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Der Ruf des Kulanjango

Der Ruf des Kulanjango

Titel: Der Ruf des Kulanjango
Autoren: Gill Lewis
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Wellenberge und hörte nichts anderes als heulende Winde.

    Iris spürte den Sturm schon lange, bevor sich finstere Wolken über ihr zusammenbrauten. Sie entzog sich den wogenden Strömen des Windes und flog mit kräftigem, schnellem Flügelschlag. Trotzdem war der Sturm schneller. Er raste übers Meer und wühlte es zu graugrünen Wellentälern und schaumgekrönten Bergen auf.
    Die stürmischen Winde attackierten Iris. Salznebel verschmierte ihre zerfledderten Flugfedern. Luft und Wasser waren voll von weißem Schaum. Er klebte an ihrem Kopf und drang vor bis tief ins weiche Daunengefieder. Iris fühlte sich schwer, von Wasser durchdrängt. Sie flog um ihr Leben.
    Unter ihr wallten und wogten die Wellen. Neben ihr türmte sich eine Wasserwand auf, höher als die anderen. Höher und höher, bis sich der Wellenkamm über Iris erhob und sie in eine Röhre aus donnernder Gischt einschloss. Ihre Flügelspitzen schlugen gegen denBrandungswall. Der stürzte über ihr zusammen und riss sie hinab ins Meer. Immer und immer wieder wurde sie herumgewirbelt, drehte sich um sich selbst. Salzwasser strömte ihr in Schnabel und Nasenlöcher.
    Sie rappelte sich wieder hoch, schwamm an der Oberfläche und schüttelte sich das Wasser vom Kopf. Das Gurtgeschirr, das die Menschen ihr umgebunden hatten, hing lose an ihr. Sie griff mit ihrer Klaue danach, riss es herunter und es versank im Wasser. Als sich eine weitere Woge hoch über ihr auftürmte, schoss Iris nach oben. Ihre Füße strichen noch durchs Wasser, als die Welle in einer Lawine aus Gischt und Schaum und Sprühnebel über ihr zusammenbrach.

Kapitel 42
    »Wir haben sie verloren«, sagte ich zu Hamish, als er in die Küche kam. »Es gibt kein Signal.«
    »Ich weiß«, antwortete er leise. »Ich hab auch gerade nachgeschaut.« Er legte die Stirn in tiefe Falten. »Diese Geräte sind so gebaut, dass sie letzten Endes abfallen. Manchmal ticken sie einfach falsch und hören auf, Signale zu senden.«
    »Heute Morgen hat’s noch funktioniert«, klagte ich. »Sie ist tot, Hamish, tot.«
    Hamish stieß einen lauten Seufzer aus.
    »Alles, was mir dazu einfällt, ist«, erwiderte er, »dass wir die Hoffnung nicht aufgeben dürfen. Noch nicht.«
    Ich ließ mich auf meinen Stuhl fallen und schüttelte den Kopf. »Sie hat’s nicht geschafft.«
    Dad umarmte mich. »Komm schon«, versuchte er mich zu beruhigen. »Ich weiß, das ist ein Schock, aber jetzt müssen wir dich zur Party bringen, um Jeneba zu begrüßen.«
    Ich nickte und folgte ihnen hinaus zu Hamishs Landrover. Die Berge und Weiden zogen an meinem Fenster wie verschleiertvorüber. Kurze Zeit später hielt Hamish auf dem überfüllten Parkplatz des Bürgerhauses.
    Mum drehte sich zu mir um und drückte meine Hand. »Tief durchatmen«, lächelte sie. »Tu’s für Jeneba, okay?«
    Ich stieg aus.
    »Da bist du ja, Callum«, rief Rob.
    Ich wandte mich Rob und Euan zu, die sich zu mir durchdrängelten.
    »Wo bist du gewesen?«, wollte Euan wissen. »Ich dachte schon, du kommst zu spät.«
    Die Stimme von Robs Dad dröhnte über den Köpfen. Er stand auf der Ladefläche seines Kleintransporters. »Sie kommen!«, brüllte er. »Sie fahren die Straße hoch. Ich kann sie sehen!«
    Plötzlich drängten sich alle zusammen, Kinder und Erwachsene, und die Menschen lachten und schrien. Irgendwie bildeten wir ganz von selbst links und rechts der Straße eine lange Gasse, um Jeneba und Mama Binta bei uns willkommen zu heißen.
    Der Wagen brachte die beiden ins Dorf herauf, zum Gemeinschaftshaus. Mama Binta stieg aus und war dick in Schals und Wolldecken eingewickelt. Die Menge jubelte und klatschte und ich vermutete, dass Mama Binta wohl das erste Mal in ihrem Leben vollkommen sprachlos war.
    Jeneba winkte wie verrückt durch die Scheibe. Ich guckte zu, wie Mum und Hamish ihr aus dem Auto in den Rollstuhl halfen. Ich konnte nicht fassen, dass sie wirklich hierwar, in Schottland, in unserem Dorf. Plötzlich wusste ich nicht, was ich sagen sollte, und wich in die Menge zurück.
    »Callum McGregor?« Mama Binta marschierte auf mich zu. »Callum McGregor, was tust du da und versteckst dich?«, brüllte sie. »Setz mal deinen dünnen Hintern in Bewegung und komm da raus!«
    Die Menge schob mich nach vorne zu Jeneba und Mama Binta. Jeneba grinste und Mama Binta schloss mich in die Arme und herzte mich, dass die Knochen krachten. »Mein Gott, Callum«, sagte sie, »auf diesen Tag hab ich mich schon lange, lange gefreut.«
    Wieder jubelten und
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