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Der Raecher

Titel: Der Raecher
Autoren: Frederick Forsyth
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Weg in die Mafiaelite verbaut. Aber es gab auch Weiße von angelsächsisch-protestantischer Herkunft, die durchaus etwas erreicht hatten.
    Mit siebzehn verließ er die Schule und fing am nächsten Tag auf der Baustelle seines Vaters an, einem staatlichen Wohnungsbauprojekt bei Princeton. Einen Monat später erkrankte der Raupenführer, einen Ersatzmann gab es nicht. Es war ein Facharbeiterjob. Cal sah sich das Führerhaus von innen an. Kein Problem.
    »Das könnte ich hinkriegen«, sagte er. Der Vorarbeiter hatte Bedenken. So etwas war streng verboten. Wenn jemand von der Bauaufsicht aufkreuzte, war er seinen Job los. Andrerseits konnte der Bautrupp erst wieder arbeiten, wenn jemand die Erdberge bewegte.
    »Da drin sind wahnsinnig viele Hebel.«
    »Vertrauen Sie mir«, sagte der Junge.
    Sie brauchten zwanzig Minuten, um herauszufinden, wofür welcher Hebel war. Er begann, Dreck zu bewegen. Dafür gab es eine Zulage, aber es war noch immer kein Beruf.
    Im Januar 1968 wurde er achtzehn, und der Vietcong startete die Tet-Offensive. Er saß in einer Bar in Princeton vor dem Fernseher. Auf die Nachrichten folgten Reklamespots und dann ein Werbefilm der Army. Wer sich gut machte, so die Botschaft, bekam eine Ausbildung. Am nächsten Tag ging er ins Büro der US-Army in Princeton und verkündete: »Ich möchte Soldat werden.«
    Zur damaligen Zeit wurde jeder Amerikaner, sofern er nicht außergewöhnliche Umstände geltend machen konnte oder das Land verließ, nach Vollendung des achtzehnten Lebensjahrs zum Wehrdienst eingezogen. Dem zu entgehen war der Wunsch der meisten Teenager und vieler Eltern. Der Stabsfeldwebel hinter
dem Schreibtisch streckte die Hand aus, um seinen Einberufungsbefehl entgegenzunehmen.
    »Ich habe keinen«, sagte Cal Dexter. »Ich möchte mich freiwillig melden.« Das ließ aufhorchen.
    Der Feldwebel schob ihm ein Formular hin.
    »Na wunderbar, mein Junge. Eine weise Entscheidung. Darf ich Ihnen als alter Haudegen einen Rat geben?«
    »Klar.«
    »Verpflichten Sie sich für drei Jahre und nicht nur für zwei. Das verspricht bessere Standorte, bessere Berufschancen.« Er beugte sich vor wie einer, der ein Staatsgeheimnis ausplaudert. »Bei drei Jahren kommen Sie eventuell sogar um Vietnam herum.«
    »Aber ich möchte nach Vietnam«, erwiderte der Junge in der speckigen Jeans.
    Das gab dem Sergeant zu denken. »Aha«, sagte er gedehnt und hätte hinzufügen können: Die Geschmäcker sind verschieden. Doch er sagte nur: »Heben Sie die rechte Hand...«
     
    Dreiunddreißig Jahre später drückte der ehemalige Bauarbeiter vier Orangen in der Saftpresse aus, rubbelte sich mit dem Handtuch das nasse Haar trocken und ging mit dem Saft und den Zeitungen ins Wohnzimmer.
    Als erstes nahm er sich die Zeitschrift vor. Vintage Airplane hat keine große Auflage und war in Pennington nur über Postversand zu beziehen. Das Magazin wendet sich an Liebhaber alter Flugzeuge aus dem Zweiten Weltkrieg und anderer Epochen. Dexter blätterte bis zum Kleinanzeigenteil und studierte die Kaufgesuche. Er hielt inne, stellte das Glas ab und las die Annonce noch einmal. Sie lautete:
    »AVENGER gesucht. Seriöses Angebot. Keine Preisgrenze. Bitte um Anruf.«
    Da draußen gab es keine Torpedobomber vom Typ Grumman Avenger, auch »Rächer« genannt, aus dem Pazifikkrieg zu kaufen. Die standen in Museen.

    Jemand hatte den Kontaktcode benutzt. Eine Telefonnummer stand dabei. Mit Sicherheit eine Handynummer.
    Man schrieb den 13. Mai 2001.

2
    Das Opfer
    R icky Colenso hatte es nicht verdient, mit zwanzig Jahren in einer Jauchegrube in Bosnien zu sterben. Er hätte nicht so enden müssen. Er war dazu ausersehen, einen College-Abschluss zu machen und sein Leben in den Staaten zu verbringen, ein Leben in Freiheit mit Frau und Kindern, einer passablen Zukunftsperspektive und dem Streben nach Glück. Doch daraus wurde nichts, weil er zu gutmütig war.
    Im Jahr 1970 erhielt der junge und brillante Mathematiker Adrian Colenso eine Berufung an die Georgetown University vor den Toren Washingtons. Mit seinen fünfundzwanzig Jahren war er bemerkenswert jung für eine Professur in Mathematik.
    Drei Jahre später hielt er im kanadischen Toronto ein Sommerseminar. Zu den Teilnehmern gehörte eine junge Frau namens Annie Edmond, die von seinen Ausführungen zwar nur wenig verstand, aber fantastisch aussah. Sie verliebte sich in ihn und arrangierte über Freunde ein blind date .
    Adrian Colenso hatte nie von ihrem Vater gehört, was sie
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