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Der Rote Tod

Der Rote Tod

Titel: Der Rote Tod
Autoren: Jason Dark
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um parallel am Wasser entlangschauen zu können, als sie sich fühlte, wie von einem Pferdehuf getroffen.
    Vor ihr stand eine Gestalt – der Rote Tod!
    ***
    Die Schreie gellten nur durch ihren Kopf. Sie selbst wurde davon nicht erwischt. Zwar hatte Hanna den Mund weit geöffnet, doch es gab keine Laute, die über ihre Lippen drangen. Der Schock bei diesem Anblick hatte sie einfach zum Schweigen gebracht.
    Sie konnte nichts tun. Sie bewegte nicht mal ihre Augendeckel, aber sie wusste jetzt, dass sie kein Märchen erlebte, denn die Gestalt vor ihr gab es in Wirklichkeit ebenso wie den Toten hinter ihrem Rücken.
    Es gab eine gewisse Grenze, bis zu der Hanna nur den Atem anhalten konnte. Und diese Grenze war erreicht, denn jetzt musste sie Atem schöpfen, was mit einem lauten Schnaufen verbunden war. Es konnte auch der Gestalt nicht verborgen bleiben, aber sie reagierte nicht darauf und blieb bewegungslos stehen.
    Hanna wunderte sich über ihre eigene Ruhe. Aber sie wusste auch, dass diese Ruhe erzwungen war und sich irgendwann in einer regelrechten Explosion auflösen würde.
    Zumindest war sie in der Lage, das Aussehen der Gestalt wahrzunehmen. Der Rote Tod besaß einen menschlichen Umriss, genau wie in der alten Sage beschrieben. Er war zudem viel größer als Hanna und sicherlich auch größer als die meisten Erwachsenen. Er hatte seinen Körper in einen riesigen Umhang gewickelt, der an seinem oberen Ende in einer Kapuze mündete. Darunter war der Stoff doppelt gelegt, und so sah das Mädchen eigentlich nur das Gesicht.
    Ein dunkles Gesicht und trotzdem nur an bestimmten Stellen so finster, dass nichts zu erkennen war. Da ging es vor allen Dingen um die Augen, die sie nicht sah. Hanna schaute auf zwei dunkle Höhlen, das war alles. Ob die Augen nun tief darin verborgen lagen, war nicht zu sehen. Sie sah die gerade Nase und darunter einen recht breiten Mund, dessen Lippen aufeinander lagen.
    Sie musste zugeben, dass es ein menschliches Gesicht war. Wegen seiner Starre allerdings wirkte es so wie das eines Toten.
    Und doch war es nicht nur glatt. Als sie sich noch stärker darauf konzentrierte, meinte sie, an verschiedenen Stellen etwas glänzen zu sehen. Nichts Helles, sondern auch dunkel. Zu identifizieren war es nicht. Zudem wurde es auch durch Schatten umhüllt, die von den Rändern der Kapuze über die Haut fielen. Es war auch nicht zu erkennen, ob Haare auf dem Tod wuchsen. Vorstellen konnte sich Hanna alles, und sie wusste sogar, dass kein Wesen aus ihren Büchern dieser Gestalt glich. Sie war eben einmalig, sie war der Rote Tod.
    Er hatte lange genug bewegungslos gestanden und sich anschauen lassen. Er änderte sein Verhalten und als er sich bewegte, da warf die Kutte Falten.
    Er kam!
    Er kam zu ihr, und Hanna wusste nicht, was sie machen sollte. Sie war in einer Starre und in einem völligen Durcheinander gefangen. Sie konnte nicht sprechen, sich nicht bewegen, sie konnte gar nichts tun.
    Jetzt bin ich an der Reihe!
    Komisch – der Gedanke kam ihr, und sie fand ihn gar nicht so schlimm. Sie nahm ihn hin, wie jemand der sich mit seinem Schicksal abgefunden hat.
    Sollte er doch kommen. Sollte er sie doch in die Arme schließen. Sollte er sie töten und...
    In ihrem Innern löste sich etwas. Sie wunderte sich über sich selbst, dass sie plötzlich sprechen konnte, und fragte mit einer fast normal klingenden Stimme: »Willst du mich auch töten?«
    Er gab keine Antwort.
    Der Rote Tod ging noch weiter vor. So hatte er sie beinahe erreicht. Er blieb stehen und senkte seinen Kopf.
    Da Hanna ihren in den Nacken gelegt hatte, schaute sie zu ihm hoch und damit direkt in das Gesicht hinein.
    Ja, es war das Gesicht eines Menschen, und trotzdem war es anders, denn das Schimmern, dass ihr schon einmal aufgefallen war, bekam jetzt eine andere Bedeutung.
    Es war flüssig. Überall gab es kleine Wunden im Gesicht, aus denen die Flüssigkeit hervorgetreten war.
    Dunkel oder rot?
    So genau sah das Mädchen es nicht. Aber es entdeckte die zahlreichen Stellen, an denen das Zeug klebte. Es musste aus der Haut gequollen sein. Hanna hatte das schon bei sich selbst erlebt, als sie mal mit der Wange in eine Glasscherbe gefallen war. Die kleine Narbe an der linken Seite war noch immer zu sehen, wenn man genau hinschaute.
    Ja, wie hier...
    Der Rote Tod hob seinen rechten Arm an. Aus einer Lücke im Umhang schob sich eine Hand hervor. Hanna hätte sich nicht darüber gewundert, wenn es die Klaue eines Monsters gewesen wäre, aber sie
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