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Der Schuldige: Roman (German Edition)

Der Schuldige: Roman (German Edition)

Titel: Der Schuldige: Roman (German Edition)
Autoren: Lisa Ballantyne
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tat, als hätte er keinen. Er aß mit dem Ellbogen auf dem Tisch und stützte mit der Hand sein Gesicht.
    Sie war zum Plaudern aufgelegt und redete über die Farm und das Gemüse, das sie anbaute.
    »Wo bist du her?«, fragte er sie mit vollem Mund.
    »Tja, Cork ursprünglich, aber hier bin ich nun schon länger, als ich dort gewesen bin. Ich war auch eine Zeit lang in London …«
    »Wo liegt Cork?«
    »Wo liegt Cork? Meine Güte, weißt du nicht, dass Cork in Irland liegt?«
    Daniel senkte den Blick.
    »Cork ist die wahre Hauptstadt von Irland. Es ist ungefähr halb so groß wie Newcastle, immerhin«, sagte sie und sah ihn nicht an, während sie sich über ihren Salat hermachte. Sie zögerte einen Moment, dann sagte sie: »Tut mir leid, was ich über deine Mum höre. Klingt, als ginge es ihr gerade nicht sehr gut.«
    Daniel hörte einen Moment auf zu essen. Er ballte die Hand um seine Gabel zur Faust und bohrte sie sachte in den Tisch. Er sah, dass sie ein goldenes Kreuz um den Hals trug. Er bestaunte einen Augenblick den winzigen Schmerzensmann, der darin eingraviert war.
    »Und warum bist du hierhergekommen?«, fragte er, wobei er mit der Gabel auf sie zeigte. »Warum aus einer Großstadt hierherziehen? An den Arsch der Welt.«
    »Mein Mann wollte hier leben. Wir haben uns unten in London kennengelernt. Ich habe dort als Psychiatriekrankenschwester gearbeitet, nachdem ich aus Irland weggegangen war. Er war Elektriker, unter anderem. Er ist hier in Brampton aufgewachsen. Für mich war der Ort damals so gut wie jeder andere. Er wollte hier leben, und das war herrlich für mich.« Sie trank den letzten Schluck ihres Drinks, und das Eis klapperte. Sie hatte jetzt denselben Blick in ihren Augen wie in dem Moment, als er sie mit dem Messer bedroht hatte.
    »Was ist eine Psychiatriekrankenschwester?«
    »Na ja, das ist eine Krankenschwester, die sich um Leute mit Geisteskrankheiten kümmert.«
    Ihre Blicke trafen sich einen Moment lang, dann guckte er weg.
    »Dann bist du also geschieden?«
    »Nein, mein Mann ist gestorben«, sagte sie, stand auf und wusch ihren Teller ab. Daniel betrachtete ihren Rücken, während er seinen Tee austrank. Er kratzte ein bisschen auf dem Teller.
    »Es ist noch mehr da, wenn du möchtest«, sagte sie, noch immer mit dem Rücken zu ihm. Er hätte noch mehr gewollt, sagte aber, er sei satt. Er trug den Teller zu ihr, und sie bedankte sich. Dabei bemerkte er, dass ihr Blick sich verändert hatte und wieder freundlich war.
    Als sie mit dem Abwasch fertig war, kam sie mit ein paar Handtüchern in sein Zimmer herauf und fragte, ob er noch etwas brauche, zum Beispiel Zahnpasta oder eine Zahnbürste.
    Er saß auf dem Bett und betrachtete die roten Wirbel im Teppichmuster.
    »Ich leg dir eine ins Badezimmer. Ich habe ein paar neue. Brauchst du sonst noch was?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Du hast nicht viele Sachen, was? Vielleicht müssen wir dir was zum Anziehen für die Schule kaufen.« Sie machte den Kleiderschrank auf und prüfte den Saum der einen langen Hose, die er dort hineingehängt hatte.
    Daniel ließ sich auf das Bett plumpsen, steckte die Hände in die Hosentaschen und zog den kleinen Porzellanschmetterling hervor. Er machte es sich bequem und untersuchte ihn. Sie redete mit ihm, bückte sich, um Sachen vom Boden aufzuheben, und schloss die Fenster. Beim Bücken grunzte und seufzte sie leise.
    »Was hast du da?«, sagte sie plötzlich.
    Daniel steckte den Schmetterling wieder in die Hosentasche, aber sie hatte ihn schon gesehen. Er lächelte. Ihm gefiel der Ausdruck auf ihrem Gesicht. Es zitterte vor Besorgnis. Mit fest zusammengepressten Lippen stand sie am Fußende seines Betts und sah ihn mit gerunzelter Stirn an.
    »Das gehört dir nicht.«
    Er blickte zu ihr hoch. Seltsam, dass sie vor dem Messer nicht zurückgezuckt war, aber wegen eines doofen Porzellanschmet terlings durchdrehte. Sie sprach so leise, dass er sich auf dem Bett etwas aufsetzen musste, um sie zu verstehen. Er musste versuchen, nicht zu atmen.
    »Daniel, ich weiß, wir kennen uns nicht allzu gut. Ich weiß, du hattest eine schwierige Zeit, und ich werde tun, was ich kann, um dir das Leben leichter zu machen. Ich erwarte gewisse Schwierigkeiten. Ansonsten wäre ich nicht in diesem Geschäft. Aber es gibt einige Dinge, die du respektieren musst. Nur so wird das hier funktionieren. Dieses Schmuckstück kannst du nicht haben. Es hat große Bedeutung für mich. Ich möchte, dass du es auf das Bord zurücklegst, wenn
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