Der Reiz des Verbotenen - Page, S: Reiz des Verbotenen
Vernunftehe oder eine Mutter, die entschlossen war, ihr Kind allein großzuziehen?
Hilflos starrte Venetia in Marcus‘ gut aussehendes Gesicht, das plötzlich härter und entschlossener aussah. Seine Gefühle blieben ihr verborgen. Sie musste, auch aus eigener Erfahrung, entscheiden, welche Art aufzuwachsen die glücklichere war. Doch sie konnte es nicht.
„Ich glaube, wir würden eine glückliche Ehe führen“, sagte er. „Wir sind beides, Geliebte und Freunde.“
Er hatte nichts von Liebe gesagt. Liebe! Liebe würde nichts daran ändern, dass sie aus verschiedenen Welten kamen. Aber sie wollte das Wort aus seinem Mund hören. Wie eine Idiotin sehnte sie sich danach. Mit angehaltenem Atem wartete sie. Wartete auf die Worte.
„Wir kennen uns noch nicht lange, aber ich glaube, wir könnten miteinander klarkommen. Ich bin davon überzeugt, dass wir glücklicher miteinander werden könnten, als meine Eltern es waren.“
Aber er sprach nicht von Liebe.
Venetia schüttelte den Kopf. „Ich glaube nicht an Pflicht und Schicklichkeit, Marcus. Ich möchte lieber unabhängig sein, als in der Falle zu sitzen. Die Gesellschaft würde über mich lachen, über uns. Und schlimmer noch, es wäre eine Schande für deine Familie. Wenn du mich heiratest, würdest du damit deiner Schwester und deinem Neffen schaden.“
Ihre Argumente ließen ihn kalt. „Meine Wahl würde keine Folgen für Min haben.“
„Natürlich hätte sie das, und das weißt du auch, Marcus. Es ist deine Pflicht, an deine Familie zu denken.“
„Hindernisse“, knurrte er. „Ein Earl kann Hindernisse überwinden, um zu bekommen, was er will.“
Das erschreckte sie. „Du willst mich so sehr?“ Doch selbst ein Earl konnte die Klatschmäuler nicht so leicht zum Schweigen bringen. Sie fühlte, dass auch er das wusste. Er war zu der Orgie gefahren, um seine Familie vor einem Skandal zu schützen. Ihr wurde bewusst, wie sehr er die ganze Zeit gefürchtet hatte, er könnte scheitern.
„Willst du mich?“, fragte er.
Wille. Liebe. Sie hatte vor der Liebe Angst gehabt. Ihr unmoralischer Vater hatte ihrer Mutter das Herz gebrochen, weil sie ihn hoffnungslos geliebt hatte. Und nun hatte Venetia Angst, dass sie nicht ohne die intime Partnerschaft, die perfekte Freundschaft und die Leidenschaft leben konnte, die sie mit Marcus gefunden hatte. Sie hätte ja sagen können … aber das hätte ihr Leben ruiniert.
„Du hast mich gerettet, Vee.“
„Mit dem Terpentin …“
„Mit dir. Mit allem, was du bist. Deinem Mut. Deinem Herzen. Deiner Sinnlichkeit. Deiner Tapferkeit in einer Gesellschaft, die sich selbst mit lächerlichen Regeln einschränkt. Ich will, dass du mich vor dem höllischen, einsamen Unglück rettest. Ich habe mein Leben damit verbracht, nach Zerstreuung zu suchen, um vergessen zu können, was ich nicht hatte. Ich könnte dich nie vergessen, Vee. Bleib bei mir. Werde mein.“
Seine Familie, die Familie, die ihm so viel bedeutete, würde über seine Wahl entsetzt sein. Gedemütigt. Aber sie wollte ihn. Sie liebte ihn.
Sie versuchte, die Erinnerung an das Schicksal ihrer Mutter zurückzudrängen. Die Einsamkeit ihrer Mutter, während sie auf die wenigen heimlichen Besuche wartete, die sie Rodesson abstatten durfte. Die Tränen, die sie hinterher vergoss, wenn sie London verlassen musste, den Mann verlassen musste, den sie so hoffungslos liebte.
„Ich … möchtest du, dass ich deine Geliebte bin?“ Venetia versuchte, nicht daran zu denken, wie es sein würde, wenn Marcus heiratete, denn er verdiente es, aus Liebe zu heiraten.
Geliebte. Marcus starrte Venetia an. Er konnte nicht glauben, dass es das war, was sie wollte. Ihr Blick war so unsicher. Befürchtete sie seine Ablehnung oder verachtete sie sich dafür, dass sie sich ihm als Geliebte anbieten musste?
Er wusste nur eines. Die Notwendigkeit, Venetia zu beschützen, war zum Wunsch geworden, sie zu besitzen. Zum Wunsch, sie für alle Zeit sein zu nennen.
Sie hatte zu seinem Heiratsantrag Nein gesagt, und sein verdammtes Herz hatte bei diesem Wort geschmerzt, als wollte es nie wieder heilen.
Geliebte. Wenn sie seine Geliebte wurde, konnte er ihr ein Haus kaufen, feine Kleider, eine prächtige Kutsche, alles, was sie sich wünschte. Er konnte nachts mit ihr schlafen und morgens neben ihr erwachen.
Er wollte sie. Mehr als alles auf der Welt. Mehr, als er jemals die Anerkennung seines Vaters gewollt hatte. Mehr sogar, als er die Liebe seiner Mutter gebraucht hatte.
„Das würde
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