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Der Ruf des Kulanjango

Der Ruf des Kulanjango

Titel: Der Ruf des Kulanjango
Autoren: Gill Lewis
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haben. Ich glaube immer noch, dass sich der Marabut dieses Mal vielleicht geirrt hat. Vielleicht wird seine Vision, dass ich über ein Meer von Wolken gehe, nicht Wirklichkeit. Vielleicht werde ich in Wirklichkeit wieder laufen können.

    Auch hier waren viele Journalisten. Mama Binta sagt, dass sie schlimmer sind als die Dorfziegen, weil sie einfach durch das Krankenhaus streifen, wann sie wollen. Aber ich mag sie. Sie sind lustig. Sie haben Bücher und Stifte und Spielsachen für uns mitgebracht.

    Alles ist so schnell gegangen. Morgen fliege ich nach London.
    Ich bin so aufgeregt! Niemand aus dem Dorf war jemals in einemFlugzeug. Ich brauche eine Krankenschwester, die mich begleitet, also reist Mama Binta mit mir. Dr. Jawara sagt, dass ihm die britischen Doktoren leidtun. Ich glaube, Mama Binta hat das gehört, weil sich Dr. Jawara schon den ganzen Tag vor ihr versteckt.

    Morgen ist auch ein trauriger Tag, weil Max zurück nach Amerika fliegt. Wir haben heute eine Party für ihn veranstaltet. Max hat mir seine Medizinbücher geschenkt. Er sagt, ich brauche sie, wenn ich mal eine Ärztin bin. Und eines Tages, Callum, werde ich eine Ärztin sein, ganz gewiss. Das Geld, das Ihr gesammelt habt, reicht, dass ich zur Schule gehen kann und dann aufs College. Ich habe Mama Binta noch nie so breit lächeln sehen wie in dem Augenblick, als sie das erfahren hat. Mama Binta sagt, sie wollte immer eine Ärztin werden. Ich glaube, sie wäre auch die beste Ärztin gewesen.

    Vielleicht kann ich Euch in Schottland besuchen. Ist das weit von London? Ich würde so gerne die Berge sehen und die Flüsse, die auf Deinen Fotos abgebildet sind. Hoffentlich werde ich eines Tages auch Iris wiedersehen.

    Deine Freundin Jeneba

Kapitel 39
    Die nächsten Wochen vergingen wie im Flug. Zu Weihnachten schickten Leute aus dem Dorf Mama Binta und Jeneba Kleidung und Bücher. Mama Binta rief uns an und teilte uns mit, dass es Jeneba zwar gut gehe, sie jedoch schon vier Operationen an ihrem Bein hinter sich habe und die meiste Zeit sehr müde sei. Ich schrieb ihr eine Weihnachtskarte und einen Brief, aber erst kurz nach Neujahr bekam ich einen Brief von ihr.

    4. Januar

    Frohes neues Jahr, Callum.

    Ich schreibe Dir von meinem Krankenbett aus. Ich habe keinen Computer, also kann ich dir keine E-Mail schicken, aber vielleicht kann mich Mama Binta zum Internetcafé an der Straße unter meinem Fenster bringen, wenn ich wieder bei Kräften bin.

    Bitte sage den Menschen aus Deinem Dorf vielen Dank für die lieben Geschenke. Mama Binta hat sich über die Pullover sehr gefreut. Sie findet, es ist in England so kalt. Sie trägt die ganze Zeit drei Pullover übereinander!

    Zu Neujahr gab es für uns eine große Überraschung. Max hat uns besucht. Er wohnt bei Freunden in London. Er sagt, zu Neujahr sei Schottland der schönste Ort der Welt. Er versucht uns ein Lied beizubringen, das »Auld Lang Syne« heißt, aber er kennt nur die erste Zeile. Das hat ihn nicht davon abgehalten, alle Ärzte und Krankenschwestern zum Singen und Tanzen zu bringen. Sogar Mama Binta hat mitgemacht. Ich wusste gar nicht, dass sie tanzen kann.

    Die hell erleuchteten Straßen hier sind sehr hübsch. Im Laden gegenüber meinem Fenster hängt sogar ein blinkendes Rentier. Mama Binta sagt, dass sie gar nicht mehr weiß, ob es in London Tag oder Nacht ist. Sie vermisst den dunklen Himmel daheim.

    Heute habe ich Schnee gesehen. Eine der Krankenschwestern hat mich mit auf die Straße genommen. Ich habe gesehen, wie die Schneeflocken vom Himmel fallen, und versuchte sie mit meinem Mund aufzufangen. Ich war über und über mit großen, weißen Schneeflocken bedeckt. Sie landeten auf meinem Haar und auf meinem Gesicht und auf meinen Kleidern. Von Nahem betrachtet sahen sie wie kleine Sterne aus, wie Abermillionen kleine Sterne.

    Die Schwester erzählte mir, dass keine Schneeflocke der anderen gleicht. Sie sagt, dass alle unterschiedlich sind, alle sind einzigartig.

    Gibt es in Schottland Schnee?

    Hoffentlich kann ich Dich bald einmal besuchen.

    Deine Freundin Jeneba
    Bis Ende Februar schneite es in Schottland nicht richtig. Dann fiel der Schnee in rauen Mengen. Die Farm und die Berge und das Dorf lagen unter einer dicken Schneedecke. Für fast eine Woche fiel die Schule aus und Rob, Euan und ich waren die meiste Zeit beim Rodeln auf den Hügeln hinterm Dorf.
    Jeden Tag sahen wir nach Iris’ Position in Gambia. Seit Wochen hielt sie sich an ein und demselben Flusslauf auf. Dann,
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