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Der schüchterne Junggeselle

Der schüchterne Junggeselle

Titel: Der schüchterne Junggeselle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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Sinn der Worte Arme, Schultern und Haar waren. Es schien ihm, eine Göttin hätte ihren Schleier gelüftet; unsichtbare Hände gossen ihm Eiswasser über den Rücken.
    Mrs. Waddington warf ihm einen langen, ruhigen Blick zu, der seine Stirn versengte, wandte sich ab und begann mit einem Sodawassermagnaten zu sprechen. Sie legte keinen Wert darauf, Georges Namen wirklich zu erfahren, obgleich sie ihn mit Vergnügen auf einem Grabstein gelesen hätte.
    »Es ist angerichtet«, verkündete der Hausmeister Ferris, geräuschlos auftauchend wie ein Dschinn, der auf das Reiben einer Lampe erscheint.
    George wurde von den Millionären in das Speisezimmer mitgerissen.
    Es gibt wenig, was einen schüchternen und empfindsamen jungen Mann mehr verwirren kann als eine Dinnergesellschaft, bei der ihm etwas zu sagen scheint, daß seine Anwesenheit nicht erwünscht ist. Das Etwas, das George Finch zu sagen schien, seine Anwesenheit bei dieser festlichen Versammlung sei nicht erwünscht, war Mrs. Waddingtons Auge, dessen Blicke ihn gerade in den Augenblicken zermalmten, in denen er zu fühlen begann, daß er sich, wenn er mit sanfter Nachsicht und Freundlichkeit behandelt würde, vielleicht erholen könnte.
    Infolgedessen kann nichts von George Finchs Beiträgen zur Dinnerunterhaltung berichtet werden. Er gab keine Epigramme von sich. Er erzählte keine guten Anekdoten. Er sprach nur ein einziges Mal, und das war, als er dem Bedienten »Sherry« sagte und »Weißwein« meinte.
    Endlich war das Dinner mit den Bank- und Börsengesprächen der großen Geschäftsleute überstanden; man trank Kaffee und rauchte Zigarren, und die Magnaten versammelten sich an dem Ende des Tisches, an dem Mr. Waddington saß. Doch dieser entrann ihnen mit einer behenden Seitenbewegung und begab sich zu George.
    »Im Westen draußen«, sagte Mr. Waddington in grollenden Tönen, die ›Fusionierten Zahnbürsten‹ boshaft anblickend, »würde man dem Kerl auf die Füße schießen.«
    George war gleichfalls der Meinung, daß ein derartiges Vorgehen im Westen nur Ehre bringen könnte.
    »Diese Leute aus dem Osten hängen mir zum Hals heraus«, erklärte Mr. Waddington.
    George bekannte sich zu einem ähnlichen Gefühl.
    »Wenn man bedenkt, daß in diesem Augenblick in Utah und Arizona«, sagte Mr. Waddington, »starke Männer ihre Packtaschen versorgen und mit Lassos sichern, dann weiß man nicht recht, ob man lachen oder weinen soll, nicht?«
    Ja, das sei das Problem, meinte George.
    »Sagen Sie, hören Sie mal«, rief Mr. Waddington, »ich will bloß diese Dickwänste da hinaufschaffen, und dann wollen wir in mein Zimmer gehen und vernünftig miteinander reden.«
2
    Nichts stört ein Tête-à-tête zwischen zwei neuen Freunden mehr als Schweigsamkeit des Älteren von den beiden; es war daher ein Glück, daß der gute Einfluß Zane Greys und reichlicher Trankopfer Sigsbee H. Waddington in mitteilsame Laune gebracht hatte. Er klopfte George auf das Knie, erklärte ihm dreimal, daß ihm sein Gesicht sympathisch sei, und begann:
    »Sind Sie verheiratet, Winch?«
    »Finch«, sagte George.
    »Was meinen Sie mit Finch?« fragte Mr. Waddington verblüfft.
    »Ich heiße Finch.«
    »Na und?«
    »Sie sagten Winch.«
    »Warum?«
    »Ich dachte, Sie dächten, ich heiße so.«
    »Wie?«
    »Winch.«
    »Sie sagten doch eben, Sie heißen Finch.«
    »Ja, so heiße ich. Ich sagte …«
    Mr. Waddington klopfte ihm wieder auf das Knie.
    »Junger Mann«, sagte er, »nehmen Sie sich zusammen. Wenn Sie Finch heißen, warum behaupten Sie dann, daß Sie Winch heißen? Diese Verschlagenheit gefällt mir nicht. Sie steht einem Westländer nicht. Überlassen Sie diese kleinlichen Winkelzüge Ostländern von der Art dieser wüsten Witwen- und Waisenbedrücker dort oben, die alle nierenkrank sind. Wenn Sie Pinch heißen, dann geben Sie es zu wie ein Mann. Deine Rede sei ja, ja, nein, nein«, sagte Mr. Waddington ein wenig streng, ein Streichholz an die Füllfeder haltend, die er, was in Augenblicken der Erregung dem Besten geschehen kann, mit seiner Zigarre verwechselt hatte.
    »Ich bin es nicht«, sagte George.
    »Was?«
    »Verheiratet.«
    »Ich habe nie behauptet, daß Sie es sind.«
    »Sie haben mich danach gefragt.«
    »So?«
    »Ja.«
    »Wissen Sie das sicher?« fragte Mr. Waddington scharf.
    »Ganz sicher. Gleich als wir uns setzten, fragten Sie mich, ob ich verheiratet bin.«
    »Und Ihre Antwort war …«
    »Nein.«
    Mr. Waddington seufzte erleichtert auf.
    »Das hätten

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