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Der schlafende Gott

Der schlafende Gott

Titel: Der schlafende Gott
Autoren: Jesco von Puttkamer
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Überzeugung gewonnen, daß nur ein Bruchteil der wirklichen Fähigkeiten der beiden mutierten Gehirne bekannt war.
    »Eine Frage!« rief eine Stimme aus dem Hintergrund. Matchett wandte sich um und sah eine grauhaarige Frau, die sich drei Reihen weiter hinten erhoben hatte.
    »Hermione Gray, soziologische Abteilung«, stellte sich die Wissenschaftlern vor und griff dann unverzüglich ihr Problem auf. »Sagen Sie, Dr. Matchett, haben sich die beiden Mutanten jemals zu der Frage geäußert, warum sie willens waren, sich der Menschheit zur Verfügung zu stellen?«
    Matchett zuckte die Achseln. Wieder wurde er sich bewußt, wie wenig man tatsächlich über die schlafenden Götter wußte. »Sie haben niemals eine diesbezügliche Erklärung abgegeben, Dr. Gray. Herr Professor Vogel selbst hat sich oft hierzu geäußert und eine Reihe von analytischen Aufsätzen über diese Frage in der Fachliteratur veröffentlicht. Ich habe mir im Lauf der Jahre meine eigenen Gedanken gemacht. Ich vermute, daß King und sein Bruder von Anfang an einsahen, daß sie einzigartig waren, und daß ihnen für ihren Lebensweg – langfristig gesehen – nur drei Möglichkeiten blieben, von denen zwei äußerst radikal waren. Die erste Möglichkeit: Sie übernahmen die Führung über die Menschen und schwangen sich zu den Herren der Erde empor. Die zweite Möglichkeit: Sie lebten abgeschlossen von den Menschen als Einsiedler. Und drittens: Sie nahmen die Hemmnisse einer Bindung mit den Menschen auf sich und stellten sich der Menschheit als Ratgeber zur Verfügung. Was sie wirklich bewogen hat, diesen letzteren Weg einzuschlagen, werden wir mit unserer Denkweise niemals ergründen können, aber …«
    In diesem Augenblick geschah es.
    Ohrenbetäubend und schrill begannen überall im Schiff die Alarmsirenen zu kreischen. In den Abteilungen, in den Bunkern und Lagerräumen, entlang den langen, blitzenden Korridoren, im gigantischen Kommandoraum gellten die Heultöne der dritten Alarmstufe.
    Auf den Instrumententafeln am Fuß der Sichtschirme, vor den dort sitzenden Operateuren, flackerten gelbe Warnlichter auf. Überlastsignale zirpten. Automatisch schnappten irgendwo schwere Ölschalter ein und verstärkten den gewaltigen Energieschirm, der das Schiff schützte. Eine mechanische Synvox-Stimme rief aus den Lautsprechern: »Raumalarm! Achtung, Raumalarm!«
    Dr. Gray fiel erschrocken auf ihren Sitz zurück. Matchett wirbelte herum und starrte zuerst auf die Bildschirme, dann zur Kommandobrücke empor.
     

 
4.
     
    Urplötzlich schien der reglose Pilot in seinem wuchtigen Thronsessel, der sich hoch über den Stufen der Brücke erhob, zum Leben zu erwachen.
    Noch immer kerzengerade aufgerichtet, bewegte er seine Arme mit einer Geschwindigkeit, die auf unglaublich schnelle Reflexe schließen ließ. Seine Finger bedienten die Kontrollorgane auf den Armstützen des Sessels, um dem Computer Befehle zuzustellen, aber seine Augen wichen nicht von den Sichtschirmen.
    Innerhalb weniger Sekunden kam das gigantische Expeditionsschiff TELLUS zum Stehen. Das stetige, in der Zellstruktur des Schiffes mehr fühlbare als hörbare Singen seiner Großtriebwerke durchlief rasch alle Frequenzen und stabilisierte sich auf der tiefen, unterschwelligen Baß-Schwingung der Trägheitskompensatoren. Reglos hing das Schiff in der schwarzen Weite des intergalaktischen Raumes.
    Weit in der Ferne leuchtete der blasse Fleck des Andromedanebels, der das Reiseziel darstellte. Blitzende Lichtpunkte strahlten nadelscharf aus den unermeßlichen Tiefen über Raum und Zeit hinweg.
    Sonst war nichts zu sehen.
    Der Pilot sprach in ein chromglänzendes Mikrophon, das vor ihm in der Luft schwebte und seinen Bewegungen selbsttätig folgte. Seine Stimme kam aus den Lautsprechern.
    »Unbekanntes Flugobjekt ausgemacht. Computer meldet: drei Grad Steuerbord voraus. Entfernung etwa drei Lichtjahre.«
    Nach einem Moment fügte er ausdruckslos hinzu: »Es nähert sich mit unverminderter Geschwindigkeit.«
    Aus dem großen Lautsprecher der Kommandobrücke und aus den Hunderten und aber Hunderten von Lautsprechern überall im Schiff kam eine andere Stimme, hart, entschlossen und kraftvoll. Es war Captain Tchekhov.
    »Höchste Alarmstufe. Alle Mannschaften auf die Gefechtsstände. Klar Schiff zum Gefecht!«
    Überall im Auditorium sprangen Männer und Frauen auf die Füße, drängten sich unverzüglich den Ausgängen zu, verschwanden in gehetztem Tempo in den Gängen des Schiffes.
    Douglas Matchett
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