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Der Rote Tod

Der Rote Tod

Titel: Der Rote Tod
Autoren: Jason Dark
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atmete auf, es war wirklich nur eine Hand mit langen Fingern, die jetzt hoch zu dem Gesicht hinfuhr.
    Der Mittelfinger wurde ausgestreckt, danach gesenkt, und die Kuppe fand ein Ziel.
    Es war die Stirn der Gestalt. Sie tippte nur einmal kurz dagegen, dann zog sie die Hand zurück. Allerdings verschwand sie nicht wieder in der Kutte. Sie blieb diesmal draußen und kam dem nach, was die Gestalt wollte.
    Hanna sah, dass der Finger auf sie zeigte. Dabei blieb es nicht. Er kam immer näher. Sie wollte ihm ausweichen, was sie jedoch nicht schaffte. Noch immer hatte sie das Gefühl, erstarrt zu sein.
    Einen Moment später berührte die Kuppe genau die Mitte ihrer Stirn! Jetzt werde ich verbrennen!, dachte Hanna. Jetzt passiert mir das Gleiche wie den drei Soldaten, die auf einem fremden Planeten mit ihrem Raumschiff landeten und danach auf Wesen trafen, die es schafften, Menschen durch Berührung zu Staub werden zu lassen.
    Sie fragte sich, wie das wohl war, wenn jemand zu Staub wurde. An sich selbst konnte sie keine Antwort spüren, denn sie zerfiel nicht zu Staub.
    Und jetzt werden sich blutige Hände um deinen Hals legen und dich erwürgen!
    Daran dachte sie, aber die große Angst war weg. Durch das Lesen der vielen Bücher hatte sich auch ihre Psyche verstärkt, was ihr in diesen Augenblicken zugute kam.
    Das war auch alles. Unternehmen konnte sie nichts. Der Rote Tod hatte seine Hand wieder zurückgezogen und verschwinden lassen. Er griff Hanna nicht an. Sie hörte ein leises Stöhnen, dann setzte er sich in Bewegung und ging an ihr vorbei.
    Er war weg!
    Der Gedanke und die entsprechende Tatsache waren ihr schon bewusst, nur verstand sie es nicht, weil die Szene einfach zu irreal war.
    Allein mit der Leiche blieb Hanna zurück.
    Mit der Leiche! Mit einem Toten!
    Immer öfter dachte sie daran, und plötzlich war es auch mit ihrer Beherrschung vorbei, die sowieso nur eine künstliche gewesen war. Sie konnte nicht anders.
    Hanna schrie und schrie...
    ***
    Sie trank Cola. Jemand hatte ihr den Becher gereicht, den Hanna mit beiden Händen festhielt. Der untere Rand war gegen den Mund gedrückt, sie trank mit kleinen Schlucken. Mittlerweile verbanden sich die Fetzen zu einer Erinnerung zusammen.
    Sie hatte fürchterlich geschrien, und ihre Schreie waren gehört worden. Menschen eilten herbei, auch Polizisten, die sie vom Tatort weggebracht hatten, hin zur Wache.
    An den Weg dorthin konnte sie sich nicht erinnern. Hanna wusste nur, dass sie in einem Streifenwagen gefahren war. Dann hatte man sie in ein kühles Zimmer geführt, in dem es nach Bohnerwachs roch, und erst hier war sie nach ihrem Namen gefragt worden.
    Zunächst hatte das Mädchen keine Antwort geben können, weil es noch zu sehr unter dem Schock des Erlebten stand. Als sich der Druck gelöst hatte, war es ihr gelungen, die Fragen zu beantworten, und jetzt hoffte sie, dass man sie abholte. Sie wollte wieder zu ihren Eltern zurück in den Wohnwagen. Das würde auch bestimmt klappen. Doch aus ihren Krimis wusste sie, dass die Polizisten immer wieder Zeugen vernahmen, und sie war die einzige Zeugin. Also würde man mit ihr sprechen wollen, und dann wühlte alles noch mal hoch.
    Der Becher war leer. Sie stellte ihn auf den vor ihr stehenden Tisch und merkte jetzt, dass sie nicht allein war, denn die braunen Augen einer ebenfalls braunhaarigen Frau schauten sie an.
    Die Person war ungefähr im Alter ihrer Mutter und trug keine Uniform. Trotzdem ging Hanna davon aus, dass sie zur Polizei gehörte. Da waren auch Zivile beschäftigt.
    »Na, hat’s geschmeckt?«
    Hanna schaute in den leeren Becher und schwieg.
    »Möchtest du noch eine Cola?«
    »Nein.«
    »Okay, wenn du etwas haben willst, musst du es sagen.«
    »Ich will nach Hause«, erklärte Hanna, ohne die Frau anzuschauen.
    »Das wirst du auch bald können, Hanna, deine Eltern holen dich ab. Nur wirst du verstehen, dass wir einige Fragen an dich haben.«
    Hanna schaute jetzt hoch. Sie verzog die Lippen, bevor sie nickte und ihre Antwort gab. »Das ist bei Polizisten eben so. Sie haben immer wieder Fragen.«
    »Super. Du kennst dich aus.«
    »Habe viel gelesen.«
    »Krimis?«
    »Auch.«
    Hanna und die Frau fixierten sich. Die Beamtin hatte sich als Ulrike Dorn vorgestellt. Das braune Haar war kurz geschnitten und stand an den Seiten etwas ab. In den Ohrläppchen funkelten zwei Ringe. Im Gesicht fielen die dichten Augenbrauen auf, und Hanna dachte daran, dass ihre Mutter sie immer zupfte. Das hätte diese Ulrike Dorn
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