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Der Polizistenmörder

Der Polizistenmörder

Titel: Der Polizistenmörder
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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gestiegen. Dann war es mit ungeheurer Geschwindigkeit über das Land dahingerast, um schließlich seine monotonen Runden zu drehen. Die Flüssigkeit in den Pappbechern war beim besten Willen kaum als Kaffee zu bezeichnen und verursachte unverzüglich Übelkeit. Die Luft in der Kabine war ungesund und schweißtreibend, die wenigen Mitreisenden, gehetzte Technokraten und Geschäftsleute, blickten pausenlos auf ihre Uhren und kramten nervös in ihren Aktenkoffern.
    Die Ankunftshalle als ungemütlich zu bezeichnen wäre einem Lob gleichgekommen. Sie war ungeheuerlich, eine Milieukatastrophe, die einen verstaubten, heruntergekommenen Busbahnhof lebensvoll und menschlich erscheinen lassen konnte. Es gab einen Würstchenstand, in dem eine ungenießbare, von allen Nährwerten freie Parodie auf etwas Eßbares angeboten wurde, einen Zeitungsstand, an dem Kondome und primitive Magazine verkauft wurden, leere Transportbänder für das Gepäck und eine Reihe von Stühlen, die während der Glanzzeit der Inquisition konstruiert sein konnten. Außerdem ein Dutzend gelangweilter Polizisten und Zollbeamte, zweifellos zwangsweise hierherkommandiert, und ein einziges Taxi, dessen Fahrer über seinem Sexmagazin eingeschlafen war.
    Martin Beck mußte unnötig lange warten, bis er seinen kleinen Koffer bekam, dann trat er hinaus in den Herbstnebel.
    Das Taxi fand einen Kunden und fuhr davon.
    In der Halle hatte niemand ihn angesprochen oder auch nur so getan, als ob er ihn erkenne. Die Menschen drinnen standen teilnahmslos herum, so als ob sie die Sprache verloren hätten, und zeigten keinerlei Interesse für ihre Umgebung.
    Der Chef der Reichsmordkommission war angekommen, aber das schien ein Ereignis zu sein, dem niemand eine Bedeutung zumaß. Nicht einmal die ganz jungen, unerfahrensten Journalisten schienen ihre Zeit hier bei Kartenspiel, ausgelaugten Bockwürsten und petrochemischen Erfrischungsgetränken verschwenden zu wollen.
    Hierher verirrten sich keine sogenannten wichtigen Persönlichkeiten.
    Zwei orangerote Autobusse standen vor dem Gebäude. Plastschilder zeigten ihr Fahrtziel an: Lund und Malmö. Die Fahrer rauchten schweigend.
    Die Nacht war mild und die Luft feucht Nebelschleier hingen in der Luft und wurden im Schein der elektrischen Lampen sichtbar.
    Die Busse fuhren ab, der eine leer, der andere mit einem einzigen Fahrgast. Die übrigen Flugreisenden eilten auf den Dauerparkplatz zu.
    Martin Beck hatte immer noch verschwitzte Handflächen, er ging wieder hinein und suchte die Toiletten. Der Spülmechanismus funktionierte nicht. In der Rinne lagen eine halbe Bockwurst und eine leere Schnapsflasche. Haare klebten an dem fettigen, schmutzigen Rand des Handwaschbeckens. Das Gestell für die Papierhandtücher war leer.
    Dies war also der Flugplatz Malmö-Sturup. So neu, daß er noch nicht einmal ganz fertiggestellt war.
    Er bezweifelte, ob es sich lohnen würde, das Bauwerk zu vollenden. In gewisser Weise konnte man es als perfekt ansehen. Es manifestierte das Fiasko.
    Martin Beck trocknete sich die Hände mit dem Taschentuch ab. Er blieb eine Weile stehen und fühlte sich in der Dunkelheit alleingelassen. Zwar hatte er nicht erwartet, daß das Polizeiorchester ihn in der Ankunftshalle begrüßen oder der Polizeimeister ihn hoch zu Pferde erwarten würde Aber vielleicht hatte er etwas mehr erwartet als dieses Nichts. Er suchte in den Taschen nach Kleingeld und überlegte, ob er einen Fernsprecher finden würde, bei dem nicht das Kabel abgerissen oder der Münzschlitz mit Kaugummi verklebt war.
    Ein Lichtstrahl durchbrach den Nebel. Ein schwarz-weißer Streifenwagen rollte gemächlich die Zufahrtsstraße entlang und bog vor das safrangelbe kastenförmige Gebäude ein.
    Das Fahrzeug verlangsamte sein Tempo und hielt in Höhe des einsamen Reisenden an. Das Seitenfenster wurde heruntergekurbelt, und ein Rothaariger mit schütteren Koteletten starrte ihn mit kaltem Blick an.
    Martin Beck schwieg.
    Nach etwa einer Minute hob der Mann die Hand und winkte Martin Beck mit dem Zeigefinger zu sich heran. Der ging auf den Wagen zu.
    »Warum stehen Sie hier herum?«
    »Ich warte darauf, daß ich abgeholt werde.«
    »Abgeholt werde? Was soll denn das heißen?«
    »Ihr könnt mir vielleicht helfen?«
    Der Konstabler blickte ihn verblüfft an. »Helfen? Was meinst du damit?«
    »Ich hab mich verspätet, und ihr könnt vielleicht über Funk Kontakt aufnehmen.«
    »Dir geht’s wohl nicht gut?« Ohne Martin Beck aus den Augen zu lassen,
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