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Der Purpurkaiser

Titel: Der Purpurkaiser
Autoren: Herbie Brennan
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starrte ihr Spiegelbild an und kam zu dem Schluss, dass das Kleid sie größer wirken ließ, was in Anbetracht der Umstände vielleicht gar nicht so schlecht war, aber dass es ihr bei weitem nicht so gut stand wie das andere. Sie wollte es gerade wieder ausziehen, da platzte Comma herein. Er sah aus wie ein Mondstrahl.
    »Klopfst du eigentlich nie an?«, fauchte Blue. »Ich hätte nackt sein können!«
    »Tja, bist du aber nicht«, murrte Comma und sah sie finster an. Dann strahlte er plötzlich. »Kann ich an Deck gehen, Blue, und den Leuten zuwinken?«
    »Ja«, sagte Blue.
    »Meinst du, Pyrgus hat vielleicht etwas dagegen?«
    »Warum gehst du ihn nicht fragen?«
    »Weil ich nicht will«, sagte Comma. Er entdeckte sich in dem Spiegel hinter Blue und fing an zu posieren. Er war von Kopf bis Fuß in Weiß gekleidet – weiße Schuhe, weiße Strümpfe, weiße Hosen, weißes Hemd, weiße Mütze. »Das zieh ich jetzt immer an«, sagte er. »Nicht bloß bei der Zeremonie.« Er besah sich von links, besah sich von rechts. »Ich finde, es steht mir.«
    »Das wird schneller dreckig, als du gucken kannst.«
    »Dann hol ich mir eben solche Zauber«, sagte Comma. »Das Geld dafür krieg ich ja von euch.«
    »Warum verschwindest du nicht einfach und stolzierst an Deck herum. Ich bin noch nicht fertig und wir legen gleich an.«
    »Das dauert noch Stunden, bis wir anlegen«, sagte Comma. »Bis jetzt haben sie noch nicht mal die Brücke für uns hochgeklappt.«
     

Einhundertundzwei
     
    A ls die Barke näher kam, marschierten der Hüter und seine Mannschaft feierlich die Mitte der Loman Bridge entlang. Eine Eskorte Wachmänner in Purpurlivree machte ihnen den Weg frei. Die Sicherheitsbestimmungen verlangten, dass die Brücke für die Öffentlichkeit geschlossen war, bis die Barke passiert hatte, aber die Öffentlichkeit hatte sich trotzdem in Massen eingefunden.
    Der Hüter blieb vor dem massiven Mechanismus stehen. Auf sein Zeichen hin hisste jemand aus seiner Mannschaft eine zyanblaue Flagge. Unten stoppte die Prunkbarke und schaukelte auf den Wellen wie ein großes, herrliches, wartendes Ungeheuer.
    »Auf die Plätze«, befahl der Hüter.
    Seine Männer bewegten sich mit maschinenhafter Präzision, was ihnen einige spöttische Jubelrufe einbrachte. Drei gingen direkt zum großen Rad. Die anderen nahmen ihre Positionen an den entsprechenden Tauen und Kabeln ein.
    »Und los«, rief der Hüter. Wie seine Mannschaft war er in einem Stil gekleidet, der vor tausend Jahren aus der Mode gekommen war.
    Die Männer an den Tauen begannen zu ziehen, während die anderen sich am großen Rad abmühten. Die Zuschauermenge verstummte plötzlich. Tradition war alles am Tag einer Krönung: Es galt, die uralte Mechanik zu benutzen, die noch Teil der ursprünglichen Brücke war.
    Das Problem war, dass es trotz ständiger Wartung und Instandhaltung keine Garantie gab, dass die uralte Mechanik tatsächlich funktionierte. Die Krönung von Glaucopsyche dem Guten hatte sich um zwei Wochen verzögert, während die Mechaniker rund um die Uhr geschuftet hatten, um das große Rad wieder zum Laufen zu kriegen.
    Einen Moment lang sah es ganz so aus, als ob sich die Geschichte wiederholte, dann begann sich das Rad mit einem tiefen, bedrohlichen Quietschen zu drehen. Die Menge jubelte und rief den sich abmühenden Männern aufmunternde Worte zu. Die Brücke bebte unter ihren Füßen, dann geriet sie in Bewegung.
    Ein donnernder Jubel brach los.
    Auf der Barke unten erschien eine weiße Gestalt und winkte. Der Jubel verdoppelte sich. Die Brücke begann sich zu teilen. Es entstand ein kleiner Aufruhr, als Zuschauer unbedingt noch auf die jeweils andere Seite wollten, bevor die Lücke zu groß wurde, aber ausnahmsweise fiel einmal niemand ins Wasser. Unter Freudenschreien und Rufen der Bewunderung öffnete sich die Loman Bridge.
    Die Kaiserliche Barke nahm wieder Fahrt auf und passierte langsam und erhaben die Brücke.
     
    »Hast du das gesehen?«, rief Comma aufgeregt. »Sie lieben mich! Sie haben alle gerufen und gewunken! Das war die beste Idee, die ich je hatte!«
    »Herrgott noch mal!«, fauchte Blue und bleckte die Zähne. »Hast du denn überhaupt kein Gefühl für Privatsphäre, kein klein bisschen? Außerdem war es nun wirklich nicht deine Idee, ganz und gar nicht.«
    Comma sagte nachdenklich: »Du siehst nett aus in dem Teil.«
    »Ehrlich?«, fragte Blue. »Findest du nicht, dass ich darin wie eine alte Tante aussehe?«
     
    »Was machst du mit diesem
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