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Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)

Titel: Der Pfad des Zorns - Das Buch und das Schwert 1: Buch & Schwert 1 (German Edition)
Autoren: Antoine Rouaud
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Rechten eine Grimasse.
    Rogant reagierte nicht, wie üblich.
    »Helft uns«, bat Viola. »Dieses Schwert ist weit wichtiger, als Ihr es Euch vorstellen könnt. Ich muss es wiederfinden.«
    Ihre Bitte schien im Lärm des Gasthauses zu verhallen. Der Qualm aus der Pfeife eines fetten Mannes am Nachbartisch schwebte zwischen ihr und dem alten General.
    »Bitte, Dun-Cadal!«
    Mit abwesender Miene wedelte Dun die dichten Schwaden beiseite. Doch alles Bitten war vergebens. Dun hörte nicht mehr zu.
    Rogant sah Viola an. Der Blick, mit dem er sie bedachte, erforderte keine weiteren Worte. Sie schluckte, fuhr mit den immer noch behandschuhten Händen über ihren fast trockenen Umhang und stand auf.
    »Gut«, befand sie, »ich nehme an, es hat keinen Sinn, Euch anzuflehen.«
    Sie streifte ihre Kapuze über. Im Schatten waren nur noch ihre glänzenden Augen zu sehen.
    »Ich dachte, ich hätte mit dem großen General Dun-Cadal gesprochen, aber ich habe mich wohl geirrt. Schaut Euch doch bloß an. Ihr seid nicht einmal mehr ein Schatten dessen, was Ihr einmal wart. Höchstens noch eine leere Hülle ohne jede Würde. Ihr taugt zu nicht mehr, als Euch verbittert zu betrinken. Ich kann kaum glauben, dass das, was Ihr beim Kampf um die Salinen getan haben sollt, wirklich der Wahrheit entspricht. Wenn man Euch so ansieht, muss man daran zweifeln, dass Ihr in der Vergangenheit einmal ein Held wart.«
    Dun sah sie nicht an.
    »Ja, Ihr seid hergekommen, um auf den Tod zu warten. Es gibt da nur etwas, das Ihr nicht begriffen habt. Ihr seid nämlich längst tot. In der Hoffnung, Euer einstiges Ansehen nicht zu schmälern, mögt Ihr noch so sehr versuchen, Eure wahre Identität zu verbergen. Aber vergebens. Wenn die Welt erfährt, was aus General Dun-Cadal Daermon geworden ist, wird sie vielleicht eine Träne vergießen. Doch nicht etwa aus Trauer, sondern aus Mitleid.«
    Ohne auf eine Antwort zu warten, drehte sie sich um und verschwand, von dem Nâaga gefolgt, in der Menge. In der frischen Luft draußen, die schnell die Wein- und Schweißdünste der Schankstube vergessen ließ, überlegte Viola, ob es ihr gelungen war, den alten General ins Mark zu treffen. Langsam ging sie durch den Regen.
    »Du musst Vertrauen haben«, riet Rogant.
    Vertrauen? Man hatte sie nicht einmal gewarnt, dass es sich bei dem alten Mann um Dun-Cadal Daermon handelte, und nicht um einen einfachen Soldaten.
    »Ich kenne ihn schon viel länger als du«, fuhr Rogant fort. » Er weiß, was er tut.«
    Wie zur Bestätigung seiner Worte rief plötzlich jemand hinter ihnen: »Heda!«
    Viola drehte sich langsam um. Auf der Treppe zur Ta verne wirkte Dun-Cadal noch jämmerlicher als im Gast raum. Regentropfen rannen über sein Gesicht. Niemand hätte sagen können, ob nicht auch Tränen dabei waren.
    »Was wisst Ihr über Dun-Cadal?«, knurrte er mit zitternder Stimme. »Ihr kommt so mir nichts, dir nichts daher, setzt euch an meinen Tisch und spuckt auf das, was ich einst war. Was ich bin. Und was aus mir wird.«
    Schwankend ballte er die Fäuste.
    »Aber was wisst Ihr schon?«, wütete er weiter. »Was hat Euch die Republik gelehrt?«
    Er taumelte noch ein paar Schritte und sackte dann gegen eine Mauer. Ein Blitz zuckte auf und beleuchtete sein faltiges Gesicht. Es sah verfallen aus.
    »Was wisst Ihr schon über meine Geschichte?«, fuhr er fort und hob die Augen zum Himmel. »Über das, was ich gesehen und getan habe? Was wisst Ihr schon über den Kampf um die Salinen?«
    Viola rührte sich nicht. Sie begnügte sich damit, ihn anzusehen, wie er dort in seinen schmutzigen Stiefeln an einer Hausfassade lehnte. Die Ärmel, die aus seiner rissigen Lederweste lugten, waren mit Wein befleckt.
    »Dann erzählt es mir.«

2
    DER KAMPF UM DIE SALINEN
    Meine Kindheit verging
    an dem Tag,
    als ich das erste Mal zögerte …

    T rotz des bleiernen Himmels war die Luft kühl, und doch donnerte es von irgendwo her. Das dumpfe Grollen, das über das hohe Gras der Sümpfe dröhnte, wurde von Minute zu Minute stärker. Aber es war kein Gewitter, das da aus den dichten, aber dennoch blendenden Wolken kam. Die Männer in den Gräben blinzelten.
    Für sie zählten weder Gewitter noch Wut. Sie wussten nur, dass sie hier ihre Pflicht taten.
    Das alles war fünfzehn Jahre her.
    »Du solltest ein Stück zurückgehen, Dun-Cadal«, riet eine Stimme.
    Etwas Großes, Schwarzes kam mit ohrenbetäubendem Pfeifen angeflogen. Eine mit einer dunklen Fettschicht umhüllte Kugel aus Steinen und Unrat
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