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Der Preis der Ungleichheit: Wie die Spaltung der Gesellschaft unsere Zukunft bedroht (German Edition)

Der Preis der Ungleichheit: Wie die Spaltung der Gesellschaft unsere Zukunft bedroht (German Edition)

Titel: Der Preis der Ungleichheit: Wie die Spaltung der Gesellschaft unsere Zukunft bedroht (German Edition)
Autoren: Joseph Stiglitz
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werden sie untereinander Kontrakte schließen (etwa Derivate), durch die sie so eng miteinander verflochten sind, dass der Staat sie notfalls wieder herauspauken muss.
     
    Strengere und effektiver durchgesetzte Wettbewerbsgesetze. Auch wenn jeder Aspekt unseres (aufsichts-)rechtlichen Ordnungsrahmens sowohl für die ökonomische Effizienz als auch für die soziale Gerechtigkeit von Belang ist, sind die Gesetze, die den Wettbewerb, die Corporate Governance und das Insolvenzverfahren regeln, besonders wichtig.
    Monopole und unvollkommene Wettbewerbsmärkte sind eine wichtige Quelle von Renteneinkommen. Das Bankgewerbe ist nicht der einzige Sektor, in dem zu wenig Wettbewerb herrscht. Betrachtet man die einzelnen Wirtschaftssektoren, ist es verblüffend, wie viele von höchstens zwei, drei oder vier Firmen beherrscht werden. Früher einmal hielt man das für unproblematisch – weil in dem dynamischen Wettbewerb, der mit dem technischen Wandel einhergeht, ein marktbeherrschendes Unternehmen ein anderes ablösen würde. Es gab einen Wettbewerb »um« den Markt, statt eines Wettbewerbs auf dem Markt. Aber wir wissen, dass dies nicht ausreichen wird. Marktbeherrschende Unternehmen verfügen über Instrumente, mit denen sie Wettbewerber unterdrücken und häufig auch Innovationen unterbinden können. Die höheren Preise, die sie verlangen, verzerren nicht nur die Wirtschaft, sondern sie wirken auch wie eine Steuer, deren Einnahmen allerdings nicht öffentlichen Zwecken zugutekommen, sondern die Schatullen der Monopolisten füllen.
     
    Verbesserung der Corporate Governance – insbesondere um die Möglichkeiten von Vorstandschefs einzuschränken, Gewinne des von ihnen geführten Unternehmens für sich selbst abzuzweigen. Topmanager von Konzernen haben zu viel Macht, und ihrer vermeintlichen intellektuellen Brillanz wird zu viel Respekt entgegengebracht. Wir haben gesehen, wie sie diese Macht missbrauchen, um in die eigene Tasche zu wirtschaften. Gesetze, die Aktionären ein Mitspracherecht in Fragen der Führungskräftevergütung einräumen, wären ein wichtiger Schritt. Das Gleiche gilt für Bilanzierungsregeln, die den Aktionären ein genaues Bild darüber vermitteln, wie die leitenden Angestellten ihres Unternehmens entlohnt werden.
    Umfassende Reform der Insolvenzgesetze – mit Blick auf Derivate, überschuldete Hausbesitzer bis hin zum Umgang mit Studentendarlehen . Das Insolvenzrecht liefert ein weiteres Beispiel dafür, dass die grundlegenden Spielregeln der Märkte erhebliche Verteilungsfolgen und Effizienzeffekte haben. Wie in vielen anderen Bereichen bevorteilen diese Regeln in zunehmendem Maße die Topverdiener.
    Jeder Kredit beruht auf einem Vertrag, der nur durch übereinstimmende Willenserklärung von Kreditnehmer und Kreditgeber zustande kommt, wobei jedoch im Allgemeinen eine Vertragsseite viel bessere Marktkenntnisse besitzt als die andere; daher liegt eine massive Asymmetrie bezüglich des Informationsstands und der Verhandlungsmacht vor. Entsprechend sollte der Kreditgeber, nicht der Kreditnehmer, die Hauptlast der Folgen tragen, die ein Fehler nach sich zieht.
    Ein schuldnerfreundlicheres Insolvenzrecht würde Banken einen Anreiz geben, bei der Kreditvergabe mehr Sorgfalt walten zu lassen. Wir hätten weniger Kreditblasen und weniger hochverschuldete Amerikaner. Eines der skandalösesten Beispiele unlauterer Kreditvergabe sind die Studentendarlehen; und diese sittenwidrigen Geschäfte werden für die Banken durch den Umstand besonders attraktiv, dass die Schulden im Fall einer Privatinsolvenz nicht erlöschen.
    Kurzum, ein unausgewogenes Insolvenzrecht hat mit zu der Aufblähung des Finanzsektors, zu ökonomischer Instabilität, zur Ausbeutung der Armen und Uninformierten und zu ökonomischer Ungleichheit beigetragen.
     
    Schluss mit staatlichen Geschenken – ob bei der Verfügung über öffentliche Vermögenswerte oder bei der Auftragsvergabe. Die vorherigen vier Reformen konzentrieren sich darauf, den Spielraum der Superreichen, darunter jener aus dem Finanzsektor, zur Ausbeutung von Verbrauchern, Kreditnehmern, Aktionären und anderen bei privaten Transaktionen zu begrenzen. Aber Rent-Seeking ergibt sich oft auch aus der Ausbeutung der Steuerzahler. Diese Ausbeutung nimmt viele verschiedene Formen an – einige lassen sich am besten als Geschenke beschreiben, andere fallen unter die Rubrik »Konzernwohlfahrt«.
    Wie wir in Kapitel 2 sahen, geht es bei den Geschenken der öffentlichen Hand an
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