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Der Schatten des Highlanders

Titel: Der Schatten des Highlanders
Autoren: Lynn Kurland
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umsichtige und umfangreiche Renovierungsmaßnahmen ergänzt und modernisiert worden war.
    Die mittelalterliche Version war kleiner, wirkte aber nicht weniger wehrhaft. Sie betrachtete sie im Licht des Mondes, das gerade durch die Wolken brach, als sie durch das Dorf und unter dem äußeren Tor der Befestigungsanlage hindurchritten. Ihr Begleiter sprang vor dem Burgtor vom Pferd und streckte dann die Arme aus, um ihr herunterzuhelfen. Sie ließ ihn gewähren, denn sie war sich nicht sicher, ob sie es schaffen würde, einigermaßen elegant abzusteigen.
    Er zog sie sogleich hinter sich her durch den Großen Saal und durch das Treppenhaus ins obere Stockwerk. Dort führte er sie in eine geräumige Kammer mit einem gewaltigen Kamin. Ein Feuer loderte hell darin, was sie sehr angenehm fand, da sie völlig durchgefroren war. Vor dem Kamin lag reglos ein Mann, und eine junge Frau kniete neben ihm, wiegte den Oberkörper vor und zurück und erging sich in lautem Wehklagen.
    Cameron blickte sie an. »Also?«
    Sunny schluckte. »Das ist Ihr Bruder?«
    »Ja. Was kann ich tun?«
    »Schaffen Sie die Frau raus«, befahl Sunny ohne Zögern, »dann bringen Sie mir alle Kräuter, die Sie haben, und irgendein starkes alkoholisches Getränk. Ich werde auch ein Messer brauchen.«
    »Könnt Ihr ihn retten?«
    »Das weiß ich noch nicht«, erwiderte Sunny.
    Cameron zog ein Messer aus seinem Stiefel und reichte es ihr mit dem Griff voran; dann ging er hinüber und hob die rothaarige Frau auf seine Arme. Er gab keinen Ton von sich, nicht einmal, als sie ihn kratzte und verfluchte und mit den Fäusten auf ihn einschlug. Er trug sie einfach kommentarlos aus der Kammer.
    Sunny ging zum Feuer hinüber und kniete sich neben Camerons Bruder hin, der auf einem Plaid lag und die Hände auf der Brust gefaltet hatte. Mit seinem dunklen Haar und den außergewöhnlich schönen Gesichtszügen sah er Cameron sehr ähnlich. Seine Miene zeigte kein Zeichen von Schmerz, also spürte er vielleicht schon gar nichts mehr. Das war zweifellos ein Segen. Sie legte das Messer auf dem Boden ab und machte sich an die Arbeit. Zunächst streckte sie seine Arme an seinen Körperseiten aus und zog dann ganz vorsichtig das Tuch ab, das seinen Leib bedeckte.
    In seinem Bauch klaffte eine große Wunde, als hätte ihn jemand mit einem Schwert durchbohrt und dann die Klinge mehrfach darin herumgedreht. Selbst wenn er bisher wie durch ein Wunder überlebt hatte, würde er vermutlich nicht mehr genesen. Sie verfügte über hervorragende anatomische Kenntnisse, hatte viel Erfahrung mit Kräutermedizin, und sie wusste theoretisch alles über die Versorgung von Kampfwunden, was Patrick MacLeod ihr hatte vermitteln können - aber nichts davon würde den Mann retten, der vor ihr lag.
    Dennoch würde sie tun, was sie konnte.
    Cameron stürmte wieder in die Kammer herein; er trug diverse Stoffsäckchen in den Händen und einen Ledertrink-beutel unter jedem Arm. Er stellte alles neben ihr auf dem Boden ab.
    »Noch etwas?«, fragte er.
    »Bringen Sie Wasser in einem Topf zum Kochen«, sagte sie. »Dann brauche ich noch Nadel und Faden. Und legen Sie im Kamin Holz nach.«
    »Was werdet Ihr tun?«, fragte er.
    »Ich nähe ihn zusammen und bete, dass er überlebt«, sagte sie resigniert, dann fiel ihr wieder ein, wen sie vor sich hatte. Sie blickte zu ihm auf. »Es tut mir leid. Das war schonungslos offen.«
    Er schüttelte den Kopf. »Offenheit ist mir lieber. Ich kümmere mich um das Wasser und das Übrige.«
    Sunny nickte, dann schnupperte sie an den Kräutersäckchen, die er ihr gebracht hatte. Die Kräuter waren nicht frisch, aber sie glaubte nicht ernsthaft, dass das einen Unterschied machte. Sie stellte einige davon, die ihr nützen könnten, an der Seite auf und legte die anderen auf einen Haufen. Dann stand sie auf, schürte selbst das Feuer und ging ungeduldig auf und ab, bis Cameron wieder in die Kammer zurückgerannt kam. Er drückte ihr ein paar Sachen in die Hand und befahl dann in barschem Ton einem jungen Diener, den Kessel in die Mitte des Feuers zu stellen. Sunny wartete, bis der Junge gegangen war, bevor sie Cameron ansah.
    »Ich werde tun, was ich kann«, sagte sie. »Gehen Sie mir zur Hand, wenn ich Sie brauchen kann. Wenn nicht, halten Sie Abstand.«
    Er nickte finster.
    Sunny nahm eine Nadel, die sich wohl eher zum Sattelflicken als zum Nähen von Wunden eignete, hielt sie ins Feuer und wischte dann die rußgeschwärzte Spitze ab. Sie legte die Nadel beiseite, dann
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