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Der Schutzengel

Der Schutzengel

Titel: Der Schutzengel
Autoren: Dean R. Koontz
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Dosen ein, wobei sie darauf achtete, die alte Ware nach vorn zu rücken und die neue dahinter aufzustellen.
    Jetzt sah sie widerstrebend auf. »Boot? Welches Boot?«
    »Oben in der Wohnung. Das Boot im Schrank. Wie der Himmel aussieht, werden wir’s später brauchen, um uns draußen fortzubewegen.«
    »Unsinn«, sagte Laura. »Wir haben kein Boot im Schrank.«
    Bob trat hinter die Kasse. »Ein hübsches, kleines, blaues Boot.«
    »Ach ja? In einem Schrank? In welchem denn?«
    Er begann, in Plastik eingeschweißte Slim Jims neben die Snack Pack Crackers ins Metallregal zu hängen. »Natürlich im Schrank in der Bibliothek.«
    »Wir haben keine Bibliothek.«
    »Wir haben keine? Oh … Hmmm, da fällt mir ein, daß das Boot nicht in der Bibliothek ist. Es ist im Schrank im Zimmer des Kröterichs.«
    Sie kicherte. »Welches Kröterichs?«
    »He, willst du etwa behaupten, du wüßtest nichts von dem Kröterich?«
    Laura schüttelte grinsend den Kopf.
    »Seit heute vermieten wir ein Zimmer an einen ehrbaren Kröterich aus England. An einen Gentleman-Kröterich, der im Auftrag der Königin geschäftlich hier ist.«
    Blitze zuckten, Donnergrollen erschütterte den Aprilhimmel. Im Radio mischten sich atmosphärische Störungen in den Schlager »Rhythm of the Rain«, den The Cascades sangen.
    Laura achtete nicht auf das heraufziehende Gewitter. Sie fürchtete sich nicht vor den Dingen, die vielen anderen Kindern Angst machten. Mit ihren acht Jahren war Laura so selbständig und selbstsicher, daß sie manchmal wie eine als Kind verkleidete alte Dame wirkte. »Weshalb hat die Königin einem Kröterich einen geschäftlichen Auftrag erteilt?«
    »Kröteriche sind ausgezeichnete Geschäftsleute«, behauptete Bob, riß einen der Slim Jims auf und biß davon ab. Seit Janets Tod, seitdem er nach Kalifornien gegangen war, um einen neuen Anfang zu wagen, hatte er zwanzig Kilo zugenommen. Er war nie besonders ansehnlich gewesen. Als 38jähriger war er jetzt angenehm rundlich und hatte kaum Aussichten, einer Frau den Kopf zu verdrehen. Er war auch nicht gerade erfolgreich; mit einem kleinen Lebensmittelgeschäft waren keine Reichtümer zu ernten. Aber das machte ihm nichts aus. Er hatte Laura: Er war ihr ein guter Vater, und sie liebte ihn von ganzem Herzen. Alles andere war doch wohl egal. »Ja, Kröteriche sind wirklich ausgezeichnete Geschäftsleute. Und die Familie dieses Kröterichs steht seit Jahrhunderten im Dienst des englischen Königshauses. Er ist sogar geadelt worden – Sir Keith Kröterich.«
    Blitze zuckten heller als zuvor. Auch der Donner war lauter geworden.
    Laura, die mit den Dosen fertig war, stand auf und wischte sich die Hände an der weißen Schürze ab, die sie über T-Shirt und Jeans trug. Sie war ein sehr hübsches Mädchen; mit ihren braunen Locken und den großen braunen Augen sah sie ihrer Mutter sehr ähnlich. »Und wieviel Miete zahlt Sir Keith Kröterich?«
    »Sechs Pence die Woche.«
    »Hat er das Zimmer neben meinem?«
    »Ja, das mit dem Boot im Schrank.«
    Sie kicherte erneut. »Na, dann schnarcht er hoffentlich nicht!«
    »Das hat er auch von dir gesagt.«
    Ein rostiger, verbeulter Buick hielt vor dem Laden, und als die Fahrertür geöffnet wurde, spaltete ein weiterer Blitz den sich verdunkelnden Himmel. Der Tag füllte sich mit geschmolzenem Licht, das über die Straße zu fließen und sich lavaartig über den geparkten Buick und die vorbeifahrenden Autos zu ergießen schien. Der gleichzeitige Donner erschütterte das Haus in seinen Grundfesten, als ob der Blitz ein Erdbeben ausgelöst habe.
    »Wow!« sagte Laura und bewegte sich furchtlos in Richtung Schaufenster.
    Obwohl es noch keinen Tropfen geregnet hatte, kam plötzlich stürmischer Westwind auf, der Laub und Abfälle vor sich hertrieb.
    Der Mann, der aus dem klapprigen blauen Buick stieg, sah erstaunt zum Himmel auf.
    Blitz nach Blitz spaltete die Wolken, zuckte weißglühend herab und spiegelte sich in Autochrom und Fensterscheiben, während der ihn begleitende Donner die Erde wie unter den Faustschlägen einer Gottheit erzittern ließ.
    Die Blitze jagten Bob Angst ein. Als er »Geh vom Fenster weg, Schatz!« rief, kam sie gleich zu ihm gelaufen und schlang ihre Arme um ihn – allerdings wahrscheinlich mehr, um ihren Vater zu beruhigen als sich selbst.
    Der Mann aus dem Buick kam in den Laden gehastet. Er schaute nach draußen, wo der Himmel sich noch mehr verfinstert hatte, und fragte: »Haben Sie das gesehen, Mann? Puh!«
    Das
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