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Der Ruf des Kulanjango

Der Ruf des Kulanjango

Titel: Der Ruf des Kulanjango
Autoren: Gill Lewis
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Mitte März, als der Schnee auf den Hügeln bereits getaut war und nur noch schmutzig graue Flecken in den tiefsten Rinnen zurückblieben, änderte sich Iris’ Signal. Sie verließ Gambia und flog, an der Küste Senegals entlang, nach Norden.
    Nach all den Monaten in Afrika war sie wieder auf dem Weg hierher.
    Nach Schottland.
    Wir nutzten jede Chance, ihre Reise zu verfolgen. Wirhielten uns in den meisten Pausen im Medienraum der Schule auf, bis uns Mrs Wicklow aufstöberte. Wir konnten es gar nicht fassen, als sie uns bat, Iris’ Reise auf dem Whiteboard zeigen zu dürfen, damit die ganze Klasse daran Anteil nehmen könne. Sie wollte den Unterricht eine Stunde früher enden lassen, damit wir Fotos von der Morgendämmerung in der Wüste ansehen konnten, von den Schafherden der Berber im Atlasgebirge, von Vogelschwärmen im Wattenmeer vor Flussmündungen und von Rindern, die auf grünen Weiden im Tiefland grasten.
    Auch Hamish verfolgte die Flugroute. Ich traf ihn eines Tages nach der Schule, als er den Adlerhorst am See kontrollierte. Am wolkenverhangenen Himmel regte sich nichts. Dünne Nebelschleier umschmiegten die Wipfel der Kiefern und die nackten Eichen und Wildkirschen warteten auf den Frühling.
    »Iris hat Spanien hinter sich gelassen«, sagte ich. »Sie fliegt in einer geraden Linie nach Norden, über den Golf von Biskaya.«
    Hamish nickte. »Mich überrascht, dass sie übers offene Meer fliegt. Gewöhnlich nehmen Fischadler den Weg über Frankreich und legen unterwegs Pausen ein. Ich schätze mal, sie will schleunigst zu ihrem Nest zurückkehren.«
    »Wird sie es schaffen?«, fragte ich.
    »Andere Vögel sind diese Route schon vorher geflogen.« Er hielt am Rand des Sees an und zog sein Fernglas heraus. »Innerhalb einer Woche kann sie hier sein«, schätzte er.
    »An welchem Tag, meinst du, wird sie eintreffen?«, wollte ich wissen.
    Aber Hamish hörte nicht zu. Er fixierte mit dem Feldstecher die Baumgruppe auf der Felseninsel. Auf seinem Gesicht zeigte sich ein breites Grinsen.
    »Was ist los?«, fragte ich.
    »Hier.« Er reichte mir das Fernglas und deutete über den See. »Schau dir das mal an.«

Kapitel 40
    Ich konnte es kaum erwarten, Jeneba mitzuteilen, was Hamish und ich am See gesehen hatten. Am nächsten Tag ergab sich die Gelegenheit, als ich eine E-Mail von Jeneba erhielt.

    Von: Jeneba
Gesendet: 31. März, 20:30 WEZ

    Betreff: Gute Nachrichten

    Hallo Callum,
die Ärzte sagen, dass ich kräftig genug bin, um rauszugehen, und gerade eben hat mich Mama Binta in den Rollstuhl gesetzt und zum Internetcafé gefahren, sodass ich Dir schreiben kann.

    Mama Binta und ich kommen nach Schottland. MORGEN!
    Ich bin so aufgeregt. Es kommt so plötzlich, aber einer unserer Ärzte hat gesagt, dass er uns zu Euch mitnehmen kann, weil er übers Wochenende seine Familie in Schottland besucht.Heute Nacht werde ich nicht schlafen. Ich muss immer daran denken, dass ich Dich treffe.

    Deine Freundin Jeneba
    »Mum!«, brüllte ich. »Dad!« Ich rannte nach unten und nahm die letzten fünf Stufen auf einmal. »Mum!«, stürmte ich in die Küche, wo die beiden gerade fernsahen. »Sie kommen morgen Abend. Ich hab grad ’ne Mail gekriegt.«
    Mum sprang auf. »Morgen? Bist du sicher?«
    Ich nickte.
    »Ach, du lieber Himmel!« Sie griff zum Telefon. »Lieber erzähl ich das gleich allen. Wir müssen eine Party vorbereiten.«
    Ich sauste wieder nach oben, um Jeneba zu antworten. Ich platzte fast, ihre meine Neuigkeiten mitzuteilen:

    Von: Callum
Gesendet: 31. März, 20:44 WEZ

    Betreff: Die rasende Iris

    Hallo Jeneba!
Fantastisch! Ich kann es gar nicht glauben, dass Du morgen nach Schottland kommst. Die Nachricht verbreitet sich im Dorf wie ein Lauffeuer und wir werden Dich und Mama Binta mit einer großen Party begrüßen.

    Auch ich habe zwei gute Neuigkeiten für Dich. Iris’ Partner ist zurückgekehrt! Hamish und ich haben ihn gestern oben am See beobachtet, wie er Hölzer fürs Nest sammelte. Ich würde gern wissen, wo er überwintert hat. Vielleicht war auch er in Eurem Land. Aber jetzt ist er wieder hier auf der Farm und wartet auf Iris.

    Und die andere tolle Neuigkeit betrifft Iris. Sie wird bald eintreffen. Sie hat heute Abend die Südwestspitze von Irland erreicht. Sie ist den ganzen Weg von Spanien her übers Meer geflogen. Hamish glaubt, dass sie vom Kurs abgekommen ist, weil Fischadler normalerweise die Route über Frankreich und Südengland nehmen. Wahrscheinlich ist sie ziemlich erschöpft. Sie ist
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