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Der Schreibcoach

Der Schreibcoach

Titel: Der Schreibcoach
Autoren: Ingrid Glomp
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besser
    „Kurze Wörter sind die besten und die alten Wörter,
wenn kurz, sind die allerbesten.“
    Das meinte Winston Churchill, englischer Premierminister und Literatur-Nobelpreisträger. Sicher kennen Sie das Zitat aus Churchills berühmter Rede. Was er seinen Landsleuten während des Zweiten Weltkriegs bieten konnte, waren „Blut“, „Schweiß“ und „Tränen“. Diese Wörter erfüllen beide Kriterien: Sie sind kurz und sie sind alt – sie stammen aus den Kindertagen der Menschheit.
    Das vollständige Zitat lautet übrigens: „I have nothing to offer but blood, toil, tears and sweat.” „Mühsal“ – „toil“ – klingt auf Deutsch schon nicht mehr ganz so gut. Aber zumindest sind alle vier Begriffe kurz und einfach, besonders im Englischen.
    Auch die Krimiautorin Agatha Christie ist ein Beispiel dafür, wie man den Leser mit einfachen Wörtern packt. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Dame Agatha ein sehr begrenztes Vokabular verwendete.
    Einfache Wörter haben mehr Schlagkraft. Lange und abstrakte Wörter sowie Fremdwörter dagegen hemmen den Lesefluss.
!
Wenn Sie Ihre Mitmenschen beeindrucken möchten, sollten Sie keine unnötig langen Wörter verwenden. Ein Forscher an der amerikanischen Princeton University hat entdeckt: Wer einfach schreibt, wirkt klüger. (Das Gleiche gilt übrigens für Autoren, die einfache, gut lesbare Schriften verwenden.)
    Ein abschreckendes Beispiel
    Nicht zufällig hat sich an dieser Schnittstelle ein „Interface“ herausgebildet, innerhalb dessen die Wissenschaftskommunikation in öffentliche Kommunikation „umformatiert“ wird, um „Public Understanding“ zu erzeugen.
    Eine kurze Anmerkung zu diesem Beispiel: Wenn ein Autor Begriffe in Anführungszeichen setzt, bedeutet dies häufig, dass er sie selbst für zu kompliziert hält, sie jedoch nicht übersetzen kann oder will. Achten Sie einmal in Ihren eigenen Texten darauf. (In diesem Buch erfüllen die Gänsefüßchen einen anderen Zweck. Ich verwende sie, um Wörter zu kennzeichnen, die mir als Beispiel dienen.)
    Zum Glück sind Sie nicht gezwungen, sich kompliziert auszudrücken.
Wählen Sie von zwei Begriffen den kürzeren. Also
„im Blut“, nicht „in der Blutbahn“,
„Leser“, nicht „Leserschaft“,
„Fragen“, nicht „Fragestellungen“.
In seinem Buch „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“ beschreibt Bastian Sick, wie das Anhängsel „-bereich“ um sich greift. Oft kann man es streichen, ohne dass der Sinn Schaden nimmt:
„Schulter“ statt „Schulterbereich“,
„Sport“ statt „Sportbereich“,
„Sprache“ statt „Sprachbereich“
und so weiter. Andere beliebte Anhängsel, die oft entfallen können, sind: -gebiete, -komplex, -kreise,-problematik, -prozess, -sektor.
Vorsilben, etwa aus Präpositionen wie „nach“ oder „auf“, können Sie ebenfalls häufig streichen: absenken, an steigen, auf zeigen, er ahnen, mit helfen, nach folgen, über prüfen, vor warnen, zurück erinnern.
Ich möchte Ihnen in diesem Kapitel aufzeigen, dass die Lesbarkeit Ihrer Texte ansteigt, wenn Sie überprüfen, ob diese unnötig lange Wörter enthalten, und Sie die entsprechenden Ausdrücke oder Vorsilben aus dem Manuskript herauslöschen.
Die jeweils kürzere Form reicht. Stimmt’s?
Vielleicht müssen Sie sich erst an eine Schreibweise ohne Verzierungen gewöhnen. Die Leser werden es Ihnen jedoch danken.
Wählen Sie von zwei Formulierungen die konkretere. Also:
„Arme und Beine“, nicht „Gliedmaßen“
„Rose“, nicht „Blume“,
„Eiche“, nicht „Baum“,
„Gläser“ oder „Tassen“, nicht „Trinkgefäße“,
„Akte“ oder „Brief“, nicht „Schriftstück“.
Warum? Konkrete Ausdrücke lassen vor dem geistigen Auge ein Bild entstehen und bleiben besser im Gedächtnis.
Churchill kannte die Wucht konkreter Begriffe. Er stellte seinen Landsleuten nicht „Lebensgefahr, Leid und Anstrengung“ in Aussicht, sondern „Blut, Tränen und Schweiß“. Das zweite Wort dieser Aufzählung in seiner berühmten Rede – „blood, toil [Mühsal], tears and sweat“ – vergessen die meisten. Es ist zu abstrakt.
Wenn es ein gängiges deutsches Wort gibt, verwenden Sie es und verzichten Sie auf das Fremdwort. Schreiben Sie also:
„überflüssig“ oder „veraltet“, nicht „obsolet“
„nach und nach“, nicht „sukzessive“,
„herausfinden“ oder „ermitteln“, nicht „eruieren“,
„freie Stelle“, nicht „Vakanz“,
„(ab)geändert“, nicht
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