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Der Schockwellenreiter

Der Schockwellenreiter

Titel: Der Schockwellenreiter
Autoren: John Brunner
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habe ich Schluß gemacht, als ich an etwas geriet, was mir ein außergewöhnlich belastungsstarkes Erinnerungsbild zu sein schien, also werde ich ihn nun zum entsprechenden Zeitpunkt regressivieren und diese Einstellung wählen, so daß wir verfolgen können, was sich daraus entwickelt.«
    »Was für ein Erinnerungsbild?«
    »Von einem Mädchen im Alter von etwa zehn Jahren, das wie besessen durch die Finsternis läuft.«
Zum Zwecke der Identifikation
    Gegenwärtig bin ich Arthur Edward Lazarus, Beruf Geistlicher, Alter sechsundvierzig Jahre, ledig; Gründer und Inhaber der Kirche der Unendlichen Einsicht, eines vormaligen Autokinos (und womit könnte eine Kirche ihren Anfang besser machen als mit einer erfolgreichen Bekehrung?) in der Nähe von Toledo in Ohio, das vorher schon jahrelang außer Betrieb war, jedoch weniger, weil die Leute das Kinogehen im wesentlichen eingestellt hatten - man dreht noch Filme, denn es findet sich immer eine Zuschauerschaft für die BreitwandPornos jener Art, die die 3dF-Programme aus den Kreisbahnen der Piratensatelliten nahezu im Handumdrehen abschmettert -, sondern mehr deshalb, weil der Standort sich auf Land befindet, das umstritten ist zwischen Billys Brüderlichen Baptisten, einer protestantischen, und den Gralsrittern, einer katholischen Rotte. Niemand ist scharf darauf, sein Eigentum einem Klüngel zuzuschlagen. Kirchen pflegen sie normalerweise aber zu respektieren, und der Einflußbereich der nächsten islamischen Rotte, den Kindern Jiads, liegt fünfzehn Kilometer weiter westlich.
    Meine Code-Nummer beginnt natürlich mit 4GH, und so war es während der vergangenen sechs Jahre.
    Vormerken: Herausfinden, ob es mittlerweile Veränderungen im Status eines 4GH gegeben hat, vor allem jedoch, ob inzwischen etwas besseres eingeführt worden ist. irgendein Schuh, den man sich von Herzen gern anzieht.
Katz und Maus
    Blind vor Kummer lief sie unter einem Himmel dahin, der von tausend zusätzlichen Sternchen prunkte, die ihn schneller umkreisten als Minutenzeiger. Die Juniluft rauhte ihre Kehle mit Staub auf, in ihren Beinen schmerzte jeder Muskel, auch in ihrem Leib, sogar den Armen, aber sie rannte unentwegt mit aller Kraft, die sie aufbieten konnte, immer weiter, Es war so heiß, daß ihre Tränen, die ihr aus den Augen kullerten, im gleichen Moment trockneten, da sie flossen.
    Manchmal lief sie über mehr oder weniger ebenen Straßenbelag, seit Jahren nicht ausgebessert, aber noch ziemlich fest; bisweilen überquerte sie holprigen Untergrund, vielleicht einstige Gelände von Fabriken, deren Eigentümer ihre Unternehmen in den Orbit verlagert hatten, oder von Häusern, schon vor langem während irgendeiner Unruhe durch irgendeine Rotte restlos verrottet.
    Voraus glommen düstere Lichter und erleuchtete Schilder, die einen Highway säumten, durch die Schwärze. Drei der Schilder wiesen auf eine Kirche hin und verhießen den eingetragenen Mitgliedern ihrer Glaubensgemeinschaft kostenfreie Delphi-Beratung.
    Sie starrte wild umher und blinzelte, um ihr Blickfeld zu klären, und da sah sie eine ungeheuer große, bunte Kuppel, die wirkte, als habe jemand einen Lampenschirm aus einem Kugelfisch zu solcher Größe aufgeblasen, daß er die Maße eines Wales übertraf.
    In angemessenem Abstand observierte sie ein Mann in einem Elektro-Auto, indem er sich an der Anzeige des Funkindikators orientierte, der im Papierkleid verborgen war, das allein sie außer Sandalen trug, und hoffte, während er immer wieder ein Gähnen unterdrücken mußte, daß die Verfolgung wenigstens am heutigen Sonntag nicht zu ausgedehnt oder zu langweilig sein werde.
Kleiner Gewinn im Bauch des großen Wals
    Hochwürden Lazarus war nicht nur das Oberhaupt seiner Kirche, er wohnte auch darin: sein Heim war ein Wohnwagen, der hinterm Kosmorama-Altar geparkt stand - früher die Projektionsfläche, zwanzig Meter hoch. Wie anders hätte ein Mann mit der Befugnis eines Geistlichen sich soviel Zurückgezogenheit und zugleich soviel Platz leisten können?
    Umgeben vom Nonstop-Summen des Kompressors, der seine vielfarbige Plastikkuppel aufgeblasen hielt - dreihundert mal zweihundert Meter mal neunzig Meter in der Höhe -, saß er allein an seinem Schreibtisch im Vorderabteil des Wohnwagens, seinem winzigen Büro, und computerte das Ergebnis der heutigen Kollekte. Er hatte Grund zur Besorgnis. Seine Vereinbarung mit der Coley-Group, die zu seinen Gottesdiensten die Musik lieferte, beruhte zwar auf einem Prozentanteil, aber ein
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