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Der schlagende Beweis

Der schlagende Beweis

Titel: Der schlagende Beweis
Autoren: Phillip Margolin
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Lifttür, was Flynns Aufmerksamkeit gefangen nahm.
    »Bevor Sie gehen, würde ich Sie gerne mit jemandem bekannt machen.«
    Flynn lie ß Daniels Hand los und führte ihn zum Eingang des Büros. Eine verhärmt wirkende Frau etwa Ende zwanzig drückte die Tür mit der Schulter auf und schob einen Buggy in die Lobby. Der kleine Junge von vielleicht sechs Monaten, der in dem Wagen saß, hielt den Kopf gesenkt, und Daniel konnte sein Gesicht nicht sehen. Flynn begrüßte beide.
    »Alice, wie gehts? Und was macht unser kleiner Patrick?« Beim Klang seines Namens blickte der Junge auf. Er hatte ein Büschel blondes Haar in der Farbe von frisch gemähtem Heu und himmelblaue Augen, doch unterhalb seiner Augen war etwas furchtbar schief gegangen. Wo seine Lippe hätte sein sollen, klaffte ein nacktes Loch - gro ß genug, dass Daniel den Speichel sehen konnte, der die Rückseite der Kehle feucht hielt. Patricks linkes Nasenloch war normal, doch seine deformierte Lippe hatte sich in die rechte Hälfte seiner Nase geschoben und sie enorm geweitet. Patrick wäre ein bezauberndes Baby gewesen, doch sein Wolfsrachen entstellte ihn zu einem Monster aus einem Horrorstreifen.
    Flynn hockte sich links neben den Buggy und strich Patrick durchs Haar. Das Kind gab einen pfeifenden, zischenden Ton von sich, der keinerlei Ähnlichkeit mit den Lauten normaler Babys hatte. Daniel kämpfte mit seiner ganzen Willenskraft darum, seinen Abscheu zu verbergen, und hatte ein schlechtes Gewissen, weil er sich von einem Kind abgestoßen fühlte.
    »Daniel, das ist Patrick Cummings«, sagte Flynn freundlich, während er die Reaktion des jungen Anwalts beobachtete. »Und das ist Alice Cummings, Patricks Mutter. Zu ihrem Unglück hat sie während der Schwangerschaft Insufort genommen.«
    »Freut mich, Sie kennen zu lernen, Mrs. Cummings«, sagte Daniel, und es gelang ihm, einen unbekümmerten Ton anzuschlagen. Doch Patricks Mutter fiel nicht darauf herein. Sie konnte sehen, wie abstoßend ihr Sohn auf Daniel wirkte, und sie konnte nicht verbergen, wie traurig sie darüber war.
    Daniel f ühlte sich schrecklich. Er wollte, so schnell er konnte, aus Flynns Büro verschwinden, aber er zwang sich, auf Wiedersehen zu sagen und langsam zum Fahrstuhl zu gehen, sodass Patricks Mutter nicht denken musste, er fliehe vor ihrem Sohn. Als sich die Lifttüren schlössen, sackte Daniel gegen die Kabinenwand. Bis eben waren die Kinder im Fall Geller für ihn nur Namen auf einem Schriftsatz gewesen, doch Patrick Cummings war aus Fleisch und Blut. Während er mit dem Fahrstuhl hinunterfuhr, stellte er sich vor, was f ür ein Leben auf Patrick wartete. Würde er jemals Freunde haben? Würde er eine Frau finden, die ihn liebte? War sein Leben schon vorbei, bevor es richtig angefangen hatte?
    Und es gab noch eine Frage, die nach einer Antwort verlangte: War Insufort schuld am Schicksal von Patrick Cummings?
VIER
    Irene Kendall hatte sich kurz vor acht in der Bar des Mirage von dem Freier aufgabeln lassen. Er hatte gerade beim W ürfeln gewonnen und sonnte sich in seinem Glück. Sie hatte ihm aufmerksam zugehört, als er sich mit seinem Können als Spieler brüstete. Als ihm seine Drinks allmählich zu Kopfe stiegen, deutete Irene an, dass sie möglicherweise für ein sexuelles Abenteuer zu haben sei. Erst als sie sicher war, dass der Freier angebissen hatte, erklärte sie ihm, sie mache es für Geld, und sie nannte ihm ihre Preise. Der Freier lachte und sagte, der Portier habe ihn an sie verwiesen. Er sagte, er bevorzuge Sex mit Huren.
    Der Freier hatte sie im Voraus bezahlt und ihr hinterher ein Trinkgeld gegeben, und er war nicht grob geworden oder hatte irgendwas Exotisches verlangt. Das einzig Schlechte an dem Abend war das Motel, ein billiges Stundenhotel in einem heruntergekommenen Stadtteil. Eine Menge von Irenes Kunden blieben mit ihr in den erstklassigen Zimmern des Mirage oder der anderen Casinos auf dem Strip, und das Motel war eindeutig ein Abstieg. Immerhin war es sauber, und der Freier war mit einem schnellen Rein-raus-Fick zufrieden, sodass sie f ür ihr Geld nicht hart arbeiten musste. Als Irene sich fertig machte, um zu gehen, erklärte der Freier zu ihrer Überraschung, sie könne ruhig in dem Zimmer bleiben, weil er am frühen Morgen ein Flugzeug bekommen müsse. Sie nahm das Angebot an und fiel in einen tiefen Schlaf.
    Irene h örte nicht, dass jemand die Tür gewaltsam öffnete, und sie ahnte nicht, dass jemand im Zimmer war, bis ihr ein Handschuh den
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