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Der schlagende Beweis

Der schlagende Beweis

Titel: Der schlagende Beweis
Autoren: Phillip Margolin
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ausgetrickst. »Gehn Sie schon und amüsieren Sie sich gut!«
    Susan stand auf. »Die Kartons sind im kleinen Konferenzraum, beim Kopierer. Sie müssen morgen unbedingt bis acht in Flynns Büro sein. Und nochmals vielen Dank!«
    Susan war so schnell drau ßen, dass ihr Verschwinden fast wie ein Zaubertrick wirkte. Daniel stand auf und r äkelte sich. Er hatte ohnehin gerade eine Pause machen wollen, und so beschloss er, nachzusehen, worauf er sich gerade eingelassen hatte. Durch den Flur ging er zum Konferenzraum und schaltete das Licht an. Auf dem Tisch standen fünf Kartons. Er machte einen auf. Er war bis oben hin voll mit Papieren. Daniel rechnete überschlägig und kam auf drei- bis fünftausend Seiten pro Karton. Das würde die ganze Nacht erfordern, mindestens. Das war unmöglich. Er würde überhaupt nicht nach Hause kommen. Daniel eilte in den Flur zurück, um zu sehen, ob er Susan noch erreichen konnte, aber sie war schon weg.
DREI
    Der Insufort-Fall hatte mit den Moffitts angefangen. Lillian Moffitt arbeitete als Zahnhygienikerin, und ihr Mann Alan war in der Kreditabteilung einer Bank angestellt. Der Tag, an dem sie erfuhren, dass Lillian schwanger war, geh örte zu den glücklichsten Momenten ihres Lebens. Doch Toby Moffitt kam mit schweren Missbildungen zur Welt, und das Glück verkehrte sich in Verzweiflung. Alan und Lillian versuchten, Tobys tragisches Schicksal als Gottes unergründlichen Ratschluss anzunehmen, doch sie fragten sich, wie dieser Ratschluss ihrem kleinen Jungen solches Leid aufbürden konnte. An dem Tag, als Lillian in den Lebensmittelladen um die Ecke ging und dort in einem Boulevardblatt die Schlagzeile über Insufort las, in der das Medikament als »Nachfolger von Thalidomid« bezeichnet wurde, an dem Tag fiel es Lillian wie Schuppen von den Augen.
    Thalidomid war eine der gro ßen Horrorstorys Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts gewesen. Frauen, die das Medikament in der Schwangerschaft einnahmen, brachten Babys mit delphinartigen Flossen statt normaler Gliedmaßen zur Welt. Der Artikel in der Zeitung behauptete, Insufort sei genauso schädlich wie Thalidomid, und Frauen, die das Mittel nahmen, brächten Monster zur Welt. Lillian hatte Insufort genommen, als sie mit Toby schwanger war.
    An dem Abend, als die Moffitts den Artikel über Insufort gelesen hatten, beteten sie um Gottes Beistand. Am nächsten Morgen riefen sie Aaron Flynn an. Die Moffitts hatten die TV-Werbespots über die millionenschweren Gerichtserfolge des extravaganten Iren gegen einen namhaften Autofabrikanten sowie den Hersteller eines fehlerhaften Verh ütungsmittels gesehen. »Könnte Mr. Flynn wohl Toby helfen?«, fragten sie. »Worauf Sie sich verlassen können«, sagte er.
    Kurz nachdem die Moffitts ihm den Auftrag erteilt hatten, lie ß Flynn in einer Zeitungs- und Fernsehkampagne andere Mütter, die Insufort genommen hatten, wissen, dass er ihnen helfen wolle. Danach stellte er die Information über seinen Fall auf Internetseiten, die gemeinsame Protestaktionen bündelten.
    Überdies versetzte er Freunde bei den Medien in Alarmbereitschaft, indem er verkündete, Toby Moffitts Fall sei nur die Spitze eines Schadensersatzeisbergs. Diese Strategie brachte ihm weitere Klienten.
    Gleich nachdem er den Fall Moffitt gegen Geller Pharmaceuticals vor Gericht gebracht hatte, verlangte er im Namen seiner Klienten von Geller die Offenlegung aller relevanten Dokumente durch deren Anwaltskanzlei Reed, Briggs, Stephens, Stottlemeyer and Compton. Flynn bat um s ämtliche Unterlagen über die Versuchsreihen und die Zusammensetzung von Insufort, über die Warnhinweise an Ärzte, die das Medikament verschrieben, Kopien eventueller anderer Gerichtsverfahren in Verbindung mit dem Produkt sowie Berichte von Ärzten und anderen Personen über Probleme mit Insufort, Daten zum Herstellungsverfahren — und alle weiteren Informationen, die ihm möglicherweise dabei helfen konnten, eine Verbindung zwischen Insufort und Toby Moffitts schrecklichen Deformationen herzustellen. Die Kartons mit den Unterlagen, deren Durchsicht Susan Webster Daniel untergeschoben hatte, stellten nur einen kleinen Teil der Berge des Materials dar, das seit Beginn der Klage gegen Geller Pharmaceuticals durch die Büros von Reed, Briggs in Aaron Flynns Kanzlei geschleust wurden.
    Daniel war w ütend auf Susan, aber er nahm jede Aufgabe ernst, egal, wie routinemäßig sie auch sein mochte. Anfänglich versuchte er, in jedem Dokument jede Seite zu lesen, doch
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