Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der schwarze Ballon

Der schwarze Ballon

Titel: Der schwarze Ballon
Autoren: Valerie Frankel
Vom Netzwerk:
leben aber schon seit Ewigkeiten zusammen. Santina fuhr fort: »Du kennst ihn ja, Mr. Schlaumeier. Er hat zu mir gesagt: >Laß sie in Ruhe. Sie ist erwachsen. Wenn sie ihren Anrufbeantworter nicht an hat, dann wahrscheinlich deshalb, weil sie nicht mit dir sprechen will.< Also, was sagst du dazu? Wenn er nicht diese schmalen kleinen Hüften hätte. Gerade so richtig zum... nun ja, darüber willst du ja nichts hören. Also, hier nun unser Plan: Shlomo schafft’s leider nicht, also komm’ ich und hol’ dich in deinem Büro ab. Ich wäre dir sehr verbunden, wenn du auf der Straße auf mich warten könntest. Du weißt, ich hasse es, den Wagen in der Umgebung von Times Square zu parken. Dieser ganze Müll und Dreck überall. Das Auto ist eine Sache, aber meine eigene Sicherheit, das ist eine andere Sache. Das Auto ist bloß Geld. Okay, ein Haufen Geld. Allein schon bei dem Gedanken, mit dem Mercedes über den Times Square zu fahren, krieg’ ich Ausschlag. Und glaub’ ja nicht, ich fühl’ mich sonderlich wohl bei dem Gedanken, daß du unten auf der Straße wartest. Aber du behauptest ja immer, du kannst auf dich selbst aufpassen. Warum, das weiß der Himmel. Wenn ich daran denke, krieg’ ich eine Gänsehaut. Wanda, sag’ doch was. Das bist doch du am Apparat, oder? Alex? Bist du das? Wer zum Teufel ist das? Ich lege jetzt auf und ruf’ sofort die Polizei an...«
    Ich sagte: »Nein, Santi. Bitte, was immer du tust, ruf’ bloß nicht die Polizei an.«
    Sie sagte: »Also bist du es doch. Warum hast du denn nichts gesagt, um Himmels willen? Ich hab’ fast einen Herzinfarkt gekriegt. Nicht, daß ich nicht fast jeden Tag einen kriegen würde. Du und dein beknackter Job. In so einer schrecklichen Umgebung zu arbeiten. Eines Tages passiert noch was — das weiß ich bestimmt. Wenn du doch nur ein bißchen Geld nehmen würdest... oder wir schicken dich auf die Uni, damit du Jura studierst.« Santina und Shlomo betrachten mich als eine Art Tochterersatz. Das ist manchmal ganz nett. Aber in der Regel ist es ziemlich nervend. Meine richtigen Eltern leben in Miami; wir reden nicht viel miteinander.
    Ich sagte: »Santi. Ich bin okay. Alles unter Kontrolle.«
    Sie sagte: »Okay, na gut. So, jetzt laß uns eine Zeit ausmachen. Du bist an der Ecke Broadway/46. Straße um, sagen wir... sag’, wann ist es am günstigsten für dich? Sagen wir, um zwei? Geht das? Zwei ist für mich günstig. Und daß du mir ja keine Abkürzungen gehst, durch diese ganzen abgerissenen Häuser.«
    »Das hast du schon gesagt. Hör mal, Santi, ich weiß ehrlich gesagt nicht, wovon du eigentlich redest. Wo sollen wir uns treffen und aus welchem Grund? Ich hab’ heute zu tun.«
    »Oh, nein, das hast du nicht, du Karrierefrau des Jahres. Du gehst heute mit mir essen, und wenn es das letzte ist, was du tust. Wir haben das schon vor drei Wochen fest verabredet. Heute ist mein einziger freier Tag in der ganzen Woche. Schau’ in deinen Kalender. Sofort. Ich bleib’ dran.«
    Ich tat so, als würde ich in meinen Kalender gucken. Auf dem Fußboden lagen überall Akten. Ich sagte: »Du hast recht, Santi. Du hast immer recht. Aber ich kann heute wirklich nicht. Ich hab’ Kopfschmerzen. Ein anderes Mal vielleicht — nächste Woche. Wirklich.«
    Sie sagte: »Entschuldige, Miss Ich-hab’-Wichtigeres-zu-tun, aber mit wem, glaubst du, redest du hier? Okay, ich verstehe. Wenn du Wichtigeres vorhast, dann esse ich eben im Salon mit all diesen kranken, blauhaarigen Weibern, die ich so sehr liebe, wie du weißt.«
    Sie klang aufgeregter als gewöhnlich. »Santi«, sagte ich, »gibt es da irgendwas, das du mir erzählen möchtest?«
    »Was meinst du? Ich erzähle dir hier schon meine ganze Lebensgeschichte, reicht das noch nicht?«
    Ich sagte: »Wo ist Shlomo? Kommt er auch zu diesem Lunch, der nicht stattfinden wird?«
    »Eigentlich nicht«, erwiderte sie, »und es hat nichts mit dir zu tun. Du weißt, daß Shlomo dich sehr liebt.«
    »Was ist, Santi?« fragte ich. Es ist nicht schwer, zu merken, wenn sie irgendwas hat.
    Sie sagte: »Er macht gerade einen Segelkurs, draußen im Learning Annex. Ich hab’ ihn da angerufen. Er hat mir irgendwas von Wampen vorgeblubbert. Will sich eine Yacht anschaffen und einen Liegeplatz in Westport mieten. Ich hab’ zu ihm gesagt: »Dieser blöde Kurs ist dir wohl wichtiger als Wanda<, hab’ ich zu ihm gesagt. Und da sagt er zu mir, sagt er: >Warum siehst du immer alles gleich so extrem? Wenn ich das gewußt hätte, als ich bei
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher