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Der Saubere Tod

Titel: Der Saubere Tod
Autoren: Michael Kleeberg
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nur das Weiße. Das Laken war schwarz und steif vor Blut. Der Mund war schwarz verbrannt. Johann zog seine Finger zurück, und der Kopf sackte wieder nach vorn.
    Es war ganz still in dem Zimmer, und Peter bewegte sich nicht, noch sagte er etwas. Seine rechte Hand ruhte auf einer Waffe. Johann nahm die Waffe in die Hand. Es war ein schwerer schwarzer Trommelrevolver mit hellem Griff. Der Abzugsbügel war von einem feinen dünnen Ring umrahmt. Die Waffe war sehr schwer und groß. Johann wog sie in der Hand und blickte im Zimmer umher. Es war sehr still, kein Laut war zu hören, und Peter lag da und bewegte sich nicht und sagte nichts. Nicht einmal draußen war irgendein Geräusch. Nur in Johanns Ohren war das Sausen von Blut, das Klopfen seines Herzens. Überall lagen die rotgefärbten Flaumfedern.
    Johann räusperte sich zweimal. Peter, sagte er in die echoloseStille hinein. Er setzte sich auf einen Stuhl. Er hielt die Waffe noch immer in der Hand. Die weiße Wand hinter Peter war rot, und um die rote Fläche waren rote Spritzer wie von Farbbeutelwürfen. Peter saß auf dem Bett. Seine Fußsohlen waren gelb. Er bewegte sich überhaupt nicht. Es war völlig still. Johann blickte auf ihn. Er rührte sich nicht. Es war kein Laut zu hören. Johann starrte auf die Leiche.
    Er ging zum Telefon und wählte. Es klingelte. Es klingelte noch einmal. Dann meldete sich Barbara.
    Kommst du bitte in Peters Wohnung, sagte Johann.
    Barbara sagte ja und legte auf.
    Johann saß auf einem Stuhl und hielt die Waffe auf den Knien, als Barbara eintrat.
    Barbara war erst am Vorabend aus Stuttgart zurückgekommen und noch verwirrt, verängstigt, verfolgt von den Bildern, die sie während des Prozesses gesehen hatte. Sie ging zum Bett, betrachtete die Leiche und kam dann auf Johann zu, der sie ansah.
    Warum?
    Johann zuckte die Schultern.
    Warum deinen Freund?
    Johann sah sie an, erstaunt, aber er sagte nichts.
    Warum deinen Freund, Johann?
    Johann schwieg.
    Willst du die Waffe jetzt weglegen?
    Johann legte die Pistole auf den Boden.
    Warum rufst du mich erst jetzt?
    Johann setzte zum Sprechen an, gab es aber gleich wieder auf.
    Barbara kniete vor ihm nieder und nahm sein Gesicht in ihre Hände, die kalt waren.
    Um Gottes willen, dir ist klar, daß ich die Bullen rufen muß?
    Johann lächelte und nickte.
    Ich frage dich nicht, warum dus getan hast. Barbara schüttelte den Kopf. Johann.
    Wieder lächelte er sie erstaunt an.
    Barbara stand auf, biß sich in die Hand und kniete wieder vor ihm nieder.
    Mußte das sein? Mußte – sie hörte auf zu sprechen und dachte kurz nach.
    Warum zum Teufel hast du mich gerufen und bist nicht einfach verschwunden? Warum hast du mich gerufen? Warum bist du nicht abgehauen? Warum bleibst du hier hocken? Warum verschwindest du nicht? Warum bist du nicht schon viel früher weg?
    Johann sah sie erstaunt an.
    Barbara ohrfeigte ihn und begann zu weinen.
    Dann sagte sie: Johann, ich muß die Bullen rufen.
    Johann nickte.
    Sie stand auf. Johann saß auf dem Stuhl. Neben seiner baumelnden Hand lag die Pistole auf dem Boden. Barbara rief die Polizei an.
    Zwanzig Minuten später kamen sechs Männer. Drei Polizisten, ein Arzt und zwei Helfer. Der Arzt ging sofort zum Bett, der Polizist in Zivil blieb bei Barbara und Johann stehen.
    Ihr Gesicht seh ich auch zu oft für meinen Geschmack, sagte der Polizist zu Barbara.
    Barbara sagte nichts.
    Können Sie sich ausweisen? fragte der Polizist Johann.
    Johann sah auf und schüttelte den Kopf. Der Polizist stellte Fragen. Die beiden Helfer verschwanden und kamen mit einer Bahre zurück, auf die sie die Leiche schnallten. Sie hoben an und trugen die Bahre hinaus. Johann sprang auf, aber der Polizist drückte seine Schultern wieder auf den Stuhl zurück. Die uniformierten Beamten steckten die Waffe in eine Plastiktüte.
    Die Polizisten gingen in den Flur und redeten leise.
    Das ist eins der faschistischsten Arschlöcher, die ich kenne, flüsterte Barbara. Ich weiß nicht, warum sie den schicken mußten.
    Die drei kamen zurück. Johann mußte aufstehen. Dann wurden ihm Handschellen angelegt. Barbara gab ihre Personalien einem der uniformierten Beamten an und wurde dann nach Hause geschickt. Sie sah Johann im Hinausgehen an, der blickte gegen die rotverschmierte Wand.
    Johann, sagte sie.
    Johann drehte sich um.
    Barbara sah ihn an. Johann nickte ihr zu. Barbara ging. Johann warf noch einen Blick zurück in die Wohnung. Das Weiß der Wand glänzte, dort wo es nicht blutbeschmiert war,
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