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Der Rubin der Oger

Der Rubin der Oger

Titel: Der Rubin der Oger
Autoren: Stephan Russbuelt
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seinen Oberschenkel setzte und mit der anderen Hand den Händler zwang, den Bolzen abzufeuern. Die Wurfarme schnellten nach vorn, und der Bolzen bohrte sich bis zu Hälfte in Gnunts Bein. Entsetzt ließ der Händler die Armbrust fallen und stolperte rückwärts, bis er über eine abgestellte Satteltasche stürzte.
    »Da, nicht gnut, so Gnunt bnöse«, war alles, was der Oger von sich gab, während er den Bolzen wieder aus seinem Bein zog. Ein wilder Tumult entstand zwischen den Händlern. Sie ließen ihre Armbrüste fallen, wo sie standen, und versuchten sich in Sicherheit zu bringen. Sie rannten und schrien, liefen durcheinander, stürzten übereinander und suchten das Weite. Nur einer rannte nicht. Briftalon stand immer noch vor Rator, doch jetzt hatte er die Armbrust im Anschlag und zielte auf den Kopf des Ogers.
    »Du sagst deinen Männern jetzt, sie sollen abziehen, sonst wirst du der Erste sein, der stirbt.«
    »Nur du sterben«, antwortete Rator.
    Von der Seite flog ein Bolzen heran und durchschlug Briftalons Knie. Er schrie auf, und das linke Bein sackte unter ihm weg. Im Sturz feuerte er die Armbrust ab. Der Bolzen surrte durch die Dunkelheit und löste irgendwo einen qualvollen Schrei aus.
    Sofort stürmte Rator auf den am Boden liegenden Briftalon zu und trat die Armbrust beiseite. Er packte ihn so fest am Hemd, dass er den Brustkorb des Händlers quetschte.
    »Wer verletzt?«, schrie Rator.
    »Hagmu getroffen in Auge. Er lebt«, kam eine Stimme aus dem Lager der Oger.
    »Du büßen«, schrie Rator Briftalon an und umfasste seinen Schädel. Dann drückte er zu.

4
Gerüchte über Elfen
    Das Feuer knisterte behaglich im Kamin. Die rußigen Steine des Rauchfangs ließen auf seine jahrelange Benutzung schließen. Dort, wo die Hitze am größten war, hatten die Flammen den Putz schon soweit ausgebrannt, dass er wie weißes Knochenmehl zwischen den grob behauenen Felssteinen lag. Schnell verzerrten die Flammen das nur kurz gelagerte Tannenholz und hinterließen dabei kaum mehr Asche als die ausgeklopfte Tonpfeife eines Zwergs. Mit einem Knall verpuffte das Harz aus einem Holzscheit und schleuderte einen feurigen Span auf den Dielenboden.
    Cindiel stand auf und schob den Holzschemel zur Seite. Dann umrundete sie ihren gut gefüllten Arbeitstisch und trat das glühende Stück Kohle an den Rand des Kamins zurück. Mürrisch betrachtete sie den dunkel verbrannten Fleck auf dem Boden. Dann riss sie ihren Blick los und setzte sich wieder auf das Dreibein an ihrem Tisch. Dutzende von kleinen Phiolen lagen über die Arbeitsplatte verstreut. Die meisten von ihnen bargen durchsichtige Flüssigkeiten und waren nur mit einzelnen Symbolen gekennzeichnet. Ein schwerer Steinmörser mit einem abgebrochenen Stößel stand direkt vor ihr, und zwischen all den Ingredienzen und alchemistischen Utensilien lagen verstreut zerknüllte Papiere. Cindiel stützte ihren Kopf auf den Handballen ab und betrachtete gedankenverloren das Durcheinander.
    Ein rücksichtsloser Fußtritt öffnete die hölzerne Eingangstür zu ihrer Hütte. Cindiel würdigte diese ruppige Vorgehensweise mit keinem Blick, sie wusste genau, zu wem die provokante Art gehörte.
    »Du kommst spät, Hagrim«, sagte sie, während sie einer Phiole einige Tropfen einer anderen Essenz hinzufügte.
    » Spät ist ein Wort, das hauptsächlich von Leuten gebraucht wird, die dazu neigen, ihr ganzes Leben lang gehetzt zu sein«, sagte die dunkle Silhouette im Eingang.
    »Na, dann wundert es mich, dass du überhaupt die Bedeutung dieses Wortes kennst«, erwiderte Cindiel aufgeräumt.
    Hagrim betrat die kleine Hütte, die Cindiel nach dem Tod ihrer Großmutter ihr Eigen nannte und in der er selbst als eine Art Dauergast aufgenommen worden war. Mit der Hacke stieß er die Tür wieder ins Schloss und blieb einige Schritt entfernt hinter Cindiels Rücken stehen. Mit schräg gelegtem Kopf musterte er die junge Frau.
    »Du siehst richtig anmutig aus, wenn du da über deinem Hokuspokus-Zeug hockst.«
    Cindiel drehte sich auf ihrem Schemel um und sah Hagrim mit vor der Brust verschränkten Armen giftig an.
    »Du findest jeden anmutig, der für seinen Lebensunterhalt arbeitet. Das gibt dir das Gefühl etwas Besseres zu sein, und es zeigt dir, dass sich auf der Welt doch noch etwas bewegt, auch wenn du keinen Anteil daran hast.«
    Hagrim hob in übertrieben untertäniger Geste die Arme.
    »Sachte, sachte. Ich wollte nur sagen, so eine hübsche Frau wie du sollte vielleicht auch mal vor die
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