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Der Protektor (German Edition)

Der Protektor (German Edition)

Titel: Der Protektor (German Edition)
Autoren: Christina Czarnowske
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nicht finden. Es ist winzig klein, wie ein Reiskorn, mit einer haarfeinen, fast unsichtbaren Antenne. Wenn es funktioniert, schaltet sich irgendwo, einen oder zwei Kilometer von hier ein Audiorekorder ein, ebenfalls klein und ungewöhnlich. Er schaltet sich nur ein, wenn es Stimmen hört.
    Ich bin erstarrt, nur die Augen wandern fieberhaft in die Runde – über den mit Glassplittern übersäten Boden, das verborgene Armaturenbrett, die Blutflecke. Und sofort wird mir bewusst, dass ich nicht so sitzen bleiben darf, dass ich etwas tun muss. Ich setze mich geräuschvoll hin, ein bisschen Gebrummel, das wie Verdruss über die unangenehme Arbeit klingen soll, nehme die Lupen aus dem Köfferchen. Der Instinkt gibt einem das Richtige ein, solange sich das Bewusstsein noch nicht eingemischt und etwas falsch gemacht hat.
    Ich hatte das erwartet und mich darauf vorbereitet. Allein jetzt, wo ich der unbekannten Gefahr gegenüberstehe, ist alles anders. Jeder meiner Schritte kann ein nicht wieder gut zumachender, schwerer Fehler sein.
    Ich darf mich nur nicht verraten, das ist die Hauptsache.
    Die Fingerabdrücke, nichts sonst, ich muss ganz bei der Sache sein.
    Und die Hände verrichten automatisch, was man sie gelehrt hat. Anleuchten, die Spur, fixieren, der Andruck, anleuchten… Die Fragen stürmen auf das Bewusstsein ein, sie setzen ihm zu. Yanis Bresson ist beobachtet worden, vielleicht werde ich ebenfalls beobachtet. Weshalb? Gibt es da einen Zusammenhang mit seinem Tod? Der ist ohnehin verdächtig.
    Jetzt kann ich nichts überdenken, jetzt bin ich nur ein beschränkter Inspektor, ein alberner Formalist, verdrossen, der Fingerabdrücke abnimmt. Weiter nichts, ich darf mir nichts erlauben!
    Ich drehe mich, der Sitz kracht, ich stoße mit der Hand an das Armaturenbrett, von dem mit feinem Schurren ein paar Glassplitter fallen. Es wird Zeit, dass ich aussteige. Die Lupen, das Köfferchen. Der zur Hälfte angebrochene Türgriff verhakt sich im Hemdsärmel, und die Naht reißt.
    Ich zwänge mich aus dem Auto und betrachte den Ärmel. Natürlich, der Formalist ist für seine albernen Abdrücke bestraft. Der Jemand feixt wahrscheinlich. Ich bin noch außer Gefahr, dumme, beschränkte Inspektoren sind ungefährlich.
    Bin gerade rechtzeitig herausgekrochen. Hedlund kommt die Innentreppe herunter. Er blinzelt mit seinen Augen und reicht mir ein Blatt Papier.
    „Bitte, Herr Inspecteur!“
    Dieses Betiteln fällt mir auf den Wecker, ich werde mir nachher Gedanken machen, wie sich das vereinfachen lässt. Jetzt vertiefe ich mich in die Liste.
    Als hätte es Hedlund gewusst – von den gesuchten Wagen gibt es achtzehn Stück. Ich danke ihm für die Akkuratesse, und über den Musketierbärtchen erscheint ein Lächeln. So ist das, jeder hört gern ein gutes Wort über seine Arbeit.
    „Ich habe nicht alle Abdrücke geschafft“, sage ich. „Morgen mache ich weiter. Jetzt möchte ich, dass sie mich in Doktor Bressons Wohnung bringen. Geht das?“
    „Natürlich, Herr Inspecteur. Was ist, haben Sie sich verletzt?“, fügt er hinzu, als er den aufgetrennten Ärmel sieht.
    „Nicht der Rede wert. Der Dienst erfordert Opfer.“
    Das ist gut herausgekommen, banal bis dort hinaus, wie es zu mir passen muss. Der Jemand wird sicherlich wieder grinsen. Der Dienst erfordert Opfer!
    Ich ziehe mein Jackett über, schließe das Gitter der Garagenbox ab und stecke den Schlüssel ein. Hedlund findet das völlig normal – morgen will ich ja hier weiterarbeiten.
    Wir gehen auf die Straße, und nach ein paar Minuten fährt uns ein Taxi durch Krongatan. Ich schaue hinaus in den späten Abend, bin aber voller Besorgnis. Bresson ist überwacht worden, und ich muss auf das Schlimmste gefasst sein. Weshalb? Waren seine Forschungen denn so wichtig? Oder besteht ein ganz anderer Zusammenhang zwischen den Fakten, von dem ich keine Ahnung habe?
    Ich muss die Dinge unbefangen betrachten, abwarten. Ein Fakt ist nichts.
    Die Gehwege sind noch belebt, in den von bunten Lichtern überfluteten Schaufenstern stehen wächsern lächelnde Modepuppen. An den Ampeln überqueren lärmende Studenten die Straße. Es wird durcheinander gequasselt, dazwischen Musik aus den CD-Playern.
    Die Stadt lebt gleichsam in Etagen. Unten, auf Straßenhöhe, sind Geschäfte, die Firmenschilder solider Büros und Banken, die neonbeleuchteten Eingänge der Restaurants. Zerhackte Lichtbänder – gelbe, blaue, orangerote Kreise, die locken und verheißen. Auf der niedrigen Einfassung eines
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