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Der Ruf der Steine

Der Ruf der Steine

Titel: Der Ruf der Steine
Autoren: Gary Goshgarian
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behauen. Aber für Grundsteine waren sie viel zu mächtig. Der kegelförmige Hügel, unter dem sie offenbar begraben gewesen waren, bestand zum größten Teil aus Sand vom Strand mit kleinen Steinchen und Muscheln. Das war äußerst seltsam, denn der Strand lag zwanzig Meter weiter unten.
    »Für Grundsteine erscheinen sie mir etwas groß geraten, aber möglich ist alles.« Die anderen Möglichkeiten – ein Ort, an dem Indianer Fische getrocknet hatten, oder vielleicht sogar Teil eines Viehstalls aus der Kolonialzeit – erwähnte Peter erst gar nicht, um das Gespräch nicht unnötig zu komplizieren. Dieser Mann suchte nach einem Familienerbstück, und wenn Peter diese Möglichkeit von Anfang an ausschloss, würde er sich sein Angebot womöglich noch einmal überlegen.
    »Meine Familie hat sich nie mit Kleinkram abgegeben.«
    »Das sehe ich.«
    Flanagan kehrte zu der Gruppe zurück, während Andy im Bagger glücklich am Steuer drehte, die Hebel bewegte und brummende Motorengeräusche von sich gab. »Meiner Meinung nach«, sagte Flanagan und wischte sich mit seinem Taschentuch über die Stirn, »sind die Steine nur drei große Hindernisse, die meinen Terminplan über den Haufen werfen.« Er sah Peter an und spuckte auf den Boden.
    »Ich wüsste nicht, dass jemand Sie um Ihre Meinung gebeten hätte, Mike«, wies Hatcher ihn zurecht.
    Flanagans breites, flaches Gesicht lief rot an. »Ich sage sie aber trotzdem. Ich kann es nicht leiden, wenn Leute sich herumtreiben, wo sie nichts zu suchen haben! Ich bin schon für genügend Männer und Maschinen verantwortlich und kann mir nicht auch noch über Archäologen Gedanken machen.« Er sah Peter direkt in die Augen. »Noch dazu über Archäologen mit Kind! Der Junge könnte irgendwohin gehen, wo er nichts verloren hat. Oder in ein Loch fallen. Ich gebe Ihnen einen Rat: Graben Sie lieber woanders – hier ist es gefährlich!«
    »Keine Sorge, wir werden Ihnen schon nicht in die Quere kommen«, sagte Peter.
    Flanagan schnaubte nur, und diesmal landete sein schleimiger Speichelbatzen nur wenige Zentimeter neben Peters Schuh.
    Er will dich nervös machen, dachte Peter. Beachte ihn gar nicht. Schließlich zahlt Hatcher die Rechnung. Er sah zu Andy hinüber, der immer noch glücklich im Bagger spielte. Als er noch etwas Verbindliches anfügen wollte, fühlte er, wie seine Gedanken urplötzlich im Nichts versackten.
    Andy saß starr hinter dem Steuer.
    Es roch nach Rauch.
    Ein ungutes Gefühl.
    Andy winkte, und in der selben Sekunde war der Bann gebrochen. Das Gefühl war verflogen. Ein sekundenlanger Dämmerzustand, dachte Peter, eine Reaktion auf Flanagans Attacke. Er wandte sich an Hatcher. »Ich freue mich sehr, dass Sie uns die Möglichkeit zur Grabung einräumen.«
    »Es ist mir grundsätzlich ein Vergnügen, die Wissenschaft zu fördern. In diesem Fall jedoch ist auch eigenes Interesse im Spiel. Seit elf Generationen befindet sich diese Insel im Besitz meiner Familie – seit ungefähr dreihundert Jahren –, und ich habe das Gefühl, als ob diese Entdeckung in schicksalhaftem Zusammenhang mit der Geschichte meiner Familie steht. Einer meiner Vorfahren hielt sich für von Gott dem Allmächtigen dazu auserkoren, das Land von Heiden und Dämonen zu befreien. Es hört sich vielleicht seltsam an, aber er hatte tatsächlich die Absicht, auf dieser Insel den Himmel auf Erden zu begründen.«
    »Und Sie wollen nun sein Werk vollenden«, ergänzte Peter.
    »Wenn Sie es so ausdrücken wollen. Abgesehen vom kommerziellen Interesse, betrachte ich mein Projekt durchaus als moralische Verpflichtung meiner Familie und dem Staat gegenüber. Es wird die Lebensqualität in dieser Gegend erheblich steigern.«
    Peter blickte zur Skyline von Dorchester und South Boston hinüber und fragte sich, wer sich dort wohl darum scherte, dass auf dieser Insel ein Paradies für Segler entstand.
    »Falls Sie irgendetwas finden, das mit meinen Vorfahren in Zusammenhang stehen könnte, möchte ich es gern erhalten.« Und nach einer Pause: »Wissen Sie, Professor, dieser Ort lässt mir keine Ruhe.« Sein Blick glitt über die Steine und den goldenen Sandhügel, der sie bedeckt hatte. »Ich habe das Gefühl, als ob hier etwas ganz Besonderes auf uns wartet.«
    »Darauf können wir nur hoffen«, entgegnete Peter. »Wenn ich Dan richtig verstanden habe, gewähren Sie uns sechs Wochen Zeit.«
    »Unsere neuesten Berechnungen gestatten leider nur die Tage vom vierundzwanzigsten Juni bis fünfzehnten
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