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Der Rebell

Titel: Der Rebell
Autoren: Heather Graham
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angezogen. Sein Gesicht schimmerte bronzebraun im Laternenlicht, die Augen wirkten nicht blau, sondern schwarz. Durchdringend starrte er sie an, so lange, daß sie schreien und ihn bitten wollte, sie sofort zu erschießen und die Qual nicht unnötig zu verlängern. Endlich brach er das Schweigen. »Die Mokassinschlange ... Zum Teufel mit dir!«
    »Nein, zum Teufel mit dir! Du hast deinen Staat verraten! Nicht ich!«
    Eine pechschwarze Haarsträhne fiel ihm in die Stirn und verbarg, was Alaina vielleicht in seinen Augen gelesen hätte. Aber es war sicher besser, wenn sie nicht wußte, was er dachte.
    »Da irrst du dich«, entgegnete er. »Mein Staat hat meine Nation verraten. Wie auch immer, die Politik ist nicht mehr wichtig. Und es spielt auch keine Rolle, ob der Allmächtige auf deiner Seite steht oder auf meiner. Jetzt kommt's nur darauf an, daß du vom Feind geschnappt wurdest, meine liebe Mokassinschlange, während ich diesem Schicksal entronnen bin.«
    »Und was hast du jetzt mit mir vor?« fragte sie tonlos.
    Er hob die ebenholzschwarzen Brauen. »Was macht man mit gefährlichen Schlangen? Vielleicht sollte ich dir all die schlimmen Dinge antun, die zarte Treibhauspflanzen wie du angeblich in der Gewalt brutaler Yankees erdulden mußten. Vergewaltigung, Mord ...«
    »Bitte, Ian ...«
    Langsam ging er auf sie zu.
    Ein Schrei zerriß die nächtliche Stille und verstummte sofort.
    Nachdem Gilbey dem Major die Nachricht überbracht hatte, die Gefangene sei in Gewahrsam, war er ihm zur
    Hütte gefolgt. Nun sprang er erschrocken von den Stufen
    auf.
    »Haben Sie das gehört, Sam?«
    Gleichmütig zuckte Sam die Achseln und schnitzte an seinem Eichenholz.
    »Ich weiß, er hält sie für die Mokassinschlange ...«
    »Das ist sie.«
    »Noch nie habe ich den Major so wütend gesehen.« Gilbey schüttelte besorgt den Kopf. »Gewiß, sie ist eine Feindin. Aber — der Major hat stets betont, er würde nicht das Gesetz vertreten und jede Form vom Lynchjustiz verabscheuen. Und jetzt ist er vor Zorn außer sich. Dürfen wir ihm diese junge Frau ausliefern? Er könnte sie ernsthaft verletzen.«
    »Keine Bange, er wird sie nicht umbringen.«
    Erbost stand Gilbey vor Sam und stemmte seine Hände in die Hüften. »Wie können Sie da denn nur so sicher sein?«
    »Haben Sie's noch nicht erraten, Gilbey? Er wird sie nicht töten, weil sie Alaina ist.«
    »Alaina?«
    »Alaina McKenzie, verdammt noch mal! Seine Frau.«
    Gilbeys Kinnlade klappte nach unten, und es dauerte eine Weile, bis ihm die Stimme wieder gehorchte. »Was? Der Panther und die Mokassinschlange sind miteinander verheiratet?«
    »Wie man so schön sagt — im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt.« Seufzend schaute Sam zum bleichen Mond hinauf. Der Krieg hatte den Menschen sehr viel angetan, vor allem den McKenzies, die so großen Wert auf Ehre, Loyalität, Hingabe und Liebe legten. Brüder, die gemeinsam durch dick und dünn gegangen waren, wurden wegen ihrer unterschiedlichen Überzeugungen plötzlich auseinandergerissen. Bruder gegen Bruder. Vater gegen Sohn. Ehemann gegen Ehefrau ...
    Sam empfand tiefes Mitleid mit Ian und Alaina, die nicht wissen konnte, was ihren Mann seit einiger Zeit motivierte — und warum er jetzt so unbarmherzig war. Und Ian? Nun, vielleicht fragten sich die beiden gerade, wann und wie die Liebenden zu Feinden geworden waren.

1
    Mai 1 860, Cimarron
    »Was zum Teufel...« Als Ian seinen Hengst Pye vom Flußschiff zu seinem Haus Cimarron führte, entdeckte er die seltsame Versammlung auf dem Rasen. Mehrere Männer, einige in Uniform, standen einer jungen Frau gegenüber, die ein Schwert zückte, ebenso wie einer der Soldaten. Was ging da vor? Er sprang in den Sattel und galoppierte zum Schauplatz der beängstigenden Szene. Zu seiner Verblüffung hörte er helles Gelächter.
    »Ich soll den Angriff parieren?«
    »Aye, Mistress, parieren und attackieren.«
    Verwundert zügelte Ian sein Pferd und beobachtete das zierliche blonde Mädchen, das wie ein Engel aussah. Irgend etwas in ihrem Blick hätte die jungen Männer warnen müssen. Offenbar wußte sie genau, was sie tat. Ihre rechte Hand umfaßte in vorbildlicher Haltung ein geliehenes Kavallerieschwert, das einen sonderbaren Kontrast zu ihrem eleganten Tageskleid aus taubenblauem Brokat mit elfenbeinweißer Spitze bildete. Unter dem engen Oberteil zeichneten sich volle Brüste ab, der weite, schwingende Rock betonte die schmale Taille. Goldene Lichter tanzten in den grünbraunen
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