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Der Schatz des Störtebeker

Der Schatz des Störtebeker

Titel: Der Schatz des Störtebeker
Autoren: Ronald Gutberiet
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Platz, peinlich darauf bedacht, keinem der schnarchenden Betrunkenen zu nahe zu kommen.
    Er verließ den Kirchhof und erreichte die erste Baumgruppe. Nun konnten sie ihn nicht mehr sehen. Er rannte über Wiesen und Felder, schmale Pfade entlang und kroch durchs Unterholz, immer weiter und weiter, bis er nicht mehr konnte. Er rastete im Schutz eines kleinen Wäldchens und ging dann vorsichtig weiter.
    Auf Schusters Rappen durchquerte er das Brokmerland. Ein Bauer nahm ihn auf seinem Ochsenkarren mit bis nach Emden. Dort bot er einem Händler seine Dienste als Schreiber an und verdiente genug Geld, um sich einer Reisegesellschaft anschließen zu können, die nach Oldenburg und weiter nach Bremen unterwegs war. In der Hansestadt suchte er einen Geschäftspartner auf, ließ sich Kredit geben, kaufte ein Pferd und ritt nach Hamburg.
    Erst als er dort angekommen war und am Abend im überglücklichen Kreis seiner Familie von seinem Abenteuer erzählte, bemerkte er, dass er die Brosche verloren hatte. Man glaubte ihm trotzdem jedes Wort.
    Dies trug sich zu im Jahr 1399 nach Christus, und Jan Burchard ahnte noch nicht, dass es ihn viele Jahre später ein zweites Mal ins wilde Ostfriesland verschlagen würde.

24. FEBRUAR 2002 MORGENS
    Link Walther kam gerade von seiner morgendlichen Joggingtour zurück, die ihn in einer Schleife um das Heizwerk Hafen am Dallmannkai und den ehemaligen Cellpap-Terminal geführt hatte, als er die beiden Uniformierten bemerkte. Sie stapften durch den Schneematsch am Rand der Abbruchfläche des Grasbrookhafens. Mit gesenkten Köpfen, die Hände an den Schirmmützen, kämpften sie gegen den Wind an, der ihnen dicke, nasse Schneeflocken ins Gesicht wehte. Link trat auf der Stelle und machte ein paar Übungen im Schattenboxen, atmete tief ein und aus, schüttelte sich und begann dann, auf der Stelle zu hüpfen. Sein Atem dampfte. Unter seinem Jogginganzug und der Kapuze war ihm warm geworden.
    Die Polizisten sahen verfroren aus, obwohl sie mit dem Streifenwagen direkt bis vor das Tor des Drahtzauns gefahren waren, der den Grasbrookhafen absperrte. Der Zaun, wie auch alles andere in dieser Ecke des Hafens, hatte längst seine Funktion verloren. Angefangen beim Kaispeicher A, der wie ein müdes Backsteinmonstrum auf der Spitze zwischen Sandtor-und Grasbrookhafen hockte, über die große Brachfläche, die sich hier südlich der Speicherstadt auftat, bis hin zu der vergessenen Autorampe und dem rostigen Anleger an der halb zerfallenen Kaimauer war hier seit Jahren alles außer Betrieb. Der Hafen hatte sich längst auf die andere Elbseite verlagert. Am nördlichen Ufer war alles tot, bis auf die Ratten, die daraufwarteten, dass hier neue Gebäude hochgezogen wurden.
    Link drehte sich hüpfend einmal um die eigene Achse und genoss das Panorama: Auf der anderen Elbseite sahen die schlanken Tanks der Raffinerie grau und alt aus, hinter dem Grasbrookhafen quoll weißer Rauch aus den Stahlschloten des Heizwerks, verwehte und mischte sich mit den windgepeitschten Schneeflocken. Er drehte sich weiter. Die Speicherstadt im Norden war nur als Silhouette hinter einem grauen Schleier zu erkennen, der auch die Türme von St. Nikolai und der Katharinenkirche fast ganz verhüllte.
    Link hatte das Panoramahüpfen beendet und war in seine Ausgangsposition zurückgekehrt. Die beiden Beamten hatten es versäumt, Mäntel oder Jacken über ihre Uniformen zu ziehen. Dass sie das bereuten, sah man ihnen deutlich an. Der Ältere der beiden war Mitte bis Ende fünfzig, mit einem grauen Schnauzbart, der Jüngere musste etwa in Links Alter sein, also um die dreißig, und hatte lange braune Haare, die unter der Dienstmütze hervorquollen.
    »Herr Walther?«, fragte der Ältere.
    »Guten Morgen«, sagte Link und sprang weiter auf und ab.
    »Wir müssen mit Ihnen reden.«
    »Schießen Sie los.«
    »Würden Sie bitte aufhören herumzuhüpfen?«
    Link sprang höher. »Dann wird mir kalt.«
    »Uns ist schon kalt«, sagte der Jüngere.
    »Eben.«
    »Sie halten sich illegal hier auf«, sagte der Ältere. »Also benehmen Sie sich wenigstens anständig.«
    »Seit wann ist Joggen illegal?«
    »Sie wissen genau, was wir meinen.«
    Link begann, auf der Stelle zu traben. »Weiß ich nicht.«
    Der junge Beamte legte die linke Hand auf seinen Gummiknüppel und die rechte auf Links Unterarm. »Nu werd mal ruhig.«
    Link schüttelte die Hand ab und machte weiter.
    »Machen Sie keine Mätzchen, Mann, wir wollen nur mit Ihnen reden«, sagte der
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