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Der Schreibcoach

Der Schreibcoach

Titel: Der Schreibcoach
Autoren: Ingrid Glomp
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(oder affirmative, wie Fachleute sie nennen). Genauer gesagt, benötigen sie mehr Zeit, um Verneinungen zu begreifen.
    Wolf Schneider erwähnt eine amerikanische Studie, der zufolge man etwa 50 Prozent mehr Zeit braucht, eine verneinende Satzaussage zu verstehen als eine bejahende.
    Natürlich können und sollen Sie nicht jede Verneinung vermeiden. Häufig gibt es jedoch einen Begriff, der das Gegenteil bedeutet und mit dem sich dasselbe in positiver Form sagen lässt. Schreiben Sie also „oft“ statt „nicht selten“, „nah“ statt „unweit“.
    Nicht „Nicht weit entfernt gibt es einen Kindergarten und eine Schule“, sondern „In der Nähe gibt es einen Kindergarten und eine Schule“.
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Übrigens sind Verneinungen in der deutschen Sprache besonders problematisch, weil sich das „nicht“ noch kurz vor dem Ende – oder ganz zum Schluss – in einen Satz hineinquetschen und dessen Sinn ins Gegenteil verkehren kann. Das treibt besonders Dolmetscher zur Verzweiflung. Beispiel gefällig? Eine Pressemitteilung war so überschrieben: „Musik bei den Schularbeiten stört Lernfähigkeit nicht“.

    Doppelte Verneinungen sind für viele Menschen unverständlich
    Eine Katastrophe ist, wie gesagt, die doppelte Verneinung. Das kann auch eine Kombination aus „nicht“ und der Vorsilbe „un-“ sein wie in „Sie ist nicht unbegabt“.
    Man weiß, dass doppelte Verneinungen erstaunlich viele Menschen überfordern. Und alle müssen sich beim Lesen mehr anstrengen.
    Den folgenden Satz habe ich im Reiseteil einer Frauenzeitschrift gefunden: „Auch von November bis Juli gibt es keine Garantie, dass es nie regnet.“ Geben Sie zu: Man muss schon genau aufpassen, den Satz vielleicht zwei- oder dreimal lesen, um zu begreifen, was gemeint ist. In diesem Fall kann man leider nicht einfach die Verneinungen streichen. Denn dann steht da: „Auch von November bis Juli gibt es eine Garantie, dass es regnet.“ Wahrscheinlich meinte die Autorin: „Auch von November bis Juli kann es hin und wieder regnen“ oder „… ist Regen nicht ausgeschlossen.“ So ist es verständlicher, oder? Denn das Gehirn muss beim Lesen – und Begreifen – einen Schlenker weniger machen als bei der zweifachen Verneinung.
    Zum Glück gibt es mehrereeinfache Lösungen für dieses stilistische Problem.
Wie schon gesagt, können Sie bei einer einfachen Verneinung mit einem entgegengesetzten Begriff positiv formulieren.
Nicht „Degustationen laufen bei Wodka nicht anders ab als bei Wein“, sondern „Degustationen laufen bei Wodka genauso ab wie bei Wein“.
Bei doppelten Verneinungen können Sie häufig „nicht“ beziehungsweise „un-“ streichen.
Nicht „Sein Verhalten war in den Augen der Polizei nicht unverdächtig“, sondern „Sein Verhalten war … verdächtig“. .
Oder Sie kombinieren die beiden Methoden: Ersetzen Sie ein Wort durch einen gegenteiligen Begriff und streichen die Verneinung.
Nicht „Die wenigsten hatten es nicht bemerkt“, sondern „Die meisten hatten es bemerkt“.
Manchmal muss man auch umformulieren. Es gibt Sätze, da können Sie die Verneinungen nicht einfach entfernen, weil sich dann der Sinn ändert.
Beispiel: „Hersteller müssen nicht zeigen, dass Vitamine keine Nebenwirkungen haben.“ Wenn ich das nicht und das keine entferne, entsteht ein völlig anderer Sinn.
Stattdessen kann ich schreiben: „Hersteller müssen Vitamine nicht auf Nebenwirkungen testen.“ Oder: „Hersteller müssen nicht untersuchen, ob Vitamine Nebenwirkungen haben.“
    Erinnern Sie sich an meinen Satz vom Anfang?
    „Doppelte Verneinungen sind nicht selten keine gute Idee.“
    Er lässt sich auf unterschiedliche Weise verbessern:
Streichen Sie beide Verneinungen. Dann wird daraus:
„Doppelte Verneinungen sind selten eine gute Idee.“
Oder verkehren Sie eines der verneinten Wörter ins Gegenteil:
„Doppelte Verneinungen sind meistens keine gute Idee.“
Oder verkehren Sie beide Wörter ins Gegenteil: „Doppelte Verneinungen sind meistens eine schlechte Idee.“
    Bei diesem Beispiel bleibt bei allen Versionen der Sinn erhalten. Ansonsten müssen Sie von Fall zu Fall ausprobieren, was am besten passt.
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Die Ausnahme
    In seltenen Fällen kann und soll eine doppelte Verneinung einer Aussage Pfiff geben. Wie im folgenden Beispiel kann sie Leser – mit leichter Ironie – zum Nachdenken bringen: „Männliche Erwartungen nicht zu erfüllen, ist nicht Richtschnur meines Handelns.“ Das habe ich so oder so ähnlich bei einer
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