich vielleicht mehr als meine beste Kundin verloren hatte. Ich entschloß mich, sie bald anzurufen und zu versuchen, die Sache wieder zurechtzubügeln. Mein Plan änderte sich jedoch, als ich am nächsten Morgen die Zeitungen las.

    Ich saß in meinem Büro am Times Square, und Alex Beaudine, mein Freund und Kollege, kam mit zwei doppelten Espressos hereinmarschiert. Ich trinke Kaffee nur dann, wenn ich mich ganz besonders selbstbewußt fühlen möchte; normalerweise verträgt mein Magen keinen Kaffee. Ich denke mir immer, wenn ich das Koffein runterkriege, dann kann mir nichts mehr was ausmachen. Es ist so was wie ein privater Foltertest, und Alex muß gewußt haben, daß ich an dem Morgen für diese Herausforderung gerüstet war. Er reichte mir eine Tasse, setzte sich mir gegenüber, legte die Füße auf meinen Schreibtisch und sagte: »Sieht nicht so aus, als ob es ein guter Morgen für dich werden würde.« Er hustete, dann sagte er: »Hübsches Outfit.«
    Alex arbeitet halbtags für Do It Right. Er ist Fotograf und bastelt fleißig an seiner Mappe, um ein NEA-Stipendium zu bekommen. Alex und ich teilen eine fröhliche Respektlosigkeit gegenüber dem, was wir Realität nennen. Außerdem sind wir beide siebenundzwanzig. Unsere körperlichen Ähnlichkeiten hören jedoch beim Alter auf; wo ich rund und drall bin, ist er schlank und sehnig. Meine Haare sind ein wüster roter Lockenhaufen, seine sind glatt und dunkel. Ich habe stechende grüne Augen, seine sind von einem leuchtenden Braun. Ich würde sagen, Alex ist attraktiv; da ich ihn so beschreibe liegt der Schluß nahe, daß ich auf ihn stehe, aber dieser Eindruck täuscht. Zum einen arbeiten wir zusammen; außerdem hat er, glaube ich, eine Freundin. Ich habe sie noch nicht kennengelernt, aber ich habe ein paar von seinen früheren kennengelernt. Sie schienen alle einen mehr oder weniger ausgeprägten Hang zu Pink zu haben. Also bin ich wahrscheinlich sowieso nicht Alex’ Typ. Er trägt gern 501, weiße Basketballschuhe und T-Shirts, egal zu welcher Jahreszeit und zu welchem Anlaß. Und er ist immer makellos glatt rasiert. Ein weiterer Unterschied zwischen uns.
    Mein Büro ist sauber, eine angenehme Erholung für Klienten, wenn sie von dem Dreck und Gestank der 42. Straße heraufkommen. Alex hält die Räume peinlich unbefleckt. Ich selbst bin nicht so fromm. Meine Fixierungen tendieren mehr zum Oralen. Das Büro bietet zwei Fensterblicke; einen auf den Nachrichtenzipper am Times Square, den anderen auf ein schmuddeliges Bumshotel in der 45. Straße. Der Rest des Büros ist ziemlich unspektakulär. Ich habe einen Schreibtisch (Gott sei Dank Holz — ein Bein wackelt), ein paar Stühle (einen bequemen für die Kundschaft und einen mit gerader Lehne, der hinter meinem Schreibtisch steht und ein paar Zentimeter zu niedrig ist — ich sitze gewöhnlich auf
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