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Der Purpurkaiser

Titel: Der Purpurkaiser
Autoren: Herbie Brennan
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Schließlich fanden sie zwei leere Stühle unmittelbar über dem Altar. Auf den Rückenlehnen prangten Messingschilder mit ihren Namen.
    »Hallo, Blackie«, sagte Mr Fogarty vergnügt. »Schön, dass Sie es einrichten konnten.«
    Der Mann neben ihm machte ein finsteres Gesicht, sagte aber kein Wort. Henry setzte sich sehr, sehr vorsichtig hin und stellte zu seiner Erleichterung fest, dass der Stoff seiner Hose sich zwar dehnte, aber nicht riss. Er fühlte sich ganz schön eingezwängt, aber das wollte er sich nicht anmerken lassen.
    Erst als er richtig saß, ging ihm auf, dass es sich bei dem Mann, den Mr Fogarty angesprochen hatte, um Lord Hairstreak handelte.
     
    Blue trat zu Pyrgus an Deck der Kaiserlichen Barke. Tumultartiger Applaus brandete auf. »Alles klar?«, flüsterte sie.
    Pyrgus holte tief Luft. »Ja.«
    Sie zögerte. »Du hast es dir nicht noch mal anders überlegt? Noch kannst du.«
    »Das bezweifle ich, Blue«, sagte Pyrgus ernst. »Aber selbst wenn, ich möchte gar nicht.«
    »Was wirst du machen… du weißt schon… danach?« Darüber hatten sie noch gar nicht gesprochen.
    »Bringen wir es erst mal hinter uns«, sagte Pyrgus.
    Mit einem kaum hörbaren Knarzen legte die Barke an. Zügig wurde zu ihren Füßen ein goldener Laufgang ausgefahren. Sie sahen einander an.
    »Das wär’s«, sagte Pyrgus. »Dann gehen wir wohl mal besser.«
    Sie schritten langsam den Laufgang hinab, Seite an Seite.
    »Lang lebe Kronprinz Pyrgus!«, rief jemand aus der Menge. »Lang lebe unser Purpurkaiser!«
    Der Ruf wurde aufgenommen, bis er aus tausend Mündern erklang. »Lang lebe Kronprinz Pyrgus! Lang lebe unser Purpurkaiser!«
    Pyrgus zog seinen Hermelinumhang zurecht. Gemessenen Schrittes ging er mit seiner Schwester langsam den langen Weg zur Kathedrale hinauf.
     

Einhundertundfünf
     
    E in Fanfarenstoß lenkte Henrys Aufmerksamkeit von Lord Hairstreak ab. Er beugte sich vor und sah zum Haupttor der Kathedrale, wo jeden Moment Blue und Pyrgus auftauchen mussten. Doch stattdessen kam nur eine Prozession von Priestern und Zauberern, die ausnahmslos in weich fließende Spinnerseide gehüllt waren.
    »Der Clown mit dem Bart ist Archimandrake Podalirius«, flüsterte Mr Fogarty. »Er nimmt die eigentliche Krönung vor.«
    Archimandrake Podalirius war ein großer, schwer gebauter Mann mit so viel schwarzen Haaren, dass sein Gesicht fast völlig darunter verschwand. Henry konnte den Blick kaum abwenden, als Podalirius seinen Platz hinter dem leeren Thron einnahm. Seine Priester verteilten sich im Halbkreis hinter ihm. Altarjungfrauen huschten mit Tiegeln voll schimmernder Salbe und kleinen silbernen Krügen mit geweihtem Öl vorbei. Die Fanfaren erschallten ein zweites Mal und Pyrgus betrat die Kathedrale, seine Schwester Blue einen Schritt hinter sich. Sein Kopf war unbedeckt und er hatte das spezielle Haarteil abgenommen, so dass seine Tonsur zu sehen war. Normalerweise konnte Henry die Augen kaum von Blue lassen, aber diesmal beanspruchte Pyrgus seine ganze Aufmerksamkeit.
    Er sah jeden Zoll wie ein Kaiser aus, als er auf seinen Thron zuzugehen begann.
     
    »Und? Noch einmal einen kleinen Versuch zu seiner Ermordung starten?«, fragte Mr Fogarty im Plauderton zur Seite. »Illusionszauber oder Würmer oder so was in der Art?«
    Hairstreak sah stur geradeaus. »Ihnen sind wohl diese albernen Gerüchte zu Ohren gekommen, was, Torhüter?«
    »Aus berufenem Munde«, sagte Fogarty vergnügt.
    »Zu schade, dass Sie nichts beweisen können.«
    »Ja, nicht wahr? Aber vielleicht kann ich’s ja bei Ihrem nächsten Versuch.«
    »Ach, das ist wohl kaum wahrscheinlich, solange ich das hier habe…« Hairstreak zog eine Pergamentrolle aus seinem Wams.
    Unter ihnen huben die Priester hinter dem Archimandrake zu einem sonoren Gesang an. Ihre Stimmen wurden lauter, bis sie die gesamte Kathedrale erfüllten.
    »Was ist das?«, fragte Fogarty.
    »Eine Abschrift des Pakts, den der kürzlich verstorbene Apatura Iris unterzeichnet hat, als er aus dem Koma erwacht ist. Er bleibt rechtswirksam, auch wenn Apatura inzwischen nicht mehr unter uns weilt.«
    »So wird es wohl sein«, sagte Fogarty.
    Hairstreak sah ihn misstrauisch an. »Und er ist auch für seinen Sohn bindend, Torhüter. Vergessen Sie das nicht. Paragraf fünf, um genau zu sein. Kronprinz Pyrgus wird ausdrücklich genannt. In dem Moment, in dem er Purpurkaiser wird, ist er rechtmäßig daran gebunden, den Vertrag zu erfüllen.«
    »Aber doch wohl nicht genau in dem
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