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Der Riss

Der Riss

Titel: Der Riss
Autoren: Scott Westerfeld
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funkelnd in der Finsternis der blauen Zeit.
    Endlich spürte sie, wie die wilden Energien in ihrem Körper nachließen, abfielen wie das Pfeifen des Kessels, den man vom Herd genommen hatte. Das blendende Licht wurde blasser, und Jessica konnte wieder spüren, dass sie atmete, und hören, dass ihr Herz schlug.
    Der Riss war fast verschwunden, hatte sich selbst zusammengezogen, bis auf einen schmalen Strahl in Rot. Die Darklingmeute war in Fragmente zerteilt, vereinzelte Gleiterschwärme und wenige wütende Darklinge flohen in die Wüste zurück.
    Jessica sah sich um. Vier weiße, weiche Lichtstrahlen flossen um sie herum, die Norden, Süden, Osten und Westen in der Ferne aufteilten. Die Energien in ihrem Körper schwanden weiter, während sie spürte, dass sie sich über den gesamten Globus ausbreiteten, sich in einem bestimmten Muster über die Erde legten.
    Dess würde das sicher gern sehen , dachte sie benommen.
    Aber die Sinne schwanden ihr.
    Dann sah sie zwischen den Stützen des riesigen Pferdes, wie es sich von Osten auf sie zu bewegte. Das Licht der normalen Zeit strich wie eine Dämmerung über die Erde. Der dunkle Mond über ihr sank schnell. Samhain hatte keinen ganzen Tag angehalten, nicht einmal eine Stunde …
    „Jessica.“ Jonathan kam über das Dach auf sie zu. „Du bist
    …“
    „Sei vorsichtig“, sagte sie mit schwacher Stimme. Weiße Hitze brannte noch immer in ihrer Hand. Sie hob sie mühsam vor ihre Augen und starrte den gefangenen Blitz an, den sie dort sah.
    Warum war die Mitternachtsstunde nur schon vorbei?
    Sie riss ihren Blick von dem pochenden Feuer in ihrer Hand los und sah zum Horizont. Sie sah, wie sich das Gewitter aus der Erstarrung löste, wie sich das blaue Licht der Midnight aus der Welt schlich.

    Als die normale Zeit Jessica erreicht hatte, spürte sie, wie sie verschwand …
    „Oh nein“, sagte sie und warf einen letzten Blick auf Jonathans bestürztes Gesicht.
    Ein unterbrochenes Donnergrollen setzte sich fort, als die Midnight endete.
    Und dann war alles vorbei.

epilog
    10.30 Uhr nachts
32
    Der Wagen hielt vor dem Haus auf der anderen Straßenseite, worauf der Nachbarhund anfing, wütend zu bellen.
    Gut gemacht, Flyboy , dachte Melissa. Dess hatte ihm gesagt, er sollte heute Nacht leise sein. Ihre Eltern waren seit der großen Halloween-Hysterie in Bixby mit Hausarrest immer noch schnell bei der Hand.
    Er wartete einen Moment, dann wollte er auf die Hupe drücken.
    „Lass es“, sagte Melissa. „Sie kommt.“
    Er machte ein finsteres Gesicht, seine Ungeduld hing bitter in der Luft. Natürlich war noch reichlich Zeit, vor Mitternacht zu Jessicas Haus und anschließend bis nach Jenks zu fahren.
    Aber Jonathan hatte es eilig, die heutige Nacht hinter sich zu bringen. Das Ganze war viel zu emotional, und unter seiner Anspannung erschnüffelte Melissa einen kleinen Funken Angst …
    „Keine Sorge, Jonathan. Sie wird ihre Meinung über das Weggehen nicht ändern.“
    Er sah sie an, widerstrebend, dann seufzte er.
    „Sollte sie auch besser lassen“, sagte Melissa. „Ich glaube nicht, dass ich es bei meinen Eltern noch viel länger aushalte.
    Nicht mit Rex’ neuen Regeln beim Gedankenlesen.“ Ihre Eltern waren nie solche Psychos wie Rex’ Dad gewesen, aber allmählich fing das Netz aus Lügen, das sie im Laufe der Jahre um sie herumgesponnen hatte, an zu reißen. Melissa hatte die vergangenen sechzehn Jahre damit zugebracht, sich unter ihrer Berührung zu ducken. Sie bezweifelte, dass sie zu irgendwelchen wohlmeinenden Gesprächen über ihr Privatleben bereit war.
    Insbesondere hatten sie angefangen zu fragen, wo ihr Auto geblieben war. Es wurde eindeutig Zeit, die Stadt zu verlassen.
    Dess tauchte auf, glitt durch ihr Fenster und überquerte den verkümmerten Rasen absichtlich mit langsamen Schritten.
    Melissa spürte ihre Verärgerung über Jonathans Lautstärke und sah, wie sie sich Zeit ließ.
    „Hallo, Flyboy.“ Dess öffnete die hintere Tür, schob ihren Rucksack durch, dann sprang sie selbst hinterher. Melissa begrüßte sie nicht, aber das war keine echte Abneigung, nur Gewohnheit.
    Jonathan warf einen Blick über seine Schulter auf den Rücksitz. „Glaubst du wirklich, dass wir das ganze Zeug brauchen. Ich meine, sind überhaupt noch Darklinge übrig?“
    Melissa musste Dess in Schutz nehmen. „Ein paar sind davongekommen. Und die wirklich vorsichtigen sind gar nicht erst aufgetaucht.“
    „Logo“, sagte Flyboy. „Aber die sind nicht mehr in
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