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Der Prometheus-Verrat

Der Prometheus-Verrat

Titel: Der Prometheus-Verrat
Autoren: Robert Ludlum
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irgendwelchen Infusionen. »Verdammt, Ted! Was hat das zu bedeuten? Dass man mir nicht traut? Ich hätte doch freiwillig Rede und Antwort gestanden. Warum habt ihr mich so hintergangen? «
    »Manchmal sind die zuverlässigsten Befragungen gerade die, bei denen der Befragte keine Möglichkeit hat, persönliche Interessen ins Spiel zu bringen.«
    »Mit anderen Worten, ihr seid davon ausgegangen, dass ich lüge, um meinen Arsch zu retten.«

    Wallers Antwort war so ruhig wie frostig. »Wenn eine Bewertung ergeben hat, dass ein Mitarbeiter nicht 100-prozentig vertrauenswürdig ist, wird – zumindest bis auf weiteres – das Gegenteil angenommen. Das gefällt mir so wenig wie dir, ist aber bei einem Geheimdienst nun einmal so der Fall, gerade bei uns, die wir besonders diskret sind. Oder wäre paranoid das richtigere Wort?«
    Paranoid . Für Waller und seine Direktoratskollegen waren die Central Intelligence Agency, die Defense Intelligence Agency und selbst die National Security Agency geradezu ausgehöhlt von Maulwürfen, geknebelt von Auflagen und Vorschriften und gelähmt durch einen permanenten Desinformationskrieg gegen ihre Pendants im feindlichen Ausland. Diese Agenturen, deren Existenz und Wirken aller Welt hinlänglich bekannt waren, bezeichnete Waller gern als »wollene Mammuts«. Zu Anfang seiner Zeit beim Direktorat hatte Bryson in seiner Naivität einmal gefragt, ob es nicht Sinn machte, zumindest in einigen Bereichen mit anderen Agenturen zusammenzuarbeiten. Waller hatte lauthals darüber gelacht. »Wir sollen den wollenen Mammuts auf die Nüstern binden, dass es uns gibt? Dann können wir ja auch gleich eine Pressemitteilung an die Prawda schicken.« Doch nach Wallers Ansicht ging die Krise des amerikanischen Geheimdienstes über das Problem der Unterwanderung weit hinaus. Die Spionageabwehr war eines seiner Lieblingsthemen. »Du belügst den Feind und bespitzelst ihn dann; was dabei herauskommt, ist natürlich eine Lüge«, hatte Waller einmal gesagt. »Aber diese Lüge ist jetzt gewissermaßen wahr; sie wurde von der ›Aufklärung‹ neu eingestuft. Es ist wie die Suche nach Ostereiern. Wie viele Leute haben – auf beiden Seiten – Karriere gemacht, indem sie fleißig ausbuddelten, was ihre Kollegen vorher ebenso fleißig eingebuddelt hatten? Nämlich schöne, bunt bemalte Ostereier – aber nichtsdestotrotz Windeier.«
    Die beiden hatten damals bis tief in die Nacht in der Kellerbibliothek unter der K Street zusammengesessen. Der Raum war mit einem kurdischen Teppich aus dem 17. Jahrhundert und alten britischen Gemälden mit Jagdmotiven
ausgestattet, auf denen unter anderem reinrassige Hunde abgebildet waren, die in ihren Schnauzen soeben erlegtes Geflügel apportierten.
    »Du verstehst doch, oder?«, hatte Waller damals gesagt. »Jedes CIA-Abenteuer, ob es versiebt wurde oder nicht, muss sich letztlich der öffentlichen Aufmerksamkeit stellen. Aber was wir machen, bleibt unterm Teppich, denn uns hat niemand im Radar.« Bryson erinnerte sich noch an das leise Klingeln der Eiswürfel im Kristallglas, als Waller an seinem im Eichenfass gereiften Lieblingsbourbon genippt hatte.
    »Aber im rechtsfreien Raum zu agieren, kann unserer Sache doch auch nicht gerade förderlich sein«, hatte Bryson eingewendet. »Da wäre zum Beispiel die Frage der Ressourcen.«
    »Zugegeben, daran fehlt’s, aber uns kommt andererseits auch keine Verwaltung in die Quere, und das ist, gerade was unsere Aufgaben betrifft, ein enorm großer Vorteil. Unsere Erfolge sind ein Beleg dafür. Wenn es darum geht, weltweit mit allen möglichen Gruppierungen auf Ad-hoc-Basis zusammenzuarbeiten und in Einzelfällen auch aggressive Interventionen zu riskieren, dann braucht man dazu einen kleinen Kreis extrem gut ausgebildeter Spezialisten. Man nutzt die Vorteile, die sich vor Ort bieten, und hat dadurch Erfolg, dass man die Ereignisse steuert und auf das gewünschte Ziel hin koordiniert. Auf den Wasserkopf der Spitzelbehörden kann man getrost verzichten. Alles, was man braucht, ist Grips .«
    »Und Blut.« Bryson hatte schon ein gehöriges Quantum davon opfern müssen.
    Waller zuckte mit den Achseln. »Das große Scheusal Josef Stalin hat es einmal auf den Punkt gebracht: Man kann keine Omelettes machen, ohne Eier aufzuschlagen.« Er sprach über das amerikanische Jahrhundert, über die Probleme einer Weltmacht. Über das imperiale Großbritannien des 19. Jahrhunderts, als dessen Parlament sechs Monate darüber verhandelte, ob ein
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