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Der Schritt hinueber - Roman

Der Schritt hinueber - Roman

Titel: Der Schritt hinueber - Roman
Autoren: Franz Tumler
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Kein Hahn würde nach uns krähen. Aber da sind Sie einfach dagewesen, Sie sind an jeden von uns herangetreten, und schließlich haben Sie uns so weit gebracht. Ja, für uns ist es nicht mehr dieselbe Welt. Vielleicht auch für Ihren Mann nicht mehr, – das wird sich noch zeigen! Und Sie, Mascha, nun bekommen Sie Ihr Kindchen, und auch darüber möchte ich Sie gern beruhigen. Sie brauchen sich so wenig zu fürchten wie damals, als Sie bei mir waren. Wir sind hier alle derselben Meinung, die ich Ihnen jetzt ausgedrückt habe! Wirklich, Sie können sich beruhigen, – wollen Sie sich daran, bitte, immer erinnern!
    Sie hing völlig ungeniert an seinem Hals und hörte ihm zu. Auch Fräulein Pallas-Ledwinka hörte zu. Ihr Gesicht strahlte vor Glück. Susanna dachte: ob ich wohl auch so aussehe, glückselig, – gewiß sehe ich so aus! denn alle diese hier verstehen mich nun endlich, so wie der Kapitän es erklärt, sie nehmen es mir nicht mehr übel, daß ich so bin, und die Pallas-Ledwinka ist die freundlichste Person, die ich kenne, sie unterhält sich einstweilen mit Kolja und Axel, bis ich sie selber begrüßen kann. Hoffentlich führt das dann nicht wieder zu Verwirrungen, wie soll ichs nur machen mit den beiden …
    Sie dachte es, und schon geschah es; alles, was sie dachte, begab sich, weil es in ihr selber war, aufs Einfachste – und es war nicht zu viel Phantasie, sondern war sogleich Wahrheit – ganz so, wie sie es den Kapitän hatte sagen hören, die Phantasie war hier kein Fehler.
    Sie setzte sich nun auch zu Axel und dann zu Kolja. Aber wieder, wie gedacht: es gab keine Verwirrung. Als ob nichts gewesen wäre, kehrte sie zu dem Kapitän zurück. Er war doch, wenn man so sagen durfte, ihr Tischherr, und nicht umsonst hatte er sich immer um sie gekümmert, und nun ließ er sie nicht im Stich. Immer war ja etwas anderes geschehen, als das, was wirklich geschah. Aber zu jenem Abend, den sie bei ihm gewesen war, hatte er sich nun vor der ganzen Gesellschaft bekannt.
    Fräulein Pallas-Ledwinka erfaßte sofort, was diese Enthüllung bedeutete. Der Kapitän und Susanna, – ach, wir haben es ja immer vermutet, rief sie, es ist also wirklich wahr!
    Susanna blickte dankbar auf den Kapitän. Sie warf einen Blick auf das andere Paar an der Mauer. Dort hatte sich nichts geändert. Die Lehrerin hielt Spasso umschlungen. Aber was sollte mit Kolja und Axel geschehen? Fräulein Pallas-Ledwinka verstand die Blicke, sie nahm wieder Platz zwischen den beiden.
    Das waren immerhin erstaunliche Gewißheiten für Susanna. Sie sollte ein Kind bekommen, Axel hatte es verleugnet, da erschien der Kapitän, und es erwies sich ihr: endlich war jemand da, der nicht an ihr zweifelte. Er fragte nicht nach Kolja und Axel, er bekannte sich zu ihr. Sie war glücklich.
    Jorhan hatte von ihrer Abwesenheit nichts bemerkt, und bei ihm mußte sie ein wenig trinken, um ihn nicht deutlich zu sehen. Ihm aber brachten Essen und Trinken die Erinnerung an drüben. Die Butterbrote waren von Fini. Er dachte an sie, und an sein Haus dort drüben, Haus und Daheimsein; und Anhänglichkeit, Hoffnung regten sich in ihm, als könne er die trübe Zwischenzeit vergessen und das alte Leben wiedersehen. Die Worte erwärmten ihn: Wiedersehen und altes Leben, – durfte er denn vertrauen? Er sah es in Susanna wieder, er streichelte ihre Hand und sah ihr Gesicht, das, klein und wie gefroren, dem seinen nahe war. Sie waren nun allein.
    Wiedersehen und allein – aber sie wollte wohl noch etwas trinken, sie wollte vielleicht nicht gleich zu Bett gehen. Sie nahm einen Schluck aus dem Zahnputzglas, dann trat sie ans Fenster. Nebel war eingefallen, und das starke Licht, das im Hof brannte, machte ihn glänzen wie Schnee, und auch ihr Kleid war wie Schnee. Sie sagte: Man braucht nicht Licht zu machen. Es ist wie der Mond. Nach einer Weile sagte sie: Aber jetzt ist nicht Mond! Er dachte: sie erinnert sich an etwas. Er trat auf sie zu wie jemand, der teilnehmen will, gemeinsam mit dem anderen ein Bild sehen, und er richtete es so ein, daß sie sich mit ihrem Arm auf ihn stützen konnte, und dies war nun seine Erinnerung – so hatte sie es früher getan. Er nahm das als ein Bild: alles, wie es früher gewesen war, und sie war zu ihm gekommen und hatte es mitgebracht, das Gemeinsame, die Erinnerung, auch den Mond! hier in der „Neuen Welt“ war es freilich Nebel.
    Wir waren getrennt, jetzt sind wir wieder beisammen! Er preßte ihren Arm an sich.
    Aber sie blieb bei sich
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