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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger
Autoren: Stephan Russbuelt
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über einem schlafenden Oger in eine alte Eiche.
    Zuerst schien es niemand außer Mogda zu bemerken, doch dann wurde auch Rator stutzig.
    Jeder wusste, dass Hagmus Wutausbruch nicht dem schlafenden Oger galt, dennoch wäre es normal gewesen, wenn dieser mächtige Schlag den Oger aufgeschreckt hätte. Doch dem war nicht so. Regungslos und in sich zusammengesackt kauerte der Oger weiterhin am Baumstamm.
    Mogda erhob sich und ging zu dem Baum hinüber, aus dem Hagmu gerade seine Axt riss. Zusammen mit Rator stand er, nichts Gutes ahnend, vor dem bewegungslosen Oger. Beide wussten, dass dieser nicht schlief. Zaghaft stieß Rator den Liegenden an. Er rührte sich nicht. Dann wiederholte Rator den Stoß etwas energischer.
    »Aus seinem Mund tropft Blut«, erklärte Mogda.
    Ein dünnes, rotes Rinnsal sickerte über das Kinn auf die Brust. Mogda wollte sich gerade hinunterbeugen, als ihm erneut eine der roten Eicheln vor die Füße fiel. Verwundert schaute er nach oben. Inmitten des dichten Blätterdachs hingen vereinzelt rote Früchte. Rator hob eine Eichel auf und rollte sie zwischen Zeigefinger und Daumen hin und her. Dann zerdrückte er sie. Eine rote, klebrige Masse quoll daraus hervor und tropfte über seine Hand. Vorsichtig probierte er den Saft und spuckte ihn sofort wieder aus.
    »Blut«, knurrte er.
    Mogda packte den Oger zu seinen Füßen und zog ihn vom Baumstamm weg. Leblos rollte dieser auf den Bauch und blieb liegen. Auf seinem Rücken waren zahlreiche Einstiche zu sehen, die seinen Lederpanzer sauber durchstoßen hatten. Kein einziger Tropfen Blut drang aus den Wunden.
    »Da!«, grollte Rator. »Stachel kommen aus Baum.«
    Mogda starrte auf die Stelle, an der eben noch der Oger gelehnt hatte. Ein Dutzend Stacheln von einem halben Fuß Länge ragten aus der Borke der Eiche heraus. An ihren Spitzen klebte das Blut des Ogers.
    Mogda zog sein Schwert und hackte einen Dorn ab. Sofort zogen sich die anderen Stacheln zurück und verschwanden hinter der Rinde. Mogda hob den Dorn auf und betrachtete ihn.
    »Innen ist er hohl«, stellte er fest. »Anscheinend hat der Baum sein Blut getrunken. Daher kommen auch die roten Eicheln.«
    »Sammeln!«, brüllte Rator.
    Sofort sprangen die Oger von ihren Lagern auf, packten ihre Sachen und versammelten sich um Rator und Hagmu. Selbst die Zwerge verließen zögernd ihre Lagerstätte und fanden sich bei den Ogern ein.
    »Was ist denn los?«, wollte Dranosil wissen. »Ziehen wir weiter?«
    Rator bahnte sich einen Weg aus dem Pulk der Oger und schaute sich bei den anderen Bäumen um. Acht weitere Oger hockten regungslos an verschiedenen Stämmen. Keiner von ihnen schlief – alle waren tot.
    Unverzüglich befahl Rator den Aufbruch. Er ordnete an, allen Pflanzen fern zu bleiben, obwohl ihm bewusst sein musste, dass das in einem Wald nur schwer möglich war. In Gruppen zu sechst machten sie sich auf den Weg.
    Immer noch zeigte der Stand der Sonne keine Veränderung. Mogda fragte sich, ob es in einer gottlosen Welt vielleicht überhaupt keinen Tag und keine Nacht mehr geben würde. Vielleicht gäbe es auch kein Wetter oder sonstige Veränderungen. Eigentlich war ihm nur eines klar: In einer derartigen Welt gäbe es sicherlich keinen Platz für Oger.
    Je weiter sie ins Zentrum des Waldes vordrangen, desto mächtiger wurden die Bäume. Alte Eichen, deren Stämme so dick waren, dass ein Oger sie nicht umfassen konnte, waren hier keine Seltenheit. Die Baumkronen ragten ins Ungewisse. Mogda spürte, dass sich Magie und Natur von Schritt zu Schritt mehr vermischten.
    Bäume schienen ihre Äste nach den Fremdlingen zu recken, Gräser versuchten, den schweren Schritten der Oger auszuweichen. Außerdem wurde Mogda das Gefühl nicht los, dass ihnen jemand folgte.
    Sie mussten schon wenigstens einen Tag durch den Wald gelaufen sein, ohne eine einzige Rast eingelegt zu haben. Das Hungergefühl in Mogdas Magen war mittlerweile anhaltender Übelkeit gewichen.
    Die einzelnen Trupps hatten sich wieder zu einem langen Treck zusammengeschlossen. Erschöpft und übel gelaunt schlichen die Oger hintereinander her. Plötzlich kam die Kolonne zum Stillstand. Mogda sah, wie die Oger an der Spitze hinter einem umgestürzten Baum in Deckung gingen.
    Vorsichtig schlich Mogda an seinen abwartenden Kameraden vorbei zu Gnunt und Rator.
    »Was habt ihr vor?«, fragte er flüsternd.
    »Mogda sehen selbst«, forderte Rator ihn auf.
    Es dauerte einen Moment, bevor Mogda verstand, was der Kriegsoger zwischen den
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