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Der Prinzessinnenmörder

Der Prinzessinnenmörder

Titel: Der Prinzessinnenmörder
Autoren: Andreas Föhr
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halten kann.«
    »Es wird Sie nicht überraschen, dass ich die Kircheneingänge im Auge habe. Sollte also jemand versuchen, in die Kirche einzudringen, oder sollte jemand eine meiner Kameras zerstören – Sie wissen ja …«
    »Ich werd’s weitergeben.«
    »Ach übrigens: Ihre beiden Clowns da draußen, haben die mich gestern kontrolliert?«
    »Wenn Sie die Kollegen Kreuthner und Schartauer meinen – ja, das ist möglich.« Wallner wandte sich an Mike und sprach, ohne den Hörer zuzuhalten. »Schärf dem Kreuthner noch mal ein, das er keinen Scheiß machen soll.« Mike nickte und ging. Wallner nahm den Telefonhörer wieder ans Ohr.
    »Ihre Eigeninitiative finde ich lobenswert«, sagte Rathberg. »Von den beiden scheint aber ohnehin wenig Gefahr auszugehen. So wie die ihren Job gestern erledigt haben.«
    »Es war nicht ihre Schuld. Sie wurden von mir zu einem anderen Einsatz abberufen, bevor sie die Kontrolle beenden konnten. Aber was schwätzen wir hier eigentlich über Nebensächlichkeiten? Ich dachte, Sie hätten der Welt etwas Wichtiges mitzuteilen.«
    »Oh – Sie geben gewissermaßen das Mikro frei?«
    »Sagen Sie, was Sie zu sagen haben.«
    Rathberg nickte. Dann ging er um das Mädchen herum zur Webcam und schob sie ein wenig nach hinten. Man konnte jetzt sehen, dass das Mädchen auf einem Brett oder einer alten Tür lag, die Rathberg zwischen zwei Holzstühle gelegt hatte. Rathberg nahm sich einen weiteren Stuhl und setzte sich vor das Mädchen. Er blickte kurz in die Kamera, dann offenbar auf seinen Laptop, um das Bild zu überprüfen.
    »Bin ich gut zu hören?«
    »Ein bisschen lauter wäre gut«, sagte Wallner ins Telefon.
    Rathberg sammelte sich, faltete die Hände nach evangelischer Art und legte seine Stirn auf die gefalteten Hände. Als er wieder aufsah, hatte sein Gesicht jede gespielte Gelassenheit verloren.
    »Es war am 17 . Februar 1990 , einem Faschingsdienstag …«, begann er. Dann erzählte Rathberg seine Geschichte. Wie seine Tochter Lisa bei einer Skitour in die Tiefe stürzte. Wie er sich aufmachte, Hilfe zu holen. Wie seine Skier brachen und er sich durch den nächtlichen Schneesturm kämpfte, seine letzte Hoffnung fest im Blick: eine Hütte auf einem Bergsattel.
    »Warum überlässt du ihm die Initiative«, fragte Tina.
    »Weil ich nachdenken muss. Ab jetzt nur noch Beiträge, wenn jemand eine Idee hat.« Keiner sagte mehr ein Wort. Wallner versuchte, sich zu konzentrieren. Schweiß trat ihm auf die Stirn. Er ließ sich in seinem Bürosessel nach hinten sacken und legte den Kopf ins Genick. Auf dem Bildschirm erzählte Rathberg in einer dunklen Kirche seine Geschichte. Wallner mochte den Ton nicht abstellen, obwohl er ihn beim Nachdenken störte. Vielleicht sagte Rathberg etwas, das man verwenden konnte. Wallner versuchte, systematisch vorzugehen. Welche Schwachstellen hatte Rathberg? Was könnte ihn aus der Fassung bringen? Schwierig. Rathberg musste sich gegen jedes irritierende Gefühl gewappnet haben. Sonst wäre es ihm nicht möglich gewesen, drei junge Menschen mit so kalter Präzision zu töten. Wallner fiel das Foto von Rathbergs Tochter ein, das ihm der Pfarrer aus Unna gegeben hatte. Er holte es aus seiner Brieftasche und betrachtete es eine Weile. Schließlich gab er dem EDV-Mann Haidmüller einen Wink. Die beiden gingen in eine Ecke des Raumes, wo Wallner den Bildschirm noch im Auge hatte, wo es jedoch leise genug war, um sich flüsternd zu unterhalten. Nach kurzem Gespräch setzte sich Wallner wieder auf seinen Bürosessel und lauschte Rathbergs Erzählung. Haidmüller verließ mit dem Foto in der Hand eilig den Raum.
     
    Vor dem Gmunder Rathaus waren mittlerweile noch drei Streifenwagen eingetroffen, fünf weitere und ein Sondereinsatzkommando aus München waren unterwegs. Kreuthner ließ sich unter bewunderndem Schultergeklopfe einmal mehr als verrücktesten Hund im ganzen Oberland feiern. Dann aber wurde Kreuthner ernst. Er wisse inzwischen von einem Zeugen, dass der Fahrer des Ford Transit mit einer Sackkarre eine Plastiktonne zur Kirche gefahren habe. Man könne ja mal raten, was da drin gewesen sei. Es gelte jetzt, sagte Kreuthner, die Sache zu Ende zu bringen. Dabei schaute er sehr feierlich. Sieben Polizisten blickten stumm nickend auf den schneebedeckten Gmunder Rathausparkplatz, einer der Kollegen sagte: Jap, so sehe es wohl aus. Nach zehn weiteren wortlosen Sekunden fragte derselbe Kollege, was Kreuthner damit eigentlich genau meine. Nun ja, sagte
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