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Der Protektor (German Edition)

Der Protektor (German Edition)

Titel: Der Protektor (German Edition)
Autoren: Christina Czarnowske
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Schaufenster gleißen, die Leuchtwerbungen darüber versprühen ihre scharfen bläulichen und grellen Funken. Es ist noch nass, ich höre, wie die Reifen auf dem Asphalt zischen. „Halten Sie den Abstand ein!“, befiehlt die Männerstimme aus dem Schächtelchen. Meine Hände umklammern das Lenkrad, ich bin ganz Ohr und Auge. Ein Fehler, und es ist aus – mit diesen Händen, die wie Fremdkörper sind, wie auch mit der ganzen Welt ringsum. Schmerz werde ich keinen spüren, es wird augenblicklich vorbei sein. Angst darf ich keine haben. Das ist die Falle, die ich selbst gestellt habe. Die anderen Autos überholen mich, wahrscheinlich wundern sie sich über mein Schneckentempo. Aber der Citroën hinter mir muss mich sehen können. Seine Scheinwerfer fallen grell in den Spiegel. Unten an den Brückenpfeilern hängen Lichtergirlanden, sie spiegeln sich im Wasser. Sie bleiben zurück, ich fahre bereits auf den Platz. „Jetzt rechts!“, sagt die Stimme. „Und dann geradeaus!“ Ich biege ein, warte an den Verkehrsampeln, und als ich nach ein paar Minuten in einen dichteren Verkehrsstrom gerate, erkenne ich, wo ich bin. In der Djuringatan, der endlosen Straße, die nach Börgstaden führt. Allmählich lässt der Schock nach, ich kann bereits überlegen. Aber die Welt draußen ist eine andere Welt, nicht meine. Von ihr trennen mich nur eine Tür und eine Glasscheibe. Und ein paar Sekunden, die unendlich lang sind. Jetzt muss ich nur überlegen. Hier, in diesem kleinen Raum, den ich habe. Sonst nichts. Ich muss am Leben bleiben. Mir wird klar, dass sie mich in dieses Haus mit dem messingfarbenen Schild an der stabilen Tür bringen. Ich werde durch diese Tür gehen und dann völlig in ihrer Gewalt sein. Der Bronzereiter erscheint, in trügerisches, goldgelbes Scheinwerferlicht getaucht, dann Villen hinter Zäunen. Die Handelsvertretungen sind jetzt dunkel, nur über den Eingängen leuchten verborgene Lampen.
    „Rechts, das dritte Haus!“, befiehlt die Stimme. „Halten Sie vor dem Eingang. Steigen Sie aus und bleiben Sie oben stehen. Mit dem Gesicht zur Wand! Haben Sie verstanden? Wiederholen Sie!“ „Ja“, sage ich dumpf. „Oben mit dem Gesicht zur Wand.“ Als ich parke, kommt der Citroën heran. Die Scheinwerfer blenden mich. Langsam steige ich aus und gehe zwischen den beiden Autos durch. Ein Schritt seitwärts wäre der Tod. Steif vor Anspannung setze ich Fuß vor Fuß, die Beine tragen mich von selbst. Ich steige die Stufen hinauf und zähle sie mechanisch, drei, vier… Sieben. Jetzt klammern sich die Gedanken an alles – daran, dass die Granitwand vor meinem Gesicht rau ist, dass das Messingschild mit seinem Spiegelglanz links neben meiner Hand funkelt. Ich höre, wie die Tür des Citroëns zugeschlagen wird. Die Schritte gehen an mir vorbei, der Schlüssel schnappt im Schloss, das Schild schwingt herum – die Tür ist offen. In der Diele gibt eine Wandlampe trüb grünes Licht. Eine Hand stößt mich an, in meinen Rücken bohrt sich eine Pistolenmündung. „Vorwärts!“ Ich füge mich. Hinter mir wird die Tür leise geschlossen. Ich mache ein paar Schritte, der Mann folgt mir. „Links, in den Sessel!“, sagt er. Ich setze mich, die Hände auf den Armlehnen. Das kühle Leder des Sessels klebt an meinen Fingern. Der Mann stellt sich hinter mich, ein Strick wird mir um die Brust gezogen und hinten verknotet. Allmählich erkenne ich im Halbdunkel zwei weitere Sessel, einen Tisch mit einer Kristallglasplatte, ein mit einem Fell - vermutlich Leopard – bedecktes Kanapee. Hinten eine kleine Bar, Spiegel und Vasen aus kostbarem Porzellan. Eine große Glastür führt in den Garten. Der Mann geht um den Sessel herum, stellt sich vor mich hin und beginnt mich neugierig zu mustern. Ich mustere ihn ebenfalls. Mittelgroß, Anfang Dreißig, intelligentes Gesicht, sonnengebräunt, mit modern geschnittenen Haaren. Der Anzug sitzt wie angegossen, seine Bewegungen sind geschmeidig und gemessen. Das ist Peet van Aelst, so, wie er auf dem Foto war. Und die Stimme ist wie die aus dem Kästchen – hart und unangenehm. „Nun?“, sagt er, während er mich mustert. „Ich hoffe, Sie sitzen bequem. Denn das Gespräch wird lang und bedeutungsvoll sein.“ Ich schweige. Er lacht kurz auf. „Es hängt natürlich von Ihnen ab. Ich muss Sie darauf hinweisen: Bei mir haben nur die Gesprächigen eine Chance. Und das auch nur, wenn sie rechtzeitig reden.“ Er wendet sich ab, geht zu der Bar, öffnet sie, nimmt eine Flasche nebst
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