Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schlangenmensch

Der Schlangenmensch

Titel: Der Schlangenmensch
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
Kugelschreiber
seitlich unter die Lasche und rollte sie vorsichtig auf.
    Zehn Fotos glitten ihm in die
Hand. Farbfotos. Sie zeigten Gemälde. Natürlich die mittelalterlichen Meister,
die er vorhin bewundert hatte. Aus dem Gedächtnis verglich er die zehn
fotografierten Bilder mit jenen, die — durch Papierschnipsel gekennzeichnet —
in der Galerie hingen.
    Es handelte sich um dieselben.
    Alles klar, Herr Graf. Deshalb
also brauchen Sie Einbrecher. Nächtens werden die eines der schönen
Schloßfenster knacken. Während Sie sich, Herr Graf, irgendwo — weit entfernt
von Ihrem Zuhause — befinden. Malowitz und Gerlich sollen diese zehn Gemälde,
von denen Sie sich ja niemals trennen werden, in ein vorbereitetes Versteck
bringen. Ihr Versteck, natürlich, Herr Graf. Die Polizei wird dann feststellen,
die Bilder sind gestohlen. Kunstraub! Und die Versicherung muß ein - nein,
zehn! — Vermögen berappen. Davon bezahlen Sie die Herren Einbrecher. Und Sie
selbst sind dann ein reicher Mann, der sich nicht mehr mit Forellenzucht und
Frühstückseiern ohne Nachfrage abschinden muß. Und die Kleinodien
abendländischer Kunst sind nach wie vor im Besitz des Grafen Falkenstein.
    Schlau! Aber so schlau nun auch
wieder nicht! Sie scheinen nicht zu wissen, Herr Graf, daß es eine TKKG-Bande
gibt!
    Hochgestimmt fuhr Tarzan zur
Stadt zurück.
    In einem Papierwarengeschäft
kaufte er eine kleine Tube Klebstoff.
    Sorgfältig verschloß er den
braunen Umschlag.
    Nur einem sehr mißtrauischen
Auge wäre jetzt noch was aufgefallen.
    Natürlich würde er die Fotos
abgeben. Malowitz, Gerlich und der Graf sollten sich in Sicherheit wiegen.
    Aus südlicher Richtung kommend,
bog Tarzan in die Hinter-den-Gärten-Straße ein.
    Ein Stück voraus knatterte ein
Mopedfahrer.
    Gleich, dachte Tarzan, stehe
ich diesem Malowitz Auge in Auge gegenüber.
    Er fuhr an den Schrebergärten
entlang. Auch heute war hier kein Betrieb. Der würde erst einsetzen, wenn es
wärmer wurde.
    Als Gerlichs Adresse in Sicht
kam, verlangsamte Tarzan das Tempo.
    Der buntscheckige Kombi stand
vor dem Haus. Aber nicht das war der Grund.
    Er beobachtete den Mopedfahrer.
Der hielt bei dem Kombi, stieg ab, parkte seine „Nähmaschine“, blickte zum
Haus, schien zu zögern, nahm die Schirmmütze ab und strich sich übers Haar.
    Der Mann trug einen
Tankwart-Overall und darunter einen dicken Wollpullover. Der Mann war schmal
und noch dünner als Karl. Aber seine Bewegungen verrieten Beweglichkeit, als
wäre er aus Gummi.
    Der Schlangenmensch! schoß es
Tarzan durch den Kopf. Na, klar! Das ist Ankes Vater. Aber was, zur neunfüßigen
Klapperschlange! will der denn hier. Ich denke, der hat mit dem Lumpenpack
nichts im Sinn, sondern standhaft alle Versuchungen von sich gewiesen — und
wären sie noch so verführerisch, finanziell gesehen!

    Er beobachtete, wie Dürrmeier
zum Haus ging und eingelassen wurde.
    Augenblicke später parkte
Tarzan seinen Drahtesel bei der Laube, die der TKKG-Bande schon gestern
nachmittag als Versteck gedient hatte.
    Er lugte um die Ecke und sah:
Auch jetzt stand beim Haus einer der Fensterflügel offen.
    Rasch zog er seinen roten
Pullover aus, der im saftigen Grün der Farne verräterisch gewesen wäre. Das
grünbraun gemusterte Hemd war es nicht.
    Wieder pirschte er an. Den Weg
kannte er bestens. Als er sich bäuchlings dem offenen Fenster näherte, hörte er
die Stimmen.
    „...fang nicht wieder davon
an“, sagte Malowitz hart. „Du weißt: Du hast keine Wahl. Denk daran, was wir
mit deinen Kindern machen, wenn du dich weigerst!“
    „Sigi, das kannst du nicht
tun!“ flehte Dürrmeier. „Es wäre unmenschlich!“
    „Unmenschlich ist, wenn man einen
alten Kumpel im Stich läßt.“
    „Seit meiner Verurteilung lebe
ich ehrlich.“ Dürrmeier versagte fast die Stimme. „Du willst mir alles
zerstören. Bitte, laß mich in Ruhe! Ich will nicht mitmachen! Verstehst du denn
nicht!“
    „Und du scheinst nicht zu
verstehen, daß wir dich brauchen! Ohne dich, verdammt noch mal! geht es nicht!
Uns wäre es auch lieber, wir brauchten dich Jammerlappen nicht. Aber ohne dich
ist kein Reinkommen in das verdammte Museum. Und ich lasse mir das große Geld
nicht entgehen, nur weil du es plötzlich mit der Ehrlichkeit hast.“
    „Ich... ich kann einfach
nicht.“
    „Du kannst! Sogar Spaß wird’s
dir machen, sobald der erste Schritt getan ist. Und jetzt kein Wort mehr! Heute
nacht steigt es. Wie wir’s dir gesagt haben. Wir treffen uns kurz vor
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher